Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
standen.
»Hör mal«, sagte Ramiel plötzlich. »Wenn du mit Melinda über Uriel sprichst …«
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet und Ramiel verstummte. Melinda blickte mich erstaunt an.
»Entschuldigen Sie«, sagte ich. »Stören wir?«
»Überhaupt nicht. Ich habe gehört, dass Nathaniel gefallen ist. Es tut mir leid.«
Ihre Stimme war voller Mitgefühl und es lag keine Spur von Unbehagen darin. Sie sah mich einfach an, ruhig und stark. Ich schluckte.
»Danke«, sagte ich leise. »Ich bin gekommen, um Sie um Ihren Rat zu bitten.«
»Ich werde dir gerne helfen, wenn es mir möglich ist«, erwiderte sie. »Doch zuerst möchte ich, dass du jemanden kennenlernst.«
Sie öffnete die Tür weiter und wir traten ein. In ihrem Büro stand ein großgewachsener Mann mit graumelierten Haaren.
»Darf ich vorstellen«, sagte Melinda. »Victoria Winter. Marcellus van den Berg.«
Ich stand wie erstarrt in der Tür. Ich hatte nicht erwartet, dass Melinda Besuch hatte, und schon gar nicht von einem millionenschweren Sponsor.
»Es freut mich sehr«, sagte der Mann und streckte mir seine Hand entgegen. Unsicher schüttelte ich ihm die Hand.
Wie führte man Smalltalk mit einem Milliardär? ›Sie haben einen wirklich schönen Wolkenkratzer‹?
Doch im nächsten Moment fegte Van den Berg mit einem einzigen Wort jeden Gedanken an Smalltalk aus meinem Kopf. Er blickte an mir vorbei und nickte freundlich. »Ramiel.«
Mein Mund klappte auf.
»Marcellus.« Ramiel erwiderte den Gruß lächelnd. »Es ist lange her.«
»Zu lange«, stimmte Van den Berg zu. Erst jetzt fiel mir auf, dass die blauen Augen von Marcellus Van den Berg ebenso strahlten wie Melindas und Adalberts Augen.
Fast so sehr wie Ramiels und Nathaniels Augen. Mein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen.
»Victoria hat vor kurzem ihren Gefühlsengel und ihren Schutzengel verloren«, erklärte Melinda ernst.
Herrn Van den Berg stand die Bestürzung ins Gesicht geschrieben. Ich musterte ihn unauffällig. Wie alle Erdengänger – und ich war mir fast sicher, dass er ein Erdengänger war – war sein Alter schwer zu schätzen. Er wirkte wie fünfzig, sehr gut erhaltene fFünfzig, was an der freundlichen und positiven Energie lag, die er ausstrahlte. Er war größer als Ramiel, vielleicht so groß wie Nathaniel, und machte einen athletischen Eindruck. Seine graumelierten Haare ließen ihn auf eine Art noch attraktiver wirken. Seine blitzenden, blauen Augen und seine Lachgrübchen machten ihn sehr sympathisch, doch das Anziehendste an ihm war sein Lächeln. Er wirkte freundlich, und – mir fiel kein Wort ein, das ihn besser beschreiben könnte – gutherzig.
Das war also der öffentlichkeitsscheue Milliardär? Der, der in seinem Wolkenkratzer über ein Medienimperium herrschte und dessen Stiftung Melindas Arbeit finanzierte? Der besorgt die Stirn runzelte, weil Melinda ihm gerade erzählt hatte, dass ich zwei Engel verloren hatte?
»Das ist furchtbar«, sagte Herr Van den Berg bestürzt. Es klang ehrlich. »Wie ist das passiert?«
»Luzifer hat Victorias Gefühlsengel umgebracht«, sagte Melinda. »Es war ein hinterhältiges Dämonenkomplott.«
»Ich glaube, du hast Seraphela gekannt«, sagte Ramiel.
Marcellus' Ausdruck wurde noch entsetzter.
»Seraphela? Seraphela ist tot?« Der ehrliche Schmerz in seiner Stimme berührte mich.
»Sie starb, als sie mich vor einem Dämon schützte«, sagte ich leise.
Marcellus Van den Berg wandte sich mir zu. Seine blauen Augen schimmerten. »Es tut mir leid. Du hattest auch deinen Schutzengel verloren?«
»Nein.« Ich räusperte mich. »Nathaniel ist erst danach gefallen.«
Herr Van den Berg schüttelte entschuldigend den Kopf. »Ich kenne keinen Engel mit diesem Namen. Was ist geschehen?«
»Die Erzengel haben ihn verdammt«, sagte ich leise. »Es war … eine Unverzeihliche Tat.«
Marcellus' Augen weiteten sich, als er verstand. Das Mitgefühl in seinem Blick überraschte mich.
»Victoria und Ramiel sind gekommen, um etwas mit mir zu besprechen«, sagte Melinda.
»Natürlich. Es wird ohnehin Zeit für mich, zu gehen.« Herr Van den Berg nickte und griff nach seinem Mantel. Er streckte mir die Hand entgegen und umfasste meine Hand mit beiden Händen.
»Wenn ich etwas für dich tun kann, Victoria …« Er griff in seine Tasche, zog eine Visitenkarte hervor und reichte sie mir. Darauf standen in schlichten Buchstaben sein Name und eine Telefonnummer.
»Danke«, murmelte ich überrascht und blickte ihm
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