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Natürliche Selektion (German Edition)

Natürliche Selektion (German Edition)

Titel: Natürliche Selektion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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ihr gleich, dann sprach sie weiter:
    »Diese Klinik gibt es seit vielen Jahren nicht mehr. Die Anlage auf Vieques Island besteht zwar noch, aber sie wurde zu einem Hotel umgebaut. Maria, Maria Velàsquez, meine Bekannte, arbeitet wieder dort. Die Schließung der Klinik war damals ein großer Skandal und Maria hat ihren Job von einem Tag auf den andern verloren. Ich weiß nicht genau, was geschehen ist, nur dass dieser Colonel eine wichtige Rolle gespielt hat. Vielleicht ...«
    »Wo finden wir diese Maria?«, unterbrach Leo hastig. Sie konnte ihre Erregung nicht länger unterdrücken. Ihr war, als öffnete diese Frau die Tür des Gefängnisses, in das sie sich selbst gesteckt hatte. Mit lauerndem Blick wartete sie auf die Antwort. Audrey notierte Marias Adresse, dann verabschiedeten sie sich. Das Taxi wartete.
    Es war Nachmittag, als sie die Lobby des Hotels betraten. Leo knurrte der Magen, doch zuerst mussten sie an Audreys Laptop, um die Telefonnummer dieser Maria zu finden und sich mit ihr zu verabreden. Die Auskunft hatte es nicht geschafft, sie zu verbinden. Sie standen im Lift und warteten. Als sich die Tür endlich zu schließen begann, stoppte sie ein riesiger Turnschuh. »Oh nein«, ächzte Leo verhalten.
    Der Quarterback zwängte seinen massigen Körper in die enge Kabine. Eine Handbreit vor ihr blieb er stehen und grinste: Na, zurück vom Powershopping?«
    Der Kerl aus Philadelphia hatte nichts an Originalität eingebüsst. Kurz entschlossen drückte sie Audrey an sich, lächelte selig wie ein Teenager, der sich zum ersten Mal verliebt hat und säuselte. »Oh ja, und jetzt ziehen wir uns um zum Tee, nicht wahr, meine Liebe?« Mit einem herzhaften Kuss auf Audreys Wange unterstrich sie die Absicht. Ihre Tochter starrte sie ebenso irritiert an wie der forsche Sportler. Ohne ein weiteres Wort verließen sie den Aufzug.
    »War das wirklich nötig?«, fragte Audrey, als sie ihr Zimmer betraten.
    Leo zuckte die Achseln. »Sonst glaubt er offenbar, ich sei noch zu haben.«
    »Bist du immer so kompliziert? Warum sagst du ihm nicht einfach, er soll sich verpissen?«
    »Zu einfach«, grinste sie und drängte: »Nun mach schon – Maria!«
    Während Audrey die Telefonnummer suchte, bemerkte sie plötzlich: »Was ist, wenn sie mit drin steckt?«
    »Wer – wo?«
    »Maria. Sie könnte doch mit dem Colonel unter einer Decke stecken.«
    »Quatsch, unmöglich.«
    »Wie du meinst. Was nicht sein darf, kann nicht sein, wie? Diese Art von Logik hast du mir seinerzeit ausgetrieben, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Such einfach weiter«, schnaubte Leo ärgerlich. Diese Maria durfte unter keinen Umständen wieder eine Sackgasse sein.
    Zwei Familien Velàsquez wohnten in der gleichen Strasse auf Vieques Island, die ihnen die Angestellte genannt hatte. Sie mussten lange klingeln lassen, bis bei der ersten Nummer jemand abhob. Eine schwer atmende Frau fragte, was sie wollten.
    »Maria? Maria Velàsquez?«, fragte Leo zurück.
    Es folgte ein Schwall spanischer Wörter, von denen sie kaum eines verstand. »Entschuldigen Sie«, antwortete sie auf Englisch. »Sprechen Sie Englisch?«
    »Ja, aber was um Himmels willen wollen sie von meiner kleinen Maria? Wer sind Sie überhaupt?«
    »Ich suche Maria Velàsquez, die früher in der Klinik gearbeitet hat.«
    Die Frau lachte dröhnend. »Ach so, da sind Sie hier falsch. Meine Maria wird gerade sieben.« Das Gespräch war beendet.
    »Die Chance war immerhin fünfzig Prozent«, brummte sie, ohne Audrey anzusehen und wählte die zweite Nummer. Diesmal musste sie nicht warten. Die Stimme eines alten Mannes schrie ihr so laut ins Ohr, dass sie den Hörer entsetzt wegstreckte. Der Alte sprach Spanisch, und sie nahm nicht an, dass er ihr Englisch verstehen würde oder wollte. Also kramte sie ihre wenigen spanischen Brocken zusammen und fragte: »Spreche ich mit Señor Velàsquez?«
    Außer dem wiederholten sí verstand sie nichts. »Kann ich bitte mit Maria Velàsquez sprechen?«
    »Maria, sí«, brüllte der Alte und wieder folgte ein unverständlicher Wortschwall.
    Sie versuchte den nächsten Satz: »Ich möchte bitte Maria Velàsquez sprechen wegen der Klinik.«
    Kein Gebrüll diesmal, nur ein Klick. Die Leitung war tot.
    »Merde!«, fluchte sie außer sich. Was bildete sich dieser Alte ein?
    »Klinik scheint kein beliebtes Stichwort zu sein in dieser Gegend«, stellte Audrey fest. »Lassen wir’s. Morgen besuchen wir diese Maria, wir kennen ja die Adresse. Ich brauche jetzt etwas zwischen

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