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Naturgeschichte(n)

Naturgeschichte(n)

Titel: Naturgeschichte(n) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef H Reichholf
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der Gelege und anschließend die monatelange Aufzucht der Jungen erfordern viel Reserven und Energie. Frösche allein würden dazu nicht ausreichen.
    Die Reiher, auch die schmucken Silberreiher, haben es leichter. Sie sparen sich den langen Flug in Winterquartiere, jagen im Winter Mäuse auf den Feldern, trotzen der Kälte mit eingezogenem Hals und brüten erst, wenn sie in guter Verfassung sind. Dass sie zu Beginn der Brutzeit Fische benötigen, schränkt ihre Verbreitung stark ein. Nur an wenigen Gewässern herrschen für sie günstige Verhältnisse. Gut geht es ihnen dort, wo ihnen ihr Bedarf an Fischen nicht geneidet wird – zum Beispiel von Anglern.

Der Fernflug
des Teichrohrsängers
    Warum bleiben die Vögel nicht in ihren Winterquartieren?

    Hunderte Millionen Zugvögel streben im Frühjahr aus ihren Winterquartieren nordwärts. Dass Vögel dem Winter südwärts ausweichen müssen, ist klar, wenn sie in dieser Jahreszeit die Nahrung nicht mehr finden, die sie brauchen.
    Einige Arten überwintern mittlerweise rund ums Mittelmeer. Diese sogenannten Kurzstrecken-Zieher überqueren den Golf von Mexiko oder die große Wüste in Nordafrika, die Sahara, im Gegensatz zu den Fernziehern nicht.
    Wer in den Tropen überwintert, könnte doch gleich dort bleiben? Nun im Norden ist eine ganze Menge geboten. So ist das Nahrungsangebot in den Wäldern und Landschaften des Nordens im Sommer viel reichhaltiger als in den Tropen. Es gibt eine Fülle von Kleininsekten, die sich zur Aufzucht der Jungen bestens eignen. Das ist der eine Vorteil. Ich gehe gleich näher darauf ein.
    Der zweite hat mit der Tageslänge zu tun. In den Tropen wechselt bis auf bedeutungslos geringe Abweichungen jahraus, jahrein der Zwölf-Stunden-Tag mit der gleich langen Nacht. Die Dämmerung ist kurz. Fast schlagartig bricht nach Sonnenuntergang die Nacht herein. Ebenso schnell dämmert es am Morgen. Morgen- und Abenddämmerung sind die Zeiten, in denen in Singvogelkreisen hauptsächlich gesungen wird. Die Stunden mit hellem Licht sind zu kostbar dafür. Da geht es um die Nahrungssuche. Durchschnittlich zehn Stunden stehen dafür zur Verfügung, weil die häufigen innertropischen Gewitterstürme auch vom Zeitbudget abzuziehen sind. Es regnet nicht selten so heftig, als wäre man unter einen Wasserfall geraten. Die besonders ergiebigen Regengüsse gehen nach dem Höchststand der Sonne nieder. In dieser Phase gäbe es zwar die meisten Raupen und andere Insekten, aber sie sind schwerer ausfindig zu machen.
    Ganz anders im nördlichen Frühsommer. Die Tage sind länger und länger geworden. 14 , 16 oder bis zu 20 Stunden Tageslicht gibt es im Juni, der wichtigsten Zeit für die Brut. Je nördlicher die Vögel leben, desto mehr Licht bekommen sie, am meisten haben die Bewohner der Tundra davon. Am und jenseits des Polarkreises wird es wochenlang kaum noch dunkel. Mehr als doppelt so viel Zeit können die Vögel, die dort brüten, in die Suche nach Nahrung investieren. Und wer Jungvögel führt, die selbst nach Nahrung suchen, kommt noch besser weg. Die kleinen Enten, Strand- und Wasserläufer haben so viel Zeit, dass sie zwischendurch immer wieder bei der Mutter schlafen wollen. Schnell wachsen sie heran, viel schneller, als es in den Tropen möglich wäre. Denn dort ist nicht nur die Zeit knapp, sondern insbesondere auch die Nahrung.
    Wie bei der Behandlung des tropischen Regenwaldes geschildert (Seite 150 ), gibt es in den Tropen sehr viele Spezialisten unter den Insekten. Die meisten übernehmen mit ihrer Nahrung Giftstoffe aus den Pflanzen, von denen sie leben. Tropische Insekten sind kein gutes Vogelfutter. Die Nestjungen wachsen bei vielen Arten weit langsamer als ihre Verwandten in außertropischen, vor allem in nordischen Wäldern. Dort enthält ein Gelege im Durchschnitt auch viel mehr Eier; oft die doppelte bis dreifache Anzahl.
    Zudem bedrohen viele Feinde die Bruten. Es gibt auf Vogeleier spezialisiere Baumschlangen, eine Vielzahl von Säugetieren, die Vogelnester plündern, und Greifvögel, die Jagd auf die Eltern machen. In den nordischen Brutgebieten bleibt der Feinddruck gering. Da praktisch alle Vögel gleichzeitig brüten und dann Junge füttern bzw. führen, kommt eine kurze Phase des Überflusses zustande. Säugetiere, die wie der Eisfuchs davon leben, haben es nur scheinbar gut. Denn im weitaus größeren Teil des Jahres, vom Herbst bis zum nächsten Frühjahr, müssen sie mit dem zurechtkommen, was verblieben ist. Der Winter setzt

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