Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod
Pfütze aus flüchtigem Balsam hatte sich auf dem Gestein rings um Keechs Knie gebildet, war aus den Laserlöchern im Rumpf hervorgesickert. Diese Löcher füllten sich inzwischen mit Klümpchen geäderten, lila Fleisches, und eine Informationslampe heischte grell nach Keechs Aufmerksamkeit. Er entschied, sich die Meldungen anzusehen, und schaltete das System wieder ein.
N-FAKT MELDUNG: BALSAM ERSCHÖPFT. WASSER BENÖTIGT – 8 LITER.
Das Nanowechselprogramm war voll online. Keech erhob sich unsicher auf die Beine, hob den Reiniger auf und ging hinunter zum Rand des Felsens. Er starrte über die bedächtig wogende, dunkle See hinaus und glaubte einen Augenblick lang, dass seine Sehfunktion noch mehr Fehler produzierte, bis er bemerkte, dass die Nacht anbrach. Keech senkte den Blick und entdeckte unter Wasser Schnecken der einen oder anderen Art, die sich ans Gestein klammerten; ihre Schalen sahen aus wie aufgerolltes Gold und geäderte Jade. Keech zog die Impulspistole, ehe er sich hinkniete und den Reiniger ins Wasser absenkte. Die Schnecken reagierten nicht. Vielleicht waren sie im Dunklen schläfrig geworden – oder vielleicht hielten sie ihn einfach nicht für essbar.
Sofort nahm der Reiniger Wasser auf. Keech spürte, wie es sein Fleisch durchtränkte und ihn kühlte. War das Knochenmark jetzt dabei, rote Blutkörperchen zu produzieren? Was geschah wohl als Erstes? Scheinbar zur Antwort juckten die Arme auf einmal unerträglich. Als er sie kratzte, schälte sich graue Haut ab. Seine Hoffnung, darunter rosa Fleisch hervortreten zu sehen, wurde zunichte gemacht. Stattdessen trat etwas zu Tage, das weiß wie Fischfleisch war. Er hörte auf, sich zu kratzen, und betrachtete forschend die Fingernägel. Zwei davon waren stark zurückgebogen. Er schüttelte die Hand, und die Nägel fielen heraus. Eiter sickerte jetzt aus den Fingerspitzen.
N-FAKT MELDUNG: TANK-AMNION UNBRAUCHBAR. ELEKTROLYT-ANFORDERUNGEN …
Keech schaltete die Meldung ab. Er steckte nicht in einem Tank. Die nächsten Elektrolyte fand er, wenn er in dieses Meer tauchte, und das schien ihm eine selbstmörderische Idee. Er musste einfach darum beten, dass Erlin ihm helfen konnte. Als der Befeuchter automatisch das bereits feuchte, lebendige Auge nässte, hob er die Hand und stöpselte ihn aus. Ein paar Dinge funktionierten anscheinend. Sobald der Reiniger kein Wasser mehr aufnahm, stand Keech auf, nahm ihn aus dem Meer und ging unsicher zum Scooter hinüber. Die Naniten konnten ja weiter an seinem Körper arbeiten, während er in der Luft war, also hatte es keinen Sinn, länger hier zu warten. Er stieg ein und stellte sich den Reiniger zwischen die Beine. Aus der Komverbindung drang das vertraute, seltsame Summen, sobald er sie einschaltete.
»Ja?«, meldete sich die Schwarmintelligenz.
»Ich habe Ihr Paket und werde es überbringen«, sagte Keech, und die Flüssigkeit in Mund und Hals verzerrte die synthetische Stimme. Ein Satz sich langsam verändernder Koordinaten erschien auf der Monitorkarte, und Keech stieg mit dem Scooter vom Felsen hoch. Sobald er in der Luft war, schaltete er auf Autopilot und lehnte sich zurück. Er wollte nicht von Hand steuern, solange er dabei auf die Armaturen tropfte.
Mit Tausenden von Augen überwachte der Hüter die Personen auf der Basis Coram und auf dem Planeten darunter. Sobald eine Lage eintrat, die vielleicht mit dem Auftrag der KI zu tun hatte, widmete sie ihr größere Aufmerksamkeit oder beauftragte eine Sub-KI damit, die Entwicklung im Auge zu behalten. Wenn eine Sub-KI nicht aus ihrem speziellen Trägerfahrzeug geholt werden konnte -sei dies nun ein eisernes Seepferdchen, eine schwimmende Herzmuschel oder eine mehr esoterische Meereskreaturgestalt –, lud der Hüter entweder eine Kopie oder erzeugte eine KI für diesen speziellen Auftrag. Manchmal ließ er diese neuen Sub-KIs später weiterarbeiten; zu anderen Zeiten absorbierte er sie. Schließlich stellten sie nur Informationsschemata dar – wie alles Leben.
Gegenwärtig verfolgte die KI durch eines ihrer Augen interessiert die Ankunft einer Amphi-Adaptierten; sie kam vom Runcible des Kern-Ozeans auf dem Mond Europa im Sol-System. Das begleitende Informationspaket wies diese Frau als separatistische Terroristin aus, die womöglich den Versuch unternahm, Blutegel in das seltsame dunkle Meer zu schmuggeln, das ihre Heimat war. Nach nur wenigen Augenblicken verlor der Hüter das Interesse und beauftragte SKI 24 damit, die Überwachung fortzusetzen,
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