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Nebel ueber Oxford

Nebel ueber Oxford

Titel: Nebel ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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können sich also vorstellen, dass Candra eine in allen Dingen peinliche und manchmal sogar verwirrend ehrliche Person war. Sie beachtete jedes noch so kleine Detail. Nie und nimmer hätte sie Ergebnisse geschönt, um sie so zu unseren Gunsten auslegen zu können.«
    »Ich war der Meinung, dass Wissenschaftler immer so arbeiten.«
    Blake lachte freudlos. »Kann schon sein. In einer unschuldigeren Zeit vielleicht. Heutzutage sollte man die Ergebnisse bringen, die Ihr Geldgeber von Ihnen erwartet, sonst sind Sie Ihren Job ganz schnell los und finden sich auf der Straße wieder. Und Sie finden natürlich auch keine neue Arbeit mehr.«
    »Ich verstehe, dass Candra mit ihrer Korrektheit an einigen Stellen angeeckt ist. Aber sicher nicht in Ihrem Team? Nicht bei Ihren Vorgesetzten?«
    »Die Zeiten haben sich geändert. Natürlich haben die Pharmaunternehmen immer einen Mann – oder eine Frau – ins Team geholt, um uns auf die Finger zu schauen. Es gab Streit darüber, wie man Ergebnisse präsentieren sollte. Ein bisschen ist es so, als hatte man die Steuerprüfer im Haus. Es gab da einen gewissen Joe Greenham, der unsere Resultate bis ins Detail unter die Lupe nahm. Natürlich war ihm klar, wer sein Gehalt bezahlte, und er wusste, nach was er zu suchen hatte. Allerdings war er ein durchaus ehrenwerter Mensch, und bis zu einem gewissen Punkt konnte man ihm sogar trauen.«
    »Wollen Sie damit andeuten, dass Redlichkeit heutzutage nicht mehr zählt?«
    »Was nützt es, wenn Sie sich peinlich genau an die Wahrheit halten und damit Ihre Arbeit blockieren? Wenn Sie ein hoch spezialisiertes, aufeinander eingespieltes Team erst einmal auseinandergebracht haben, bekommen Sie die einzelnen Mitglieder nie mehr an einen Labortisch. Ich glaube felsenfest daran, dass unsere Arbeit wichtig ist. Und wenn wir ein bisschen mehr Zeit zur Verfügung hätten, würden wir auf unserem Gebiet fantastische Ergebnisse erzielen.«
    »Noch einen Whisky?«
    »Ja bitte.«
    Kate hatte gefragt, weil Blake so wirkte, als brauche er noch einen. Wahrscheinlich war er sich erst jetzt richtig bewusst geworden, auf wie dünnem Eis er sich beruflich befand. Hinzu kam der Schock, als er Candra tot aufgefunden hatte. Kate konnte sich vorstellen, dass Blake seine wissenschaftliche Laufbahn sicher nicht eingeschlagen hatte, um seine Prinzipien zu verraten. Doch offenbar gab es keine deutliche Trennung zwischen richtig und falsch mehr, sondern nur noch verschiedene Stufen von Grautönen, durch die Blake sich seinen Weg suchen musste.
    Er lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Sie schenkte ihm einen weiteren Whisky ein und fügte die paar Tropfen Wasser hinzu, um die er gebeten hatte. Ihr eigenes Glas Wein hatte sie noch nicht angerührt.
    »Ich weiß, es klingt herzlos, aber Candras Tod passt uns im Augenblick überhaupt nicht in den Kram«, sagte Blake matt. »Ich hätte sie dringend gebraucht. "versal">LDPharma erwartet einen Bericht mit Resultaten. Das war Candras Aufgabe. Wie es jetzt aussieht, müssen wir mindestens drei Monate warten, ehe wir Ersatz bekommen. Drei Monate! Bis dahin sind wir längst weg vom Fenster, das Labor wird dichtgemacht, wir müssen unser Personal entlassen und dürfen uns nach neuen Sponsoren umsehen.«
    Er starrte in seinen Whisky, als enthielte die goldene Flüssigkeit die Antwort auf alle Fragen.
    »Wo haben Sie sie gefunden?«, fragte Kate.
    Er zündete sich eine neue Zigarette an, obwohl noch eine, nur halb geraucht, im Aschenbecher glimmte. »Ich hatte mich mit Candra für neun Uhr verabredet, weil wir die neuesten Ergebnisse besprechen wollten. Candra ist normalerweise gegen acht im Büro, und ich komme auch nicht viel später. Natürlich habe ich mich gewundert, weil sie nicht pünktlich zu unserem Meeting kam. Sie ist sonst nie zu spät.« Er blies einen Rauchring in die Luft. »Also suchte ich nach ihr. Aber niemand hatte sie an diesem Morgen gesehen, und krankgemeldet hatte sie sich auch nicht. Mir wurde mulmig zumute. Natürlich hätte man ein halbes Dutzend Erklärungen für ihr Fehlen finden können, doch keine hätte zu ihrem Charakter gepasst. Candra war einfach unfähig, ihre Mitmenschen zu versetzen oder zu enttäuschen. Wenn in ihrer Familie ein Notfall aufgetreten wäre, hätte sie mich angerufen.«
    »Verstehe.« Kate erinnerte sich an die Frau, die sie auf Sams Party flüchtig kennengelernt hatte. Sie erinnerte sich ebenfalls, wie Candra jeder von Blakes Bewegungen eifersüchtig gefolgt war. Selbst wenn sie

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