Nebel ueber Oxford
gehörte für Jon ein dicker Stapel Zeitungen. An diesem Morgen jedoch ließ er die Zeitungen vor der Tür liegen und schenkte Kate und sich einen Becher Kaffee ein.
Als er ihr den Becher mit einem dankbaren Lächeln reichte, fragte sie sich, ob er gleich auch noch einen dicken Rosenstrauß hervorzaubern würde. In diesem Fall kämen ihr die schlimmsten Befürchtungen. »Hast du schon über das kommende Wochenende nachgedacht?«, fragte er beiläufig.
»Noch denke ich an dieses. Möchtest du heute Nachmittag etwas unternehmen?«
»Wir könnten uns ein paar zum Verkauf stehende Häuser anschauen.«
»Aber im Augenblick gefällt es uns doch hier ganz gut.«
»Wir haben uns seit Monaten nicht mehr darum gekümmert. Glaubst du nicht, es wäre besser, wenn wir uns wieder einmal einen Überblick über den Markt verschaffen würden? Pass auf, ich hole die Karte, und wir machen eine Liste der Dörfer, die infrage kommen. Unterwegs können wir irgendwo nett zu Mittag essen.«
Eigentlich hätte Kate sich freuen sollen, doch ihr Enthusiasmus hielt sich in Grenzen. Ein Mittagessen in einem Landgasthof war immerhin keine schlechte Idee.
»Einverstanden«, sagte sie.
»Aber zunächst möchte ich mit dir über das kommende Wochenende sprechen – über den Besuch von Susie und Gary.«
»Müssen wir denn dafür Pläne schmieden?«
»Wir sollten überlegen, welche Sehenswürdigkeiten wir ihnen zeigen.«
»Wichtiger wäre sicher, das Zimmer herzurichten.«
»Oh, darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich habe Alan gebeten, mir bei den Möbeln zur Hand zu gehen. Mehr als eine Stunde brauchen wir sicher nicht. Du brauchst keinen Finger zu rühren.«
»Denk an die Treppe. Der obere Absatz ist ziemlich heikel«, wandte sie ein.
»Stimmt. Ich bringe einfach noch ein paar Teppiche mit.«
»Damit sieht das Zimmer dann sicher auch weniger spartanisch aus.«
»Wie wäre es mit Bildern?« Seine Miene hellte sich auf.
Auf diesen Vorstoß war Kate nicht vorbereitet. »Was für Bilder? Etwa vergrößerte Fotos von "versal">PS-starken Motorrädern?«
»Schon möglich.« Doch er lächelte, denn er wusste, dass er diese Meinungsverschiedenheit schon vor langer Zeit verloren hatte.
»Ein schöner Blumenstrauß gefällt deinen Freunden sicher ebenso gut.«
»Einverstanden. Ich rasiere mich, und dann holen wir die Straßenkarten.«
»Wir könnten deinen Freunden die Colleges zeigen. Jeder, der nach Oxford kommt, will sie besichtigen. Anschließend machen wir einen Spaziergang über Port Meadow und besuchen einen der Pubs am Fluss. Dort gibt es Pfauen, Schwäne, eine uralte Brücke, und alles ist sehr pittoresk.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass der kleine Freddie sich für alte Gemäuer interessiert.«
»Von einem kleinen Freddie war bislang nicht die Rede.«
»Oh, habe ich dir etwa nicht gesagt, dass sie ihren Sohn mitbringen?«
»Ja, das hast du wohl vergessen. Wie alt ist er?«
»Ungefähr zwei.«
»Ein Kleinkind? Ich habe keine Ahnung, wie man ein Kleinkind unterhält.«
»Ich denke, dass sich darum seine Mutter kümmert. Sie sagt, der Kleine wäre ausgesprochen intelligent und seinem Alter weit voraus. Er spielt Cello.«
»Was?«
Jon lachte. »Hört sich komisch an, nicht wahr? Ich nehme allerdings nicht an, dass er es schon zum Virtuosen gebracht hat.«
»Zumindest sollten wir uns mit unseren Plänen für das Wochenende nicht zu sehr festlegen.«
»Gute Idee.«
Plötzlich huschte das Bild von George Dolby durch ihren Kopf, wie er ohne Krawatte und ein wenig ramponiert ein Kind in die Geheimnisse des Trampolinspringens einweihte. Sie fragte sich, ob er ihre Telefonnummer aufgehoben hatte und ob er sich die Mühe machen würde, sie zu benutzen. »Glaubst du, dass es ihnen Spaß machen würde, im Boot über den Fluss zu rudern?«
»Das ist viel zu gefährlich für ein Kleinkind«, antwortete Kate und schaffte es tatsächlich, nicht noch darauf hinzuweisen, dass dort für das Cello des Kleinen kaum Platz wäre.
»Wahrscheinlich hast du recht.« Nun war Jon an der Reihe, sich versöhnlich zu geben.
»Habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass Roz gestern Abend angerufen hat? Sie will mal wieder auf Reisen gehen. Nicht allzu lang, hat sie gesagt. Sie fährt nach Portugal.«
»Sie und Avril arbeiten ganz schön hart, und dann in ihrem Alter. Da ist es nur normal, wenn man ab und zu Ferien machen möchte.«
»Schon klar, aber du solltest Roz gegenüber nie ihr Alter erwähnen. Außerdem kann ich sie
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