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Nebel ueber Oxford

Nebel ueber Oxford

Titel: Nebel ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Kate. Morgen Abend sind sie wieder fort.
    Sie stand an der offenen Haustür. Ihr Willkommenslächeln gefror, als sie sah, wie Gary und Susie Browne aus ihrem in der zweiten Reihe parkenden Geländewagen Gepäck luden, das für eine Himalajaexpedition ausgereicht hätte. Die meisten Taschen und Tüten gehörten der kleinen, sich lautstark zu Wort meldenden Person, die zwar noch in ihrem Kindersitz angeschnallt war, aber offenbar viel zu sagen hatte.
    Susie Browne stand mit einer kleinen Reisetasche in der Hand auf dem Bürgersteig und rief dem aus dem Kofferraum des Wagen herausragenden Hinterteil ihres Gatten Anweisungen zu. Kate bemühte sich, die immer länger werdende Autoschlange hinter dem Browne’schen Vehikel zu ignorieren. Die an diesbezüglichen Kummer gewöhnten Einwohner des Stadtteils Jericho gestatteten sich lediglich ein vereinzeltes, kurzes Hupen, um auf sich aufmerksam zu machen.
    Jon stand unmittelbar hinter Susie. Kate beobachtete, wie Susie Jon ihr Gesicht zuwandte und ihn anstrahlte. Die Bewegung wirkte vertraut und innig. Als Susie dann auch noch ihre freie Hand auf Jons Arm legte, ermahnte sich Kate, nicht töricht zu sein: Die beiden waren seit Jahren befreundet und standen sich selbstverständlich nahe.
    In diesem Moment erschien ein gerötetes Männergesicht neben der offenen Kofferraumtür, warf einen Blick auf den Verkehrsstau und tauchte wieder ab. Zu den fünf Koffern auf dem Bürgersteig gesellten sich ein kleines Reisebett und mehrere vollgestopfte Plastiktüten, die vermutlich Freddie-Utensilien enthielten. Dann stieg Gary hastig hinters Steuer. Kate nahm die Gelegenheit wahr, ihm durch das offene Fenster einen Besucherparkschein in die Hand zu drücken, während Jon sanft Susies Hand von seinem Ärmel entfernte, sich in den Beifahrersitz fallen ließ und sagte: »Ich zeige dir, wo du parken darfst, Gary.«
    »Was ist mit Freddie?«, rief Susie.
    »Er will mitfahren«, antwortete Gary Browne, winkte den wartenden Autofahrern entschuldigend zu und machte sich auf die Suche nach einem Parkplatz. Vom Rücksitz meldete sich eine helle Stimme und schrie verzweifelt: »Mami!« Fünf Autos, die hatten warten müssen, setzten sich hinter Gary in Bewegung.
    »Männer!«, entrüstete sich Susie Browne. Ihre Stimme war dünn und recht hoch. Sie sprach mit jenem schleppenden Tonfall, den Kate grundsätzlich mit Reichtum in Verbindung brachte. »Jon wollte sich nur den Wagen genauer ansehen. Die werden in der kommenden Stunde in Detailfragen rund um den Motor schwelgen.«
    Kate nickte wissend. Susie schenkte ihr ein warmes Lächeln, ebenso, wie sie es bei Jon getan hatte. Wahrscheinlich habe ich mich geirrt, als ich meinte, tiefe Vertrautheit zu sehen, dachte Kate. Grundlose Eifersucht würde das Wochenende zur Qual werden lassen. Sie nahm sich vor, nicht mehr daran zu denken, so schwer ihr das auch fallen mochte.
    Aus einer gewissen Entfernung sah Susie wirklich gut aus, aber aus der Nähe betrachtet erschien sie Kate atemberaubend. Sie trug ihr glänzendes, platinblondes Haar in einem kurzen Bob, hatte ein fein geschnittenes Profil und war noch schlanker als Kate. Lange Wimpern brachten ihre dunklen, schiefergrauen Augen zum Strahlen. Ihre Kleidung, so stellte Kate mit einem winzigen Stich Eifersucht fest, mussten ein kleines Vermögen gekostet haben, und die Diamanten an ihrer rechten Hand funkelten in der Morgensonne.
    Nachdem der Geländewagen um die Ecke verschwunden war, betrachteten die beiden Frauen den Berg Gepäck.
    »Himmel«, sagte Susie, »mir war gar nicht klar, wie viel Zeug wir da eingepackt haben. Ihr müsst ja den Eindruck haben, dass wir einen ganzen Monat bleiben wollen. Aber keine Sorge, das meiste davon gehört Freddie.«
    Kate suchte fieberhaft nach einer tröstlichen Antwort und hoffte, dass Jon und Gary nicht allzu lang auf sich warten ließen. »Wir könnten doch schon mal mit den kleineren Stücken anfangen«, schlug sie vor.
    »Ich finde, wir sollten auf die Männer warten«, sagte Susie mit dem Selbstbewusstsein einer Frau, bei der die Männer sich darum rissen, helfen zu dürfen. »Wir bleiben einfach hier stehen und passen auf das Gepäck auf, bis sie zurückkommen. Oh, nichts gegen eure Nachbarn«, fügte sie hastig hinzu, um Kate mit ihrer Bemerkung nicht zu beleidigen.
    »Schon gut. Wir wollen lieber niemanden in Versuchung führen«, sagte Kate, obwohl sie insgeheim der Meinung war, dass ein Dieb mit so vielen schweren Lederkoffern sicher nicht weit kommen

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