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Nebelflut (German Edition)

Nebelflut (German Edition)

Titel: Nebelflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine d’Arachart
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die alles Neue beäugten wie wissensdurstige Babys. Brady war sich sicher, dass er im Blue Gardenia Auskünfte bekommen würde, die ihm kein Gutsherr und kein Landwirt jemals würde geben können.
    Dort, wo sich die zwei Hauptstraßen von Brittas kreuzten, stand das Blue Gardenia. Ein altes Bauwerk, an dem lediglich die Farbe der Fassade neu zu sein schien. Ansonsten machte der Laden den Eindruck, als sei hier schon zu Zeiten der Kartoffelpest fleißig getrunken worden. Braune Balken durchzogen den gesamten Gastraum, dunkle Bänke waren scheinbar wahllos aufgestellt worden und die gelben Kneipenfenster vermittelten den Eindruck, als herrsche draußen eine Atomkatastrophe.
    Brady sah sich um. Trotz der erdrückenden Altertümlichkeit waren nahezu alle Tische besetzt. Kein Wunder. Der Schuppen bot wahrscheinlich die alleinige Rückzugsmöglichkeit in ganz Brittas – mal abgesehen von dem Golfclub, auf dessen Rasen sicher keiner der Besucher je einen Fuß gesetzt hatte.
    Als Brady den Pub durchquerte, spürte er die misstrauischen Blicke in seinem Rücken. Gut so. Genau solche Menschen brauchte er. Menschen, die auf jeden Fremden und alles Auffällige reagierten wie auf einen Außerirdischen. Er steuerte ein kleines Podest an, auf der eine Band aus halbtoten Greisen The Fields of Athenry spielte. Am liebsten hätte Brady sie daran erinnert, wie out Folksongs waren, doch dann besann er sich eines Besseren. In den Vororten Dublins tickten die Uhren langsamer. Ein Grund mehr für ihn, sich niemals diesen Landeiern anzuschließen.
    Brady ließ den Blick durch den Raum wandern. Jeder der Gäste war plötzlich so mit sich selbst oder seinem Guinness beschäftigt, dass es nur eine Möglichkeit gab. Kurzerhand nahm Brady das Mikrofon an sich.
    »Where once we watched the small free birds fly«, schmetterte der gebrechliche Sänger weiter und brach erst mit einigen Sekunden Verzögerung ab. Sein verdutzter Blick folgte dem Mikro, dann traf er Brady und erst dann schien der Alte eins und eins zusammenzuzählen.
    »Das ist meins«, krächzte er und klang noch immer verwirrt.
    Mittlerweile verstummte auch die Band und zahlreiche Köpfe ruckten zu ihm herum.
    »Ich bin Polizist«, sagte Brady ins Mikrofon und verursachte eine Rückkopplung, die ihn erschrocken zusammenfahren ließ.
    »Zu nah an den Boxen«, bemerkte der Alte mit leichtem Spott in der Stimme und Brady realisierte den Tonverstärker auf einem Barhocker neben sich. Er war froh, dass Sean nicht in der Nähe war. Zweifelsohne hätte er sich an diesem Patzer so lange hochgezogen, bis Brady der nächste Fehltritt unterlaufen wäre.
    Mit einem Satz sprang er von der Bühne und versuchte es erneut.
    »Mein Name ist Brady McCarthy. Ich bin Detective im Dublin County und möchte um Ihre Mithilfe bitten.«
    Ein Raunen ging durch die Reihe und die Gesichter einiger Gäste verfinsterten sich. Brady wusste nicht, ob diese Abneigung ihm oder einer vermuteten Straftat galt.
    »Ich ermittle in einem Mordfall und werde gleich zwei Kopien herumgeben. Wenn Ihnen eine der Personen darauf bekannt vorkommt, dann möchte ich Sie bitten, mich direkt anzusprechen. Ich werde noch eine Stunde hier sein. Vielen Dank.«
    Brady gab dem Sänger sein Mikrofon zurück und drückte ihm außerdem die Bilder in die Hand. Dann machte er sich auf den Weg zur Bar. Die Stimmen um ihn herum wurden lauter und nach einigen Sekunden stimmte die Band Wild Rover an. Brady fragte sich, wie er die nächsten sechzig Minuten überleben sollte und orderte ein Mild Ale.
    Als sich nach einer Stunde immer noch nichts getan hatte, stand er auf und sammelte die Kopien ein, die mittlerweile verlassen auf einem der Tische lagen. Die übrigen Gäste beachteten ihn nicht und tranken fröhlich weiter. Es hatte keinen Zweck. Scheinbar war er als Stadtmensch ihr personifiziertes Feindbild. Oder lag es an seinem Beruf? Er würde die ganze Sache anders angehen müssen.
    Gerade als Brady die Bilder wieder einstecken wollte, legte sich eine Hand auf seinen Arm. »Kann ich die noch mal sehen?«
    Er blickte auf und schaute direkt in das Gesicht eines koboldartigen Klischee-Iren. Sein Haar war rötlich und von grauen Strähnen durchzogen, er lächelte freundlich, wenn auch leicht verschmitzt und in seinem zahnlosen Mund klemmte eine Pfeife.
    »Die Bilder. Kann ich sie sehen?«, wiederholte er mit Nachdruck und Brady stellte fest, dass er den Mann viel zu lange gemustert hatte.
    »Aber sicher, sehr gerne.« Brady händigte ihm die Fotos

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