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Nebelgrab (German Edition)

Nebelgrab (German Edition)

Titel: Nebelgrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Klein
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goldenes, handtellergroßes Kreuz hervor, das an einer Goldkette hing, in die große Edelsteine gearbeitet waren. Einige Sekunden lang sagte keiner etwas. Hubert hielt das Kreuz so, dass alle es sehen konnten.
    »Das muss ein Pektoral sein«, sagte er nun im gleichen ehrfürchtigen Tonfall wie seine Cousine. »Du meine Güte, das muss eine Menge wert sein.«
    Lene runzelte die Stirn. »Du meinst, dass dieses Kreuz von einem Kardinal stammt, oder Bischof …«
    »Oder Papst«, beendete Hubert den Satz und pfiff auf Jungenart durch seine Zähne. »Jetzt kann ich verstehen, warum der Soldat wollte, dass sein Bruder die Tasche bekommt. Das war bestimmt ein Schmuggler, Betrüger oder gar ein Mörder. Mit diesen Dingen kann man eine Menge Geld machen. Man muss nur wissen, wem man so etwas anbietet.« Und er pfiff noch einmal.
    Das Kreuz machte die Runde durch alle Hände und sie betasteten und befühlten es, als könnte es ihnen dadurch seine Herkunft verraten.
    »Was machen wir nun damit?«, fragte Lene und verstaute es wieder im Samtbeutel. Als sie ihn in die Tasche zurücklegen wollte, stutzte sie. »Moment, hier ist noch etwas.« Sie tastete den Beutel ab. Sie holte das Kreuz noch einmal hervor und griff ein zweites Mal hinein. »Ein Ring, seht her!«
    Ein Ring, der für eine große Hand gemacht worden war, schimmerte auf ihrem Handteller.
    »Gib her!«
    Hubert nahm ihn und tat, als ob er ein Juwelier wäre, der ein Vergrößerungsglas vor sein Auge geklemmt hat.
    »Ein Pfundskerl«, grinste er und fügte hinzu, »ich glaube, wir haben einen wirklichen Schatz entdeckt. Das Pektoral, der Ring – wenn das nicht alles zu einem Papst gehört!« Er pfiff noch einmal, was Martha zu einem Stoß in seine Seite provozierte, und gab den Ring, der einen Edelstein in einer dicken Goldfassung aufwies, an Lene zurück und kratzte sich am Haaransatz. »Wenn nur der Schädel nicht wäre, der passt nicht in das glanzvolle Bild.«
    Vorsichtig verpackte seine Cousine die Schmuckstücke, um sie in die Tasche zurückzulegen.
    »Herrje! Hier ist noch etwas!« Sie quietschte aufgeregt, als sie vom Boden der Tasche eine dünne, lederne Mappe fischte. Das Leder schien sehr alt zu sein; es wies viele brüchige Stellen auf. Es enthielt zwei Schriftstücke. Lene sog hörbar die Luft ein und flüsterte: »Seht euch das an, das scheint Pergament zu sein.«
    »Ja, du hast recht.« Hubert nahm ihr vorsichtig die geöffnete Mappe aus der Hand. »Das sieht wirklich nach Pergament aus. So etwas habe ich nur einmal im Museum gesehen.« Er betrachtete die welligen Stücke sehr genau. »Es steht etwas über unsere heilige Irmgard darauf – seht ihr?« Er deutete auf ein Wort, das augenscheinlich »Irmingarda« hieß.
    »Ist das Latein?«, fragte Martha.
    »Ja, aber sehr schlecht zu lesen. Die Schrift muss sehr alt sein. Ich werde versuchen, sie zu übersetzen.«
    Hubert übergab Lene die Mappe, stand vorsichtig auf und humpelte anschließend mit dem Fund aus dem Zimmer. Er ging in seine Kammer und versuchte, mit Lupe und Wörterbuch den Text des Pergamentes zu entschlüsseln. Sein Herz schlug schnell; er hoffte auf eine Sensation.
    Die Mädchen wickelten währenddessen den Schädel wieder in sein Tuch ein und verpackten alles mit ratlosen, aber glühenden Gesichtern.

Adrian liest
    Verblüfft legte Adrian die Papiere aus der Hand.
    Er brauchte einen Kaffee, so viel stand fest. Und was auch feststand, war, dass Professor Wiedener entweder eine blühende Fantasie oder ein hervorragendes Gedächtnis gehabt hatte. Er musste den Freundeskreis um seine Tante Martha gut gekannt haben.
    Das Klingeln an der Wohnungstür unterbrach seinen Gedankengang. Er öffnete wie üblich die Tür einen Spaltbreit, drückte den Summer und ging wieder in die Küche zur Kaffeemaschine. Zwei Minuten später hörte er Rascheln an der Tür.
    »Es ist offen! Wer auch immer das ist, komm herein!«
    Im selben Moment erschrak er über seine Sorglosigkeit, und das Bild des ermordeten Professors tauchte als wabernde Erinnerung vor seinem inneren Auge auf. Geräuschlos legte er den Kaffeelöffel hin und schlich durch sein Wohn-Schlafzimmer zum kleinen Flur. Unterwegs schaute er hektisch nach etwas Waffentauglichem. Nichts schien auf die Schnelle geeignet. Im Flur war niemand zu sehen, die Wohnungstür stand noch offen. Dann hörte er wieder Rascheln. Ihm standen die Haare zu Berge und er verfluchte seinen Leichtsinn – hatte er beim Professor nicht doch seinen Namen gerufen?
    Er näherte

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