Nebelschleier
abfällig.
»Eine völlig abwegige Geschichte! Der Ärger begann zwischen meinem und Rosis Großvater. Es ging um irgendein Stück Land, das jeder der beiden für sich beanspruchte, und daraus wurde ein richtiger Krieg. Mal starb bei dem eine Kuh, mal drehte der dem das Wasser ab, mal brannte eine Scheune, mal gab es einen Jagdunfall, und jedes Mal nahm man natürlich an, dass es jemand von ›denen‹ gewesen war. Ich glaube, irgendwann wusste keiner mehr, warum man sich gegenseitig das Leben schwer machte. Doch mein Vater und Rosis Vater machten mit dem Blödsinn weiter. Es war schon fast wie Vendetta!«
»Verrückt!«
»Ja wirklich! Jedenfalls hat der Bernhard seit dem Tag, an dem wir geheiratet haben, von sich aus jeden Kontakt abgebrochen. Die Rosi war zum Feind übergelaufen und damit für ihn gestorben. Mir war das wurscht, mir konnte der gestohlen bleiben! Aber die Rosi hat’s immer wieder versucht, hat ihm jeden neuen Enkel vorgestellt – er hat die Kinder nicht einmal angeguckt! Als er vor ein paar Jahren den schweren Schlaganfall hatte, ist sie jeden Tag zu ihm ins Krankenhaus gefahren – bis er ihr durch eine Krankenschwester hat sagen lassen, dass sie bleiben soll, wo der Pfeffer wächst.« Johannes hob ratlos seine Schultern, »Was ist so einer für ein Mensch? Der hat immer nur auf seinem Geld gehockt und jeden, der seinen Töchtern zu nahe kam, für einen Erbschleicher gehalten. Er ist Rosis Vater, und dass es ihr trotz allem nahe geht, kann ich verstehen. Aber ich? Ich hab keinen Grund zu trauern.«
»Besonders freundlich hab ich den alten Steinlein auch nicht in Erinnerung.«
»Ja, Mensch! Weißt du noch, was für einen Ärger der gemacht hat, als du mit der Paola gegangen bist?«
»Ach Johannes, das ist so lange her!«
»Trotzdem! Ich glaube, du warst 17 damals, und ihr wart ein richtig gutes Paar! Wer weiß, vielleicht wärst du sogar hiergeblieben, wenn’s nicht auseinander gegangen wär…«
»Ich bin aber ganz glücklich, so wie sich alles gewendet hat!«
Johannes achtete gar nicht auf den Einwand seines Freundes.
»Was dem alten Steinlein gehört, das gibt der einfach nicht her, und dazu zählen auch seine Töchter! Wenn ich damals nicht so hartnäckig und furchtlos gewesen wäre, es hätte nie geklappt mit der Rosi und mir! Der Paola hat er auch später noch jeden Mann vergrault. Was glaubst du, warum die Bea damals einfach so abgehauen ist?«
»Und was ist zwischen Rosi und dir los?«
»Na, du alter Schnüffler? Vor dir kann man nichts verbergen, was?«
»Entschuldige, ich wollte dir nicht zu nahe treten.«
»Ach, Blödsinn! Das kannst du doch gar nicht, Schorsch, altes Haus!«, lachte Johannes, dann wurde er wieder ernst. »Na ja, wie schon gesagt, sie verübelt mir halt, dass ich über meinen Schwiegervater sag, was ich denk. Vielleicht hat sie auch Angst vor dem Getratsche im Dorf«, Johannes schüttelte seinen Kopf. »Der Alte war wirklich ein Schwein. Er hat ja auch später immer wieder versucht, uns Steine in den Weg zu legen. Er schien uns jeden Erfolg mit dem Biohof zu neiden, und wo er konnte, hat er uns Schwierigkeiten gemacht, auch wenn er selbst nichts davon hatte.«
Georg nickte.
»Ich hab gehört, dass dein Schwiegervater irgendwelches Land verkaufen wollte, an einen großen Konzern, der dort Versuche mit grüner Gentechnik machen will.«
»Davon hab ich auch gehört, ja. Eine echte Sauerei! Erstaunt mich bei dem Mann gar nicht. Der denkt – oder dachte – nur an sich und sein Geld. Aber da gibt’s noch so ein paar Leut im Dorf, die halten sich aus allem raus, sagen nix bei den Versammlungen und versuchen, heimlich, still und leise ihre Gschäftle zu machen – verantwortungslose Geschäfte mit einem gefährlichen Etwas, dessen Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Menschen überhaupt noch nicht erforscht sind!«
»Die Mehrheit im Dorf – ist die denn gegen die Gentechnik auf den Feldern?«
»Auf jeden Fall! Aber bei manchen ist es auch nur eine Frage des Preises. Zum Glück müssen die Flächen bekannt gemacht werden, die für gentechnische Versuche freigegeben werden – noch jedenfalls.«
»Wieso? Soll sich das ändern?«
»Na ja, die Akzeptanz von genveränderten Produkten in der Bevölkerung ist ja gleich null, wie du weißt, und es gibt da bestimmte Leute im Ministerium, die meinen, solange man die Versuchsflächen bekannt machen muss und es Proteste gibt, käme man ja nie auf einen grünen Zweig mit der Gentechnik.«
»Also ist das Thema noch
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