Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
Schiedsrichterentscheidung wurde mit lauten Pfiffen von den Fans quittiert. Die Stimmung heizte sich schnell auf.
Die Plätze, die Falk besorgt hatte, waren ausgezeichnet. Die Studenten saßen in der zweiten Reihe hinter der Bande und waren so mitten drin im Geschehen.
Victoria musste Jaromir recht geben: Schon jetzt waren die Fans so aufs Spiel konzentriert, dass sie außer dem Kampf um die Tore nichts mehr wahrnahmen – es sei denn, jemand blockierte ihnen die Sicht.
In der Reihe hinter ihnen ging es besonders hoch her. Die Jungs waren wohl so um die Mitte zwanzig und hatten offensichtlich schon vor dem Spiel ganz gut einen getrunken. Sie feuerten die deutsche Handballmannschaft mit lautstarkem Gegröle an und sorgten ordentlich für Stimmung.
Für Victoria war es wie ein Rausch. So intensiv hatte sie Handball noch nie erlebt. Sie fieberte nicht nur selbst mit den Spielern mit, sondern spürte auch die Anspannung und Nervosität der anderen sechstausend Menschen in der Arena. Das war eine ganz neue Erfahrung für sie. „Wie gut, dass ich doch mitgekommen bin – so etwas habe ich noch nie erlebt! Das fühlt sich ja echt krass an…“
Prompt hörte sie Jaromirs amüsierte Stimme: „Das ging mir bei meinem ersten Wettkampfevent ganz genauso. Der Nervenkitzel der anderen fühlt sich wie ein Ameisenhaufen im Magen an, oder?“
Sie grinste. „Ganz genau! … Aber das Spiel ist auch echt spannend!“
Gerade war der schwedische Rückraumschütze vor der deutschen Abwehr hochgestiegen und hatte den Ball mit aller Kraft über die deutsche Abwehr gezimmert. Der deutsche Keeper sprang zwar in die richtige Ecke, erreichte die Kugel aber nicht mehr. Der Ball zappelte im Tornetz.
Die mitgereisten Schweden waren teilweise als Wikinger verkleidet und deren nackten Oberkörper blau-gelb bemalt. Sie feierten das Tor mit lautem Getrommel und Schlachtgesängen, während die deutschen mit Pfiffen antworteten.
Das Kribbeln in Victorias Bauch nahm zu. Es war wirklich unbeschreiblich.
Lenir war neben ihr vom Sitz aufgesprungen und grinste sie wissend an, dann steckte er seine Zeigefinger in den Mund und stimmte in das Pfeifkonzert mit ein.
Die erste Halbzeit war viel zu schnell vorbei. Der Spielstand war 13:13 und spiegelte haargenau den Spielverlauf wider. So langsam beruhigten sich die Gemüter nun wieder.
Viele nutzten die Pause, um Erfrischungen zu holen oder sich ein wenig die Beine zu vertreten. So kamen sie jetzt auch mit der Truppe in der Reihe hinter ihnen ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass die vier Jungs ebenfalls Studenten waren, allerdings allesamt aus dem juristischen Seminar. Sie waren in diesem Semester schon mehrfach beim THW gewesen und somit kampferprobt.
Victoria grinste. „Ihr seid echte Fans, was? Voll ausgerüstet mit Schals, Tröten und natürlich professionell bemalt.“
Der Wortführer der Truppe saß direkt hinter ihr und grinste stolz zurück: „So sieht es aus, Süße. Wir geben alles für die Mannschaft.“ Dann veränderte sich sein Blick und er meinte augenzwinkernd: „Du siehst zwar echt gut aus, aber mit ein paar schwarz-rot-goldenen Streifen bist du sicher noch hübscher. Ich hätte Farbe für dich da…“
Victoria verdrehte innerlich die Augen und Jaromir fing sofort an zu grummeln.
Aber Lenir war ganz auf seinem Posten, legte den Arm besitzergreifend um Victorias Schulter, drehte sich um und antwortete selbstbewusst: „Ach weißt du – mir gefällt mein Mädchen so wie es ist!“
Zum Glück kamen in diesem Moment die Kumpels der Juristen mit Getränken beladen zurück und so wurde das Gespräch unterbrochen.
Kaum waren alle wieder am Platz, da wurde auch schon die zweite Halbzeit angepfiffen.
Victoria konnte aufatmen, denn das Spiel ging genauso spannend weiter, wie es unterbrochen wurde. Schnell war die Stimmung wieder am Kochen und nahm alle in der Halle ganz gefangen.
Es war wirklich aufregend für Victoria, so viele emotionale Menschen auf einmal zu spüren. Die Gedanken der einzelnen Fans wurden zu einem mitreißenden Summen, aus dem sie den einzelnen nur noch heraushören konnte, wenn sie sich ganz gezielt darauf konzentrierte. Aber das wollte sie gar nicht. Victoria genoss es, einfach mal wieder wie früher keine Gedanken hören zu müssen und sich ganz aufs Spiel konzentrieren zu können.
Die Sache hatte allerdings einen Haken, wie sie leider erst viel zu spät feststellen sollte: Der Typ hinter ihr hatte keineswegs vor, die Sache auf sich beruhen zu
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