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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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sah er häufig Rasputin auf dem Weg zur Jagd durch die Dunkelheit schleichen. Zwischendurch aber meinte er auch andere schwarze Gestalten sehen zu können, die über den Hof geisterten – einige auf vier Beinen, aber auch welche auf zweien.
    Ethel?
    Die ersten Male war er auf die Verandatreppe gestürzt, um besser sehen zu können, aber fand den Innenhof immer verlassen vor.
    Die Schatten um Åludden wurden jeden Tag länger, und Joakim spürte, dass die Ruhelosigkeit auf dem Hof zunahm, je näher Weihnachten rückte. Der Wind heulte um die Häuserecken, und das Wohnhaus knackte und knarzte in seinem Fundament.
    Sollte es einen unsichtbaren Besucher geben, so war es auf jeden Fall nicht Katrine, das wusste Joakim ganz sicher. Sie hielt sich noch immer von ihm fern.
    »Hier sind die Kleidungsstücke Ihrer Frau«, sagte Gerlof und schob das braune Paket zu Joakim, der auf der anderen Seite des Tisches saß.
    »Haben Sie etwas entdeckt?«, fragte Joakim.
    »Kann sein.«
    »Aber Sie wollen es mir nicht verraten?«
    »Doch, bald«, versprach Gerlof. »Wenn ich den Gedanken abgeschlossen habe.«
    Joakim konnte sich nicht erinnern, jemals in einem Altersheim gewesen zu sein. Seine Großeltern hatten bis ins hohe Alter zu Hause gelebt und waren dann im Krankenhaus gestorben. Und jetzt saß er in Gerlof Davidssons Zimmer im Altersheim von Marnäs und trank Kaffee mit ihm. Ein Kerzenständer mit zwei Adventskerzen erinnerte daran, dass Weihnachten näher rückte.
    An den Wänden hingen eine Reihe alter Erinnerungsstücke: Namensschilder von alten Frachtern, eingerahmte Seefahrts dokumente und Schwarz-Weiß-Fotografien von Zweimastern.
    »Das sind Aufnahmen der verschiedenen Frachtschiffe, die ich hatte«, erklärte ihm Gerlof. »Insgesamt waren es drei.«
    »Existieren sie noch?«
    »Nur eines davon. Es liegt in einem Bootsklub in Karlskrona. Die beiden anderen gibt es leider nicht mehr, das eine ist ausgebrannt und das andere gesunken.«
    Joakim betrachtete das Paket mit den Kleidungsstücken und ließ dann seinen Blick aus dem Fenster wandern. Es begann bereits zu dämmern.
    »Ich muss in einer Stunde meine Kinder abholen«, sagte er. »Können wir uns einen Augenblick unterhalten?«
    »Gerne«, antwortete Gerlof. »Das Einzige, was für heute Nachmittag in meinem Terminkalender steht, ist ein Vortrag über Inkontinenz. Das ist nicht besonders verlockend.«
    Joakim hegte schon seit Längerem den Wunsch, mit jemandem über die Ereignisse der letzten Wochen zu sprechen, mit jemandem, der Åludden kannte. Der Pastor in Marnäs schien sehr rigide Auffassungen zu haben, und Mirja Rambe dachte immer nur an sich selbst. Gerlof hatte sich bei ihrer ersten Begegnung als ein guter Zuhörer erwiesen, und Joakim hatte das Gefühl, in ihm die richtige Person gefunden zu haben. So eine Art Beichtvater.
    »Ich habe Sie bei Ihrem letzten Besuch auf Åludden das nicht gefragt, aber … glauben Sie an Geister?«
    Gerlof schüttelte den Kopf.
    »Weder glaube ich, noch glaube ich nicht«, lautete seine geheimnisvolleAntwort. »Ich interessiere mich sehr für Geistergeschichten, aber nicht, um mit ihnen etwas zu beweisen. Es gibt so viele Theorien über Geister und Gespenster … Absenkungen im Mauerwerk alter Häuser oder elektromagnetische Strahlung.«
    »Oder Flecken auf der Hornhaut im Auge«, fügte Joakim hinzu.
    »Genau«, nickte Gerlof. »Ich könnte Ihnen eine Geschichte erzählen, die ich in keinem der Bücher über Heimatkunde veröffentlicht habe. Aber das ist auch das einzig richtig Gespenstische, was ich je erlebt habe.«
    Joakim nickte ihm ermunternd zu.
    »Meinen ersten Frachter habe ich mit siebzehn erworben. Ich war in den Jahren zuvor zur See gefahren und hatte eine kleine Summe gespart, mein Vater gab mir den Rest der Kaufsumme dazu. Ich wusste genau, welches Schiff ich haben wollte, es war ein Einmaster, ein Motorsegler, hatte Borgholm als Heimathafen und hieß Ingrid Maria . Der Besitzer, Gerhard Marten, war über sechzig und sein ganzes Leben zur See gefahren. Aber dann bekam er Probleme mit seinem Herzen, und der Arzt verbot ihm die Seefahrerei. Ingrid Maria stand zum Verkauf und sollte dreitausendfünfhundert Kronen kosten.«
    »Das war aber günstig!«, sagte Joakim überrascht.
    »Ja, sogar für damalige Verhältnisse war das ein gutes Angebot. An dem Abend nun, als ich zu Marten fahren und ihm das Geld überreichen wollte, machte ich vorher noch einen Abstecher zum Hafen, um mir das Schiff noch einmal

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