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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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ihm Katrine leicht irritiert erwidert. »Weit davon entfernt. Aber es ist nun einmal der einzige Zeitpunkt, den wir jetzt haben.«
    Am Ende hatten sie sich für Livia entschieden. Das Haus hatten sie dann trotzdem gekauft, und drei Jahre später war Katrine schwanger geworden. Allerdings war Gabriel geplant gewesen, im Gegensatz zu Livia.
    Aber wie erwartet hatte Joakim es geliebt, ihr beim Wachsen zuzusehen. Er hatte ihre helle Stimme geliebt, ihre Energie und ihre Neugier.
    Katrine.
    Wie es ihr jetzt wohl ging? Sie hatte ihn gerufen, er hatte sie gehört.
    Joakim schaltete hoch und gab Gas. Mit dem Anhänger konnte er nicht ganz so schnell fahren, wie er wollte.
    Das absolut Wichtigste war, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen – zu seiner Frau und seinem Sohn. Sie brauchten einander jetzt.
    Er sah Katrines helles Gesicht vor sich in der Dunkelheit schweben.

5
    G egen acht Uhr abends war auf Hof Åludden bei den Leuchttürmen wieder Ruhe eingekehrt. Tilda Davidsson stand in der großen Küche des Anwesens.
    Im Haus war es totenstill. Sogar die sanfte Brise hatte abgenommen.
    Tilda sah sich in der Küche um und hatte das Gefühl, sich in einem anderen Jahrhundert zu befinden. Abgesehen von der modernen Kücheneinrichtung sah es aus wie in einem Haushalt aus dem 19. Jahrhundert. Einem wohlhabenden Haushalt. Der Esstisch war groß und aus schwerer Eiche. Auf den Regalen standen Kochtöpfe aus Kupfer, ostindisches Porzellan und mund geblasene Glasflaschen. Die Wände und die Decke waren weiß gestrichen, die Schränke und Leisten hingegen leuchteten hellblau.
    Tilda würde nur zu gerne jeden Morgen den Tag in einer solchen Carl-Larsson-Küche beginnen statt in ihrer Küchenzeile am Marktplatz von Marnäs.
    Sie war allein auf dem Hof. Hans Majner und die beiden anderen Kollegen, die direkt aus Borgholm am Tatort eingetroffen waren, hatten Åludden bereits gegen sieben Uhr verlassen. Ihr Chef, Holmblad, hatte sie zwar zur Unfallstelle begleitet, sich aber sehr zurückgehalten und bereits gegen sechs Uhr fast gleichzeitig mit dem Notarztwagen das Anwesen wieder verlassen.
    Der Vater der Familie, Joakim Westin, wurde erst später mit dem Wagen aus Stockholm erwartet – und es schien selbstverständlich, dass Tilda als Einzige vor Ort bleiben und auf ihn warten würde. Sie hatte sich angeboten, und ihre Kollegen hatten sofort zugestimmt.
    Tilda hoffte sehr, dass sie diese Aufgabe nicht übertragen bekommen hatte, weil sie eine Frau war, sondern weil sie die Jüngste im Team mit den wenigsten Dienstjahren war.
    Abendliche Einsätze waren in Ordnung für sie. Sie hatte aufgrund der Situation ihre Stelle einen halben Tag eher angetreten und den ganzen Nachmittag ohnehin nur den Polizeifunk überwacht, das Telefon bedient und einen Reporter der Ölands-Posten davon abzuhalten versucht, sich mit einer Kamera der Unfallstelle zu nähern. Sie hatte ihn an die Pressestelle der Polizei direktion von Kalmar verwiesen.
    Als die Rettungssanitäter mit ihrer Trage hinunter zum Strand gegangen waren, hatte sie sich ihnen angeschlossen und von der Mole aus zugesehen, wie sie den leblosen Körper aus dem Wasser zwischen der Mole und dem nördlichen Leuchtturm bargen. Die Arme baumelten am Körper herab, und dasWasser floss in Strömen aus den Kleidungsstücken. Das war Tildas fünfter Toter im Dienst, aber sie konnte sich einfach nicht an den Anblick gewöhnen, wenn der leblose Körper eines Menschen aus dem Wasser oder aus Autowracks geborgen wurde.
    Tilda hatte die Anrufe von Joakim Westin angenommen. Zwar widersprach es den polizeilichen Anordnungen, Angehörigen eines Todesopfers Informationen zu geben, aber es war ganz gut gelaufen. Die Nachricht war schlecht gewesen – genau genommen die denkbar schlimmste –, aber Westins Stimme hatte sehr gefasst und ruhig geklungen. Meistens war es besser, die schlechten Neuigkeiten so schnell wie möglich zu erfahren.
    Gib dem Opfer und den Angehörigen alle notwendigen Informatio nen – so schnell, so viel und so genau wie möglich , hatte ihr Martin auf der Polizeischule beigebracht.
    Sie verließ die Küche und betrat das Wohngebäude. Es roch etwas nach Farbe. Das Zimmer unmittelbar neben der Küche hatte neue Tapeten und frisch geschliffene Dielen und war sehr gemütlich. Als sie jedoch den Gang hinunterlief, entdeckte sie mehrere Räume, die kalt, dunkel und unmöbliert waren. Sie musste unwillkürlich an die Abbruchhäuser denken, in denen sie als ganz junge

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