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Nebeltod auf Norderney

Nebeltod auf Norderney

Titel: Nebeltod auf Norderney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Volksschule bei dem Kraftfahrzeugmechanikermeister Reinhard Nobis, Opelhändler in Nievenheim, einen Lehrvertrag ab. Der damaligen Dörflichkeit und der Anzahl zugelassener Wagen entsprechend, handelte es sich um einen kleinen Betrieb. Der Kfz-Meister und Eigentümer beschäftigte neben dem Lehrling noch einen etwa 40-jährigen Gesellen, der spät aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden war.
    Karl-Heinz Matulla lebte mit seiner Mutter im benachbarten Ückerath von der Rente. Sie war Kriegerwitwe, denn ihr Mann war in Stalingrad gefallen. Sie war mit den Kindern vor der Roten Armee über Pommern in den Westen geflohen und besaß von ihren prächtigen Äckern und dem großen Viehbestand nur noch ein paar ramponierte Fotos.
    Karl-Heinz Matulla hatte noch eine Schwester. Sie arbeitete bei einem Bäcker im Haushalt. Die Matullas lebten, wie die übrigen Bürger damals, sehr anspruchslos. Sie hatten eine Zweizimmerwohnung mit einer Küche, in der sie sich ständig aufhielten, um an kalten Tagen Brikett zu sparen.
    Der schreckliche Krieg hatte allem den Stempel aufgedrückt. Man freute sich darüber, dass man die schlimme Zeit überlebt hatte. So war eigentlich der Tagesablauf von einer positiven Grundstimmunggeprägt. Die Bürger lebten in der Gewissheit, dass es aufwärts ging. Außerdem beherrschte das Gefühl der Zusammengehörigkeit die Menschen, denen Neid und Missgunst fremd waren.
    Auch Karl-Heinz Matulla erinnerte sich später noch gerne an die Zeit, in der die Kirmes im Frühjahr die größte Geselligkeit des Jahres darstellte. Dann zogen die Schützen mit Holzgewehren durch die Gemeinde. Abends war Tanz in einem Zelt. Im zehn Kilometer entfernten Dormagen gab es ein Kino und im Knechtstedener Hof spielte alle vier Wochen eine Blaskapelle zum Tanz.
    Nach den Jahren des Hungerns gab es wieder reichlich zu essen, und Karl-Heinz Matulla entwuchs den Kniestrümpfen, dem Leibchen und den kurzen Hosen. Er erhielt seinen ersten Sonntagsanzug. Er bestand die Gesellenprüfung und besuchte die Meisterkurse der Volkshochschule. Zum Ausgleich spielte er Fußball in der ersten Mannschaft beim SV Nievenheim, die einen guten Platz in der Spitzengruppe der Bezirksliga innehatte.
    Karl-Heinz Matulla war ein athletischer Typ von mittlerer Größe. Er hatte schwarzes Haar, das er im Scheitel trug, und ein breites Gesicht, das gut geschnitten war und vertrauensvoll wirkte.
    Seine jüngere Schwester Trudchen brachte ihre Freundin Hanna Juppen mit ins Haus, die im Lebensmittelgeschäft, einem Tante-Emma-Laden, als Verkäuferin lernte. Hanna sah niedlich aus. Sie trug ihr dunkelblondes, gewelltes Haar halb lang. Sie hatte eine gesunde Gesichtsfarbe, eine durchaus kräftige Figur, war mittelgroß und hatte ein sympathisches Wesen.
    Damals spielte sich das Leben nach Arbeitsschluss zum großen Teil zu Hause ab. Im Radio dudelte leise Musik. Die Mutter saß am Herd und sorgte vor allem im Winter für eine mollige Wärme. Dann spielten Trudchen, Hanna Juppen und Karl-Heinz Karten oder Spiele, und es kam öfter vor, dass die Mutter ihren Sohn bat, Trudchens Freundin nach Hause zu bringen.
    Hanna wohnte in Ückerath im Mühlenbuschweg, nicht weit entfernt von der elterlichen Wohnung. Die idyllische Gegend bot den beiden reichlich Gelegenheit, im Schutz hochgewachsener Sträucher und Bäume zu knutschen. Es wunderte deshalb nicht, dass HannaJuppen, sie war gerade 18 Jahre alt geworden, ihren Karl-Heinz heiraten musste.
    Ihre Eltern, der Vater war Hilfsarbeiter bei Bayer Dormagen, nahmen das ohne große Proteste zur Kenntnis und richteten die Hochzeit aus. Karl-Heinz Matulla liebte seine Hanna und verstand im Sinne der damaligen Zeit die Geburt eines gesunden Jungen als ein Glücksfall, obwohl er als Vater mit 22 Jahren noch recht jung war.
    Unverdrossen ging er sein berufliches Ziel an. Er bestand die Meisterprüfung und übernahm nach einigen Jahren von seinem erkrankten Chef, Reinhard Nobis, die Opelwerkstatt mitsamt dem Geschäfts- und Wohngebäude auf der Theodor-Storm-Straße in Nievenheim. Der alte Kfz-Meister zog zu seiner Tochter nach Xanten, wo er kurz drauf starb.
    Der kleine Phillip, so hieß der Sohn der Eheleute Matulla, wuchs mit viel Liebe heran und genoss eine Sonderrolle in der Familie, da ihm noch drei weitere Kinder folgten, die aber alle Mädchen waren. So nimmt es nicht wunder, dass Phillip auch von seinem Großvater nicht nur wahnsinnig geliebt, sondern auch verwöhnt wurde.
    Das Geschäft expandierte. Die

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