Nebenwirkungen (German Edition)
nachweisen können.«
»Solange kann ich nicht warten«, entfuhr es Célia. Heikes Antwort hatte sie einen Moment aus der Fassung gebracht. Sie hatte mit wesentlich schnelleren Ergebnissen gerechnet. Diplomatischer fuhr sie fort:
»Verstehen Sie mich nicht falsch, ich weiß, dass diese Arbeiten Zeit brauchen. Ich möchte lediglich sicherstellen, dass die Welt so rasch wie möglich über das Projekt orientiert wird. Dazu ist es nicht notwendig, bereits endgültige Ergebnisse vorweisen zu können. Wir werden einfach die Resultate in die Pressekonferenz einbauen, die zu diesem Zeitpunkt verfügbar sind. Es geht wirklich nur darum, die Leute an die Leine zu nehmen. Das kann gar nicht früh genug geschehen, glauben Sie mir.«
Obwohl Heike eine tiefe Abneigung gegen vorzeitige Publikationen hatte, musste sie dieser gewieften Geschäftsfrau doch zugestehen, dass sie wohl wesentlich erfahrener war im Umgang mit den Medien. Sie vereinbarten, die Konferenz in Paris nach der ersten Testreihe durchzuführen, unabhängig vom Ergebnis.
Als Heike den Raum verlassen hatte, wandte sich Célia zur angelehnten Tür, die in einen kleinen Nebenraum ihres Büros führte, in dem sich eine Art Minibar und eine Anrichte befanden.
»Alles mitbekommen?«
Nils Nolte und seine Kollegin Alexandra Herting traten aus dem Kämmerchen in Célias Büro. Der hünenhafte Sicherheitsbeauftragte rümpfte die Nase. Die Bemerkung über den neugierigen Jungen hatte ihn hellhörig gemacht.
»Wir sollten vorsichtig sein«, sagte er ernst. »Wir können keine Schnüffler in der alten Mine brauchen, auch nicht, wenn sie kleine Knirpse sind.«
Célia wusste das nur zu genau. Sie ärgerte sich über diese Unsicherheit. Mit Risiken hatte sie kein Problem, aber sie mussten berechenbar sein. Die Sache durfte auf keinen Fall aus dem Ruder laufen, also schärfte sie ihren Leuten ein: »Ich will genau über jede Entwicklung in diesem Projekt informiert sein. Damit meine ich Botswana und Heidelberg. Sie bleiben jedenfalls dran.«
Botswana
Nyack holte die Holzkiste aus dem Versteck und stellte sie unter das Fenster des Sicherheitslabors. So musste er nicht mühsam am Fenstersims hängen, wenn er Katie bei ihrer Arbeit beobachten wollte. Es war eines der wenigen Gebäude, die er nicht betreten durfte, denn hier waren Schutzanzüge erforderlich. Mit großen Augen beobachtete er die Frau in ihrer unförmig aufgeblähten, glänzend weißen Wursthaut, wie sie die eingesammelten Mückenproben sorgfältig präparierte, einfärbte und schließlich mit einem großen Instrument betrachtete. Er wusste von Katie, dass dies ein Mikroskop war, bei dem man mit beiden Augen hinein schauen und Wunder sehen konnte. Sie hatte ihn einmal eine tote Stechmücke betrachten lassen. Der Anblick des riesigen Ungeheuers hatte ihn derart erschreckt, dass er schreiend davon gerannt war.
»Na du Spion«, flüsterte plötzlich eine Stimme in sein Ohr, dass er zusammenzuckte. Paul hatte ihn auf dem Weg zum Jeep am Fenster kleben sehen. »Schon in Ordnung«, lachte Paul. »Ich finde es gut, dass du dich so für unsere Arbeit interessierst. Ich habe nur deine praktische Kiste noch nie gesehen.«
»Ist Geheimnis. Nyack hat viele Geheimnisse«, antwortete der Junge und folgte dem Forscher zum Jeep, in dem er wie selbstverständlich neben Paul Platz nahm. Er war schließlich sein Assistant.
»Welche Geheimnisse meinst du denn? Willst du mir eines verraten?«
»Was bekommen dafür? «
Paul grinste. Diese Symmetrie von geben und nehmen war offenbar ein universelles Prinzip des Lebens. Er wusste, dass die Tier- und Pflanzenwelt voll von Beispielen war, wo eine Lebensform oder ein Individuum nur zusammen mit anderen existieren konnte. Er hatte das gleiche Prinzip in anderer Form in vielen Verhandlungen am Institut in Heidelberg erlebt, und genauso funktionierte es auch im täglichen Leben dieses jungen Afrikaners. Er überlegte, was er Nyack geben könnte und antwortete schließlich:
»Wenn wir mit der Tour fertig sind, gebe ich dir meinen Stift. Diesen hier, da kannst du einfach drehen, wenn die Spitze der Mine verbraucht ist, und mit dem Hinterteil kannst du Fehler ausradieren. Was sagst Du?«
Nyack betrachtete den wunderbaren Stift mit begierigem Blick und nickte freudig. Er konnte ihn gut gebrauchen für seine Stunden bei Katie, die mit ihm nun fast jeden Abend Lese- und Schreibübungen machte. Dieses Geschenk war es wert, dass er Paul seinen Schatz zeigte. Er deutete auf den Krater der
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