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Nebenwirkungen (German Edition)

Nebenwirkungen (German Edition)

Titel: Nebenwirkungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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diesen Zettel seit Tagen mit sich herum, ohne zu verstehen, weshalb er sich so verbissen mit dieser Geschichte beschäftigte. Nicht zum ersten Mal gab er die GPS Koordinaten ins Programm ein, das kurz darauf ein detailliertes Satellitenbild des südlichen Botswana anzeigte. Er verkleinerte den Ausschnitt. Mehr Details wurden sichtbar. Deutlich sah er die kleine Ansammlung von Häusern und die Andeutung eines kreisrunden Kraters auf dem Bildschirm. Mehr war nicht festzustellen, sooft er auf dieses Bild starrte. Es war ihm klar, dass es sich wohl um ältere Satellitenaufnahmen handelte. Neuere Aufnahmen würden vielleicht mehr enthüllen, doch er hatte keinen Zugriff auf aktuelle Fotos. Selbst in der Universitätsbibliothek hatte er keine besseren Unterlagen gefunden. Er lehnte sich zurück, nahm einen Schluck Tee und hätte die Tasse beinahe fallen lassen.
    »Hobbes, du wildes Tier«, sagte er vorwurfsvoll zum Kater, der ungestüm auf seinem Schoss Platz genommen und laut zu schnurren begonnen hatte. Die Katze hatte seine entspannte Haltung wie gewohnt als Wunsch verstanden, sich nun intensiv mit ihr zu beschäftigen. Robert kraulte seinen aufdringlichen Kater und dachte nach. Es hat keinen Zweck, sagte er sich. Allmählich war ihm klar geworden, dass er die Geschichte um Marchand und BiosynQ nur als Vorwand benutzte, sich wieder intensiv mit seinem geliebten Schwarzen Kontinent zu befassen. Er musste sich eingestehen, dass er den Busch, die Savanne mit ihrer vielfältigen Tierwelt, die glühende Sonne, die überwältigende Fülle unvergleichlicher Gerüche und Geräusche, und die dunklen, stillen und doch von Leben erfüllten Nächte Afrikas schon allzu lange vermisste. Er hatte seinen Entschluss wohl unbewusst schon viel früher gefasst, vielleicht bereits bei der Unterhaltung mit dem unglücklichen Marchand in Paris. Er würde wieder ins südliche Afrika reisen; eine ausgezeichnete Gelegenheit, seine Bekannten nach langer Zeit wieder einmal zu besuchen.
    Mrs. Carvalho nahm die Ankündigung seiner Reise mit gemischten Gefühlen auf. Sie war zwar häufige Abwesenheiten ihres Professors gewohnt, doch die Vorstellung des wilden afrikanischen Buschs gefiel ihr gar nicht. Sie wagte nicht, ihre Bedenken offen auszusprechen, sondern fuhr weiter, die für die Reinigung bereitgelegten Kleider ihres allzu abenteuerlustigen Arbeitgebers einzupacken, nicht ohne vorher alle Taschen zu leeren. Sie wusste aus Erfahrung, dass lang gesuchte Gegenstände oft auf diese Weise wieder auftauchten. Carmen, ihre Bekannte in der Reinigungsfirma würde sich ihre Sorgen schon geduldig anhören, da war sie sicher. Robert hängte sich ans Telefon, um die Reise vorzubereiten, denn war der Entschluss einmal gefasst, wollte er keine Zeit mehr verlieren. Seine unerwartete Geschäftigkeit hatte auch Mr. Hobbes gründlich verunsichert, sodass er sich murrend auf seine Decke zurückzog.
Paris, Technologiepark
     
    Célia schaute ärgerlich auf das Display ihrer Telefonanlage, als es klingelte. Alexandras Handynummer; klar, dass ihre Sekretärin den Anruf direkt durchgestellt hatte. Rasch nahm sie den Hörer ab und fragte ohne Umschweife:
    »Schlechte Nachrichten aus Botswana?«
    »Nein, aber ich fürchte Schlimmeres«, antwortete Alexandra und erzählte von ihrem Fund in Professor Barnards Wohnung. Sie war dem Schicksal zutiefst dankbar, dass sie in diesem Augenblick nicht in Célias Büro sitzen musste. Die kurze Pause, die ihrem Bericht folgte, war schlimm genug. Alexandra stellte sich vor, wie der harte Mund der Direktorin zu einem schmalen Strich wurde.
    »Was hat dieser Barnard genau kopiert? «, fragte Célia mit leiser Stimme.
    »Alles wichtige, wie es scheint. Die Details über Herstellung, Anwendung und Tests stehen im Dossier. Es ist französisch abgefasst, doch soweit ich verstanden habe, enthält es auch genaue Angaben über die Lage der Versuchsobjekte, inklusive L100.«
    Da war es, das gefürchtete Stichwort. Alexandra wusste selbst nicht, was sich hinter diesem Begriff verbarg, doch er war offenbar ein rotes Tuch für die Bosse der Firma. Wieder entstand eine unerträglich lange Pause. Alexandra konnte nicht sehen, wie Célia bei abgeschaltetem Mikrofon aufgeregt und leise schimpfend hin und her lief. Als sie sich etwas beruhigt hatte, fragte sie:
    »Haben Sie sonst noch etwas bei Barnard gefunden?«
    »Nein. Ich hatte nicht viel Zeit, doch ich bin sicher, dass sich in seinem Arbeitszimmer keine weiteren Unterlagen befinden«,

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