Nebenwirkungen (German Edition)
Wasser befeuchten, das er immer im Jeep mitführte, und sich vor die Nase halten, um überhaupt atmen zu können. Er konnte nicht begreifen, was hier geschehen war. Der Ort erinnerte ihn an Bilder aus Kriegsgebieten mit vom Bombenhagel in Schutt und Asche gelegten Stadtteilen. Wie konnte so etwas geschehen? Hier konnte er wohl nichts mehr ausrichten. Er würde die Unglücksstelle am Morgen bei Tageslicht untersuchen. Bedrückt wollte er wieder einsteigen, als ihm der Atem stockte. Etwas hatte ihn am Hosenbein gepackt. Es war Tau, der kleine Freund des jungen Nyack mit seiner charakteristischen Löwenmähne, der jetzt aufgeregt um ihn herum tanzte. Erleichtert lachte Paul.
»Da staunst du auch, was?« Das Lachen blieb ihm allerdings gleich wieder im Hals stecken. Wo Tau war konnte Nyack nicht weit sein, doch er sah keine Spur des Jungen. Nein, nicht Nyack , dachte er verzweifelt. Er nahm Taschenlampe und Schaufel aus dem Wagen und begann, die Trümmer im spärlichen Licht hektisch abzusuchen. Er rief Nyacks Namen, leuchtete in jeden Steinhaufen, versuchte atemlos, die Trümmer auseinanderzuschaufeln. Er hatte nicht mehr auf den Affen geachtet, doch als er sich erschöpft aufrichtete, um Atem zu holen, bemerkte er, wie der kleine Tau neben einem Haufen mit großen Trümmerstücken, aus dem halb geschmolzene Metallbeine ragten, kreischend auf und ab hüpfte. Er eilte hin, kniete nieder und untersuchte die Stelle. Enttäuscht wollte er wieder aufstehen, doch der Affe ließ nicht locker. Paul zerrte mit aller Gewalt an der schweren Mauerplatte, die ihm die Sicht versperrte. Erst nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es ihm, die Platte zur Seite zu kippen. Schweißnass und schwer atmend richtete er den Strahl der Lampe auf die entstandene Höhle. Da sah er ihn. Nyack lag schrecklich verkrümmt und eingeklemmt in einem Hohlraum, der sich zwischen Mauerbruckstücken und einer Metallplatte, wohl den Überresten eines Tisches, gebildet hatte. Er regte sich nicht. Paul konnte seinen Kopf nicht sehen. Er fasste ihm an die Füße, an die Beine, versuchte so den Puls zu fühlen. Nichts. Er musste irgendwie diese Trümmer wegräumen. Verzweifelt begann er, die Bruchstücke abzutragen, doch er musste bald einsehen, dass er das allein niemals schaffen würde. Er musste Katie rufen; das Funkgerät im Wagen! Er wollte schon zum Jeep rennen, als ihm Katie entgegen rief:
»Was ist passiert? Was machst du dort?«
»Gott sei Dank, Katie. du musst mir helfen. Nyack ist verschüttet. Schnell.« Er zeigte ihr die Stelle. Mit einem nur halb unterdrückten Schrei machte sie sich an die Arbeit. Sie wollte die Tischplatte wegdrücken, doch Paul zog sie blitzschnell weg.
»Zu heiß. Wir dürfen das Metall noch nicht berühren. «, Gemeinsam schafften sie es schließlich, den Hohlraum soweit zu erweitern, dass sie daran denken konnten, Nyack vorsichtig herauszuziehen. Erst jetzt sahen sie, dass sein linker Arm unter einem teilweise verkohlten Brett steckte. Während Paul das Brett vorsichtig anhob, konnte Katie den Körper langsam aus den Trümmern ziehen. Nyack regte sich noch immer nicht. Sie fühlte den Puls an der Halsschlagader, und nach einer Weile löste sich die Anspannung in ihrem Gesicht. Mit Tränen in den Augen flüsterte sie:
»Er lebt.«
Sie untersuchte den Jungen genauer und stellte fest, dass der linke Arm offenbar gebrochen war. Was sie jedoch viel mehr beunruhigte war, dass er ziemlich schwere Verbrennungen an der linken Schulter und im Gesicht aufwies. Sie trugen ihn behutsam zum Wagen und fuhren zur alten Mine zurück. Mrs. Umangua kam atemlos und händeringend aus dem Haus gerannt, als sie sah, wie Paul und Katie ihren reglosen Neffen aus dem Jeep hoben. Sie wollte ihren kleinen Nyack weinend in die Arme nehmen, doch Katie wehrte sie ab. Das Wichtigste war jetzt, die Wunden zu versorgen und den Kreislauf irgendwie zu stabilisieren. Sie legten ihn auf eines der Betten.
»Kalte Umschläge«, sagte Katie, während sie den gebrochenen Arm des Jungen notdürftig einschiente. Als sie seine Stirn sorgfältig mit dem kühlen feuchten Tuch bedeckte, regte er sich endlich, stöhnte leise. Seine Brandwunden sahen schrecklich aus, doch Katie stellte zu ihrer großen Freude fest, dass nur ein relativ kleiner Teil der Schulter und des Gesichts ernsthaft verletzt war. Verzweifelt versuchte sie sich an ihre elementare medizinische Ausbildung zu erinnern, als sie die verbrannten Stellen vorsichtig reinigte und verband. Endlich
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