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Nebenwirkungen (German Edition)

Nebenwirkungen (German Edition)

Titel: Nebenwirkungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Amélie in bester Laune mit einem Buch in der Hand von ihrem Schreibtisch in Heidelberg. Nur noch diesen einen kurzen Artikel wollte sie kopieren, dann war ihr Arbeitstag zu Ende, und sie konnte ungehindert ihren Träumen nachhängen. Ungeduldig nahm sie das Blatt, das offenbar jemand unter dem Deckel des Kopierers vergessen hatte und wollte es zur Seite legen, als ihr eine bekannte Überschrift auffiel. Sie stutzte. Es war eine Seite, wohl die letzte, aus dem vertraulichen Bericht über die Blutproben. Dieses hoch brisante Papier durfte unmöglich hier herumliegen. Sie hatte diesen Bericht nicht kopiert, und sie war sicher, dass auch Heike keinen Anlass dazu hatte. Aber sonst war das Dokument niemandem bekannt. Während sie grübelnd die paar Buchseiten kopierte, sank die schreckliche Erkenntnis langsam in ihr Bewusstsein. Sie sträubte sich gegen den hässlichen Gedanken, doch es half nichts. Es gab nur eine logische Erklärung. Bastien hatte den Kopierer benutzt, und er musste den Bericht auf Heikes Schreibtisch gesehen haben. Er hatte sie schamlos hintergangen. Dreckskerl , dachte sie wütend, und ihre schönen Augen wurden feucht.
London, Docklands
     
    »Die haben Kyle umgebracht«, sagte Samantha ruhig, als sie den Bericht gelesen hatte, den ihr Junior aus Heidelberg mitgebracht hatte, und mit steinerner Miene fuhr sie fort: »Pseudomalaria, das ist doch ein gutes Stichwort für Recherchen, Bastien.« Er nickte nur und wollte das Glashaus seiner Chefin verlassen, doch sie hielt ihn zurück, warf ihm einen anerkennenden Blick zu und sagte ernst: »Gute Arbeit. Illegal aber gut, danke.« Ihr unerwartetes Lob prallte diesmal unwirksam an ihm ab, zu sehr beschäftigte ihn sein schamloser Missbrauch von Amélies Vertrauen. Sie hätte allen Grund, ihn zu verabscheuen, würde sie je erfahren, was er getan hatte, und diese Vorstellung konnte er nicht ertragen. Doch was geschehen war ließ sich nicht mehr ändern. Ihm blieb nur die vage Hoffnung, dass sein Frevel nicht entdeckt würde. Lustlos setzte er sich an seinen Computer und begann nach Hinweisen auf Pseudomalariafälle zu suchen.
    Lange hatte er kein Glück, bis er die Idee hatte, in den nicht öffentlich zugänglichen Datenbanken der Weltgesundheitsorganisation und mehrerer privater Organisationen nach Malaria zu suchen. Dort wurden weltweit alle gemeldeten Fälle erfasst, und dort fand er eine neu angelegte Kategorie von Krankheitsbild, die verblüffend mit den Symptomen der Pseudomalariafälle übereinstimmte. Die katalogisierten Fälle enthielten keine direkten Hinweise auf Ort und Zeit ihres Auftretens und schon gar keine persönlichen Daten der Opfer, doch damit hatte Bastiens Arbeit eben erst begonnen. Er beherrschte die Kunst, aus vielen Datenquellen gleichzeitig durch die intelligente Kombination von Abfragen die Information herauszukristallisieren, die er suchte. Das Phänomen, das er untersuchte, war jedoch noch neu und die wenigen Daten schwer erhältlich. Trotzdem schaffte er es an diesem Tag, eine erste Zusammenfassung zur aktuellen Situation der Pseudomalaria zu erstellen. Er stellte seine Erkenntnisse in einer Mail zusammen und sandte sie Samantha, bevor er ausgelaugt, aber zufrieden zu ihrem Büro schlenderte. Sie hing am Telefon, sodass er ihr andeutete, in der Kaffeeecke auf sie zu warten. Hätte er geahnt, mit wem sie sprach, wäre er gleich nach Hause gefahren, denn die Telefonate mit ihrer Mutter konnten lange dauern, und er hatte bereits zehn Stunden hinter sich.
    Samantha tigerte aufgeregt in ihrem Glashaus hin und her wie ein Raubtier im viel zu engen Käfig, während sie versuchte, ihre Mutter aus ihrem Gefühlsleben herauszuhalten.
    »Mom, ich weiß, du meinst es nur gut, aber ich kann schon selbst entscheiden, ob ich einen Mann in meiner Nähe haben will.«
    »Ich mache mir einfach Sorgen um dich. Du wirkst so angespannt und humorlos seit du dich von Jim getrennt hast, ich ...« Samantha unterbrach sie unwirsch:
    »Er hat sich von mir getrennt, Mom, nur dass das klar ist. Im Übrigen kann ich ihn ganz gut verstehen, er hat mich in letzter Zeit kaum gesehen und wenn, dann war ich todmüde. Ich bin nicht sauer, höchstens auf mich selbst. Er ist ein guter Kerl, aber ...«
    »Eben, genau, du sagst es. Wie oft begegnet man schon so einem Mann, Sam - in deinem Alter.«
    »Vielen herzlichen Dank, Mom. Du verstehst es wunderbar, einen gründlich aufzurichten.« Wütend trat sie ans Fenster und starrte ins Leere.
    »Entschuldige, Liebes. Ich

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