Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
Vampir werden ließ. Aber man brauchte kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass ihre Eltern die Liebe zu ihrer verwachsenen Tochter teuer bezahlten – denn sie trug ihre Zähne und Fingerknochen an einer Goldkette um den Hals!
Theresa hatte zahlreiche Missbildungen. Die eine Schulter schien völlig zu fehlen, dafür zog sie die andere hoch, sodass es aussah, als habe sie einen Buckel. Ihr linker Arm war von normaler Länge, aber der rechte baumelte bis zum Knie herab. Ihre Brüste waren unterschiedlich große, schlaffe Zitzen, und ihre ganze Haut war übersät von bläulich-roten Flecken und Muttermalen.
Der schlimmste Makel jedoch war ihr drittes Auge. Sie war mit einer zusätzlichen Augenhöhle am Hinterkopf zur Welt gekommen, in der sich ein rudimentäres, von Haut überzogenes Auge befand. Seit ihrer Verwandlung hatte Theresa diese Abnormität zu einem regelrechten optischen Sinnesorgan weiterentwickelt, zu einem Auge, das lidlos, ausdruckslos von der rasierten Stelle an ihrem Hinterkopf starrte. Daran ließ sich vielleicht ermessen, wie monströs sie wirklich war. Mithilfe ihrer Wandlungskunst wäre es ihr ein Leichtes gewesen, sich ein neues Aussehen zu verschaffen; doch sie zog es vor, hässlich zu bleiben, weil es ihr so gefiel! Und sie prahlte auch noch damit, dass sie als Einzige unter den Wamphyri in der Lage sei, stets ein Auge auf ihren Rücken zu haben ...
Dann gab es noch Lady Rusha Basti. Nach allem, was man so hörte, war sie einfach zauberhaft. Doch woher hatte er das eigentlich? Soweit Emil Hagismann wusste, hatte sie noch nie jemand völlig ... nun, nackt gesehen. Noch nicht einmal die Liebhaber, die sie sich von Zeit zu Zeit nahm! Rusha hatte flammend rotes Haar, länger als ihr üppiger Körper, und sie trug es stets zu sinnlichen Frisuren drapiert, mal strategisch in Knoten geknüpft, mal mit Klammern in Form gehalten, um je nach Laune ihre diversen Körperteile zu bedecken oder zu zeigen. Manchmal ließ sie eine Brust entblößt, hin und wieder auch den Rücken und die Pobacken oder die langen, verführerischen Beine ... niemals jedoch ihr Gesicht. Vielleicht war sie ja doch hässlich wie die Nacht; es gab Gerüchte, dass sie ihre Augen abstoßend fand – die natürlich ebenso rot waren wie ihr Haar – und ihre Nase ebenfalls. Letztere war unten viel zu breit und so sehr gekräuselt, dass selbst ihre vampirische Wandlungskunst dies nicht mehr zu kaschieren vermochte. Es war eine Seltenheit, dass Rusha diese kleineren Mängel tatsächlich eingestand – oder vielmehr auch nicht, schließlich musste sie sie ja verbergen. Mit ein bisschen Glück hatte Radu vielleicht Chancen bei Lady Rusha Basti. Mit Ausnahme von Lord Shaitan dem Ungeborenen, der es vorzog, absolute Kontrolle über seine Odalisken zu haben, und Hengor Hagi, dessen Ausmaße einem Esel zur Ehre gereicht hätten, was Rusha sich keinesfalls antun wollte, hatte sie bereits alle nennenswerten Lords ausprobiert. Sie ging mit ihnen ins Bett und dann verließ sie sie einfach wieder!
Andererseits ... war Rusha keineswegs so leicht zu kriegen, wie man auf den ersten Blick annehmen könnte. Sie war erst vor vier oder fünf Jahren von der Sonnseite entführt worden und kurz danach aufgestiegen. Und der junge Lord, der sie geraubt hatte ... wo befand er sich nun? Sie hatte sein Ei, gewiss, und was war mit seinem Kopf? Glaubte man Rusha, war er in ihren Armen einem plötzlichen Schwächeanfall erlegen. Falls dies stimmte, war er wahrscheinlich glücklich gestorben – glücklich, aber eindeutig tot! Emil Hagismann hatte von Spinnenarten gehört, bei denen das Weibchen ... aber er hatte genug gesagt, und Radu versicherte ihm, dass er nicht weiterzureden brauche.
Außerdem waren da noch die beiden Drakuls, Karl und Egon. Sie zählten mit zu den Ersten, die sich auf der Sternseite etabliert hatten. Als jüngere Blutsöhne der in den Sümpfen vampirisierten Familie eines Einzelgängers waren sie beinahe von Kindesbeinen an gezwungen gewesen, für sich selbst zu sorgen. Denn die Familie der Drakuls hauste im Gebirge, wo sie ein armseliges Dasein fristen konnten, solange sie sich auf der der Sternseite zugewandten Seite der Gipfel aufhielten.
Damals trieben angeblich Hunde-Lords ihr Unwesen in den Bergen – Männer wie Radu, allerdings steckte mehr von einem Wolf in ihnen, und sie waren bei Weitem nicht so intelligent. Mit diesen lagen die Drakuls in Fehde. Eines Nachts hetzten diese Wölflinge den Vater der Drakuls, dessen Frau und
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