Nefilim KI 8 - Punabbhava
Kabinenfenster in den kalten, endlosen Weltraum.
»Du kommst, um mich darum zu bitten, sie zurückzuholen, nicht wahr?«
»Warum nicht?«
Sie blickte mich an, Sternenlicht tauchte eine Hälfte ihres Gesichts in graues Zwielicht. Feuchtigkeit glitzerte unter dem Auge, das ich erkennen konnte.
»Glaubst du nicht, ich würde das am liebsten tun? Aber was dann? Willst du nicht verstehen, was das bedeutet? Sie würde jetzt wiedererweckt werden, nicht in der Zukunft. Sie könnte dich also nicht aus Aureols Gefangenschaft befreien. Ihr wäret beide nicht hier! Und denke einen Schritt weiter: Wie entstehen die Nefilim ohne die WBE-Technologie? Wir bleiben in diesem Kausalitätsgefängnis oder wir zerstören beim Ausbruch daraus alles, was unser Leben bis zu diesem Punkt bewegt hat.«
»Warum kann ich weiterleben und sie nicht?«, flüsterte ich.
Ari stand auf und legte unsicher eine Hand an mein Gesicht, zog sie wieder zurück. »Ich weiß es nicht, aber ich bin froh, dass ich dich nicht auch noch verlieren musste.«
Ich legte die Arme um sie und ließ den angestauten Gefühlen freien Lauf. Worte fand ich keine und sie hielt mich fest, gab mir Halt.
Später saßen wir zusammen und stellten Verknüpfungen her, redeten über die Zusammenhänge, als ob das Sieraas Tod erträglicher machen könnte und ihm einen Sinn gäbe.
Dann, als die Schiffszeit sich dem Morgen näherte, sprachen wir über die Zukunft.
»Sobald uns Tomasi zurückgebracht hat, müssen wir die Nefilim aus Gerans Kontrolle befreien. Mit deinen Fähigkeiten sollte uns das auch gelingen«, sagte ich.
»Und dann?«
»Werden wir das Kontrollgerät vernichten. Wir werden Odin aufsuchen und uns mit ihm absprechen.«
»Wenn es uns gelingt, in die Zeit zurückzukehren, aus der wir gekommen sind.«
»Zweifelst du daran?«
»Unabhängig vom Paradoxon deiner Existenz, können wir durch unbedachtes Handeln den Weg in eine Parallelzeit nehmen, die nicht dem entspricht, was wir glauben, vorzufinden.«
»Werden wir es merken?«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wenn die Abweichungen gering sind, spielt es keine Rolle, oder?«
»Du magst damit recht haben, aber der Gedanke ist ungemütlich. Als ob man ...«
»... keinen Platz mehr hat, an den man gehört?«
»So komme ich mir im Moment vor.«
»Das verstehe ich«, sagte Ari und ich wusste mit einem Mal, wie sie sich ihr ganzes Leben lang gefühlt hatte.
Nachdem wir geduscht und frische Kleidung organisiert hatten, fanden wir uns im Besprechungsraum mit Maya, Zek und Truktock ein. In einer Stunde würde die Übergabe der WBE-Technologie auf dem Mars stattfinden und wir mussten uns noch einmal absprechen.
Sieraas Abwesenheit fühlte sich seltsam an.
Truktock fragte nach unseren Wünschen hinsichtlich der Bestattung. Man hatte uns die Wahl überlassen, in welcher Form wir Sieraa zur letzten Ruhe betten wollten, und wann das sein sollte. Ari und ich waren uns einig, dass sie nicht in dieser Zeit bestattet werden sollte, und baten darum, sie in der Kryostasis zu belassen, bis wir zurückgekehrt waren.
Danach besprachen wir die Übergabe der WBE-Technologie an Tomasi, was aufgrund seines zweifelhaften Charakters zu einer kritischen Operation werden konnte. Ich vertraute jedoch auf Aristeas Fähigkeiten.
»Warum nur ihr beiden? Sollten nicht wenigstens ein paar unserer Leute dabei sein?«, fragte Truktock zweifelnd, als wir noch einmal die Details durchgingen.
Aristea beugte sich vor. »Wozu?«
»Sie hat recht. Wir werden Tomasi klarmachen, was mit ihm passiert, wenn er sich nicht an die Abmachung hält«, sagte ich.
»Ist das weise?«, fragte Maya.
»Es ist mir scheißegal, was es ist. Es wird einfach geschehen.«
Niemand sagte etwas, bis Truktock sich räusperte.
»Iason, du bist nicht du selbst. Vielleicht sollte jemand anderes ...«
Ich unterbrach ihn barsch. »Falsch. Dies ist, was ich bin. Dies ist der Iason, dem es reicht, der Spielball fremder Mächte zu sein. Aristea und ich werden Ordnung in einige Dinge bringen. Nach unserer Rückkehr werden wir die Nefilim und die Terraner unter Geran befreien. Ich will einen Platz, an den ich gehöre. Einen Ort, an den jeder kommen kann, der so verloren ist, wie wir.«
»Du meinst die Erde?«, fragte Maya überrascht.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Diese endlose Flucht muss bloß endlich aufhören.«
Truktock rieb sich das Kinn. »Mit dieser Idee stehst du nicht allein. Es scheint, ich sollte dich mit jemandem bekannt machen, der
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