Nehmen Sie doch Gift darauf!
und ich habe solche Angst, Johnny !«
»Und außerdem bist du
übergeschnappt«, erwiderte er kurz angebunden und legte einfach auf.
Ich rief ihn sofort noch einmal
an, und sobald er den Hörer abgenommen hatte, fuhr ich fort, als ob überhaupt
nichts gewesen wäre, was ich ziemlich großzügig von mir fand.
»Johnny !« sagte ich erregt. »Du mußt mir zuhören! Der Stamm leitet einen Spionagering,
der diesen Klub als Aushängeschild benutzt. Nur weiß er jetzt, daß ich Bescheid
weiß, und ich weiß, was mir passiert, wenn er erst weiß, wo ich bin .«
»Du hast tatsächlich nicht alle
Tassen im Schrank«, sagte er ungerührt und legte wieder auf.
Also wirklich! Ich fühlte mich
den Tränen nahe. Da stand ich im Begriff, ermordet zu werden, und mein
nichtswürdiger Partner wußte auf mein Hilfeflehen keine bessere Antwort als
aufzulegen. Dieses Verhalten reichte aus, mich ernsthaft erwägen zu lassen, ob
ich nicht unsere Partnerschaft lösen und meine Fähigkeiten dort einsetzen
sollte, wo man sie zu würdigen wußte, wie etwa in Washington. Aber dann wurde
mir klar, daß sich dazu wohl keine Möglichkeit mehr ergeben würde, denn ich
hörte Schritte auf der Treppe. Im nächsten Augenblick kauerte ich auf allen
vieren unter dem Schreibtisch.
Die Schritte wurden lauter und
lauter. Zwei Beine, vom Knie abwärts, traten in mein Blickfeld, und meine
letzten Hoffnungen wurden zunichte. Immerhin hatte noch die schwache
Möglichkeit bestanden, daß Sadie zurückgekehrt war, aber die Hosenbeine
verrieten mir, daß ihr Träger niemals eine Frau sein konnte. Also war der Stamm
gekommen, mich zu holen, und nichts konnte ihn daran hindern! Ich verfolgte mit
masochistischer Faszination, wie die Beine näher und näher kamen, bis sie genau
neben dem Schreibtisch stehenblieben. So dicht bei mir, daß ich mich mühelos
hätte Vorbeugen und in eine Wade beißen können.
»Mavis !« schnarrte eine verblüffte Stimme. »Wozu spielst du denn da unten Versteck,
statt hervorzukommen ?«
»Casey«, schrie ich hingerissen
und kroch unter dem Schreibtisch hervor an ihm hoch, bis ich die Arme um seinen
Hals werfen und ihn küssen konnte.
»Laß das !« fauchte der Flegel, wand sich aus meiner Umklammerung und stieß mich zurück,
als hätte ich eine ansteckende Krankheit.
»Ich fürchtete, dir sei etwas
Schreckliches zugestoßen«, sagte ich eisig. »Vielleicht wäre dir das sogar gar
nicht schlecht bekommen. Ich habe dich überall wie eine Stecknadel gesucht.
Zuletzt bekam ich es schon mit der Angst, du könntest womöglich umgebracht
worden sein. Und wenn ich jetzt meiner Erleichterung Ausdruck gebe, dich
wohlbehalten vor mir zu sehen, stößt du mich weg wie eine leere
Zigarettenschachtel !«
»So?« Er musterte mich einen
Augenblick düster, aber dann legten sich seine Augenwinkel in Fältchen, und
sein attraktiv- häßliches Gesicht war wieder sehr
sympathisch. »Entschuldige, Mavis. Ich war wohl wirklich nicht sehr galant!
Aber ich habe nichts erreicht und bin nicht gerade in Jubelstimmung .«
»Nichts erreicht ?« wiederholte ich fragend.
»Ich kann die Leiche nicht
finden«, knurrte er. »Ich habe im ganzen Klub alle möglichen und unmöglichen
Schlupfwinkel abgesucht, aber vergeblich. Es gibt nur eine Erklärung: Der
Mörder war ungeheuer flink und hatte die Leiche schon aus dem Haus geschafft,
als ich zu suchen anfing. Möglicherweise werden wir sie überhaupt nicht mehr
finden. Und um einen Mord zu beweisen, braucht man nun mal eine Leiche .«
»Mein Gott!« Ich blickte ihn
mitfühlend an. »Das ist aber wirklich hart, Casey .«
»Ja, leider.« Er zuckte die
Achseln. »Aber was hilft’s? Ich kann nichts weiter tun, als mein Glück weiter
zu versuchen. Schönen Dank jedenfalls, daß du mir Stenner vom Leibe gehalten
hast .«
»Die Schwierigkeit ist nur«,
schluckte ich, »daß ich ihn jetzt selber auf dem Hals habe !«
»Wie?«
Ich berichtete ihm, was sich in
Adlers Büro abgespielt hatte, und wie mir schließlich klargeworden war, daß
Stenner versuchte, Casey den Mord in die Schuhe zu schieben, woraufhin ich ihn
prompt als den Stamm angesprochen hatte, und nur das Erscheinen Marcus Adlers
mich in letzter Minute gerettet hatte. »Ach, und noch etwas«, fügte ich hinzu.
»Ich habe Marcus zugesagt, daß wir in der letzten Show auftreten würden .«
»Fabelhaft!« Casey kniff die
Augen zu und preßte die Finger gegen die geschlossenen Lider. »Na ja, im
Augenblick bleibt uns wohl keine Wahl .«
»Aber wir
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