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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Arbo ist sogar ein sehr wohltätiger Mann und schweigt darüber edelmütig.«
    Alyss merkte auf. Hedwigis sah viel zu siegesbewusst aus. Sie hätte ihr gerne den Mund verboten und sandte einen hilfesuchenden Blick an ihre Mutter, die neben ihr saß, aber schon war es zu spät.
    »Dann berichte du darüber, Kind«, bat Ivo vom Spiegel.
    »Nun, wie ich hörte, hat er vor wenigen Wochen einem auf den Tod kranken Mann das Leben gerettet. Einem Nordmann, dem eine Hand fehlte und dessen Wunde bereits schwärte.«
    In dem Schweigen, das sich im Raum ausbreitete, hätte man eine Sperlingsfeder fallen hören können.
    Es dauerte und dauerte, und ein jeder schien die Fäden zu verknüpfen, die sich aus dieser Nachricht ergaben.
    John war der Erste, der sprach. Seine Stimme war rau, seine Augen hart.
    »Ihr habt einem entflohenen Mörder Obdach gegeben, Sir Arbo? Oder habt Ihr gar selbst jenem Yskalt zur Flucht aus dem Turm verholfen?«
    Leocadie schrie auf.
    »Ritter, habt Ihr kein Hirn im Kopf?«, fragte auch Ivo vom Spiegel nach.
    Arbo von Bachen stand auf und straffte die Schultern.
    »Ich habe zu diesen Anschuldigungen nichts zu sagen!«
    »Nicht? Nun, dann verlasst augenblicklich mein Haus. Ich will Euch hier nicht wiedersehen, und meine Enkelin werdet Ihr ebenfalls nicht wiedertreffen.«
    Alyss starrte ihren Vater an. Er hatte ganz leise gesprochen, doch seine Worte schnitten wie Schwertklingen ins Fleisch.

    Ritter Arbo verließ wortlos den Raum, und Leocadie brach ebenso wortlos zusammen.
    Marian sprang auf und kümmerte sich mit seiner Mutter um sie, Alyss aber wandte sich an ihren Vater.
    »Musstet Ihr so hart sein, Herr Vater?«
    »Ja, Tochter.«
    »Aber warum? Es könnte eine Erklärung geben.«
    »Dann hätte er sie uns nennen sollen.«
    »Das hätte er, Mistress Alyss. Denn ein Mann, dem eine Hand fehlt, sollte das Misstrauen eines jeden wecken. Zumindest in meinem Land ist es üblich, einem Dieb die Hand abzuschlagen.«
    Sie nickte. Es war nicht so sehr der Verdacht, dass Arbo von Bachem mit Roberts Mörder gemeinsame Sache gemacht hätte, es war die Gedankenlosigkeit seines Handelns und der störrische Stolz, der ihn daran hinderte, einen Fehler zuzugeben, der ihren Vater ergrimmt hatte.
    Dann wandte sie sich dem aufgeregt flatternden Hauswesen zu. Hedwigis war eine Kröte. Alyss fragte sich, woher sie ihr Wissen hatte. Und da sie einen Verdacht hegte, fragte sie sich wiederum, wie Merten zu diesem Wissen gekommen war.
    Aber zunächst galt es, das gesträubte Gefieder zu glätten und die kleine Schar sicher nach Hause zu geleiten.
    Das Fest war zu Ende, eine Hoffnung in Scherben zerbrochen.

18. Kapitel
    A m Montag hatte Alyss drei Kranke in ihrer Obhut: Magister Hermanus’ Zustand hatte sich derart verschlimmert, dass sie auf Marians Rat die Mittel eines Apothekers einsetzen wollte. Lauryn hatte nach den Aufregungen wieder heftige Kopfschmerzen bekommen und tapste halb von Sinnen durch das Haus, Leocadie hingegen rührte sich überhaupt nicht aus ihrem Bett. Sie hatte das Gesicht zur Wand gedreht und schien der Welt entsagen zu wollen. Hedwigis, der Alyss eindringlich und in deutlichen Worten die Leviten gelesen hatte, war zur Krankenpflege beordert worden und trabte missmutig mit Wasserschaff, Breischüsseln und heißen Getränken die Stiegen auf und ab.
    »Lauryn, ich glaube, deinem Kopf wird es besser gehen, wenn du dir etwas frischen Wind um die Nase wehen lässt«, schlug Alyss vor, als sie die verquollenen Augen des Mädchens musterte. »Begleite mich zu Frau Trine am Neuen Markt. Und wenn es bis dorthin nicht besser geworden ist, wird sie bestimmt ein Mittelchen dagegen finden.«
    »Ja, Frau Alyss.«
    Alyss nahm Rücksicht auf das angeschlagene Befinden der Jungfer, und langsam gingen sie durch die Straßen. Manchmal musste sie Lauryn beim Arm fassen, damit sie nicht einem beladenen Eselskarren vor die Räder lief oder einen Wasserträger anrempelte. Der Novembermorgen war kalt, Nebel hing im Rheintal, und die Menschen hatten sich in allerlei Tücher und Umhänge gehüllt, Gugeln und Mützen über die Köpfe
gezogen und die Hände mit Lumpen umwickelt. Rauch stieg aus den Schornsteinen auf, die Bettler hatten sich in windgeschützte Winkel verzogen und wärmten sich an Kohlebecken. Auch in den Klöstern hatte man warme Kleidung ausgegeben, und Kukullen aus rauem Stoff bedeckten die schwarzen Habite der Benediktiner, die braunen der Franziskaner und die weißen der Dominikaner. Reiche und Vornehme aber

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