Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz
zu tun, wohledle Frau. Gehabt Euch wohl!«
Weg war sie.
Als Alyss etwas später ihrer Naschsucht unterlag und sich ein paar Rosinen aus der Schale am Herd nehmen wollte, war diese leer. Die Käfer schienen gemundet zu haben.
»Einen Auftrag habt Ihr für mich, Mistress Alyss? Lasst hören!«
»Einen für Euch gewiss überaus erfreulichen Auftrag sogar, Master John.«
John war zum gemeinsamen abendlichen Essen wieder erschienen, und auch Magister Hermanus, zwar noch heiser, aber weiterhin im Besitz seiner Mandeln, hatte sich eingefunden
und sich ausgehungert über das Mahl hergemacht, ohne vorher einen langen Sermon zu beten.
»Ein seltenes Ereignis, Mistress Alyss, dass Ihr einmal einen angenehmen Auftrag für mich habt. Sollte ich Euch beim Verkosten des neuen Weins helfen?«
»Weit angenehmer noch. Denn Jung Kilian ist gesehen worden, und es ist an Euch, ihn herbeizuschaffen.«
»Und wie ich Euch kenne, haust er in einer Höhle mit jungen Löwen zusammen, und ich darf Euch beweisen, dass ich auch diese Katzen zu zähmen weiß?«
Malefiz war auf seinen Schoß gesprungen und beäugte begehrlich das Stück Schweinefleisch auf seinem Brot.
»Weit zartere Tierchen erwarten Euch, Master John. Der Lausebengel hat Obdach bei den Schwälbchen gefunden.«
Malefiz reckte seinen Hals und rieb seinen Kopf an Johns goldstoppeligem Kinn.
»Frau Alyss!«, krächzte Magister Hermanus. »Ihr könnt den ehrenwerten Master John doch nicht in diese Lasterhöhlen schicken?«
»Nicht? Oh, Magister Hermanus, da habt Ihr natürlich recht. Ich denke, er wird Euren moralischen Beistand benötigen. Geht doch gemeinsam zum Berlich.«
»Ja, Magister, das ist ein trefflicher Vorschlag. Wir werden gleich nach dem Essen aufbrechen, dann haben wir die ganze Nacht Zeit, dort nach dem kleinen good-for-naught zu suchen.«
Der Hauspfaff bekreuzigte sich, bekam aber nur ein unverständliches Gurgeln aus seinem Hals.
Malefiz drehte sich auf Johns Schoß um, zeigte Hermanus sein Hinterteil und hob den Schwanz.
»Ihr könntet mit den harlots beten«, schlug John süffisant vor.
»Während Ihr ihnen wieder Eure überwältigende Männlichkeit beweist.«
Frieder und Tilo unterdrückten ihr Kichern, Lauryn biss sich auf die Lippe, Hedwigis starrte John neugierig an, und Leocadie zerkrümelte ihr Brot. Von Hilda aber bekam Alyss einen strafenden Blick über den Kesselrand zugesandt. Sie tat ihn mit einem Schulterzucken ab und sagte: »Aber gleichgültig, wer von euch dort hingeht, bringt mir Kilian unversehrt zurück!«
»Wie Ihr befehlt, Mistress Alyss.«
Abgang Malefiz.
23. Kapitel
J ohn, so vermutete Alyss, hatte sicher sein Bestes gegeben, um den Jungen aufzustöbern, doch als er am nächsten Morgen, erneut nach Rosen duftend, in ihre Küche trat, hielt er nicht den reumütigen Ausreißer an der Hand. Und selbst wirkte er auch nicht besonders reuig.
»Er ist entwischt?«
»Die Liebe zur Musik, Mistress Alyss, scheint in seinem Alter noch größer zu sein als die Liebe zu den zärtlichen Buhlen. Er schloss sich einem Flötenspieler an, der die Schwälbchen und ihre Gäste zu unterhalten angeheuert worden war.«
»Sagt nur, ohne Schaden anzurichten?«
»Geringen nur. Ein pralles Kissen hat er aufgeschlitzt, wodurch ein Freier gefedert wurde.«
»Ach ja!«, meinte Alyss und zupfte eine flaumige Daunenfeder von Johns Schulter. »Der Ärmste!«
John grinste.
»Weiß man, wo der Spielmann zu finden ist?«
»Dort, wo die Fahrenden ihre Unterkunft haben, könnte ich mir denken.«
»Ihr wart noch nicht dort?« »Aber Mistress Alyss, ich habe eine lange, anstrengende Nacht hinter mir.«
»Natürlich, ich vergaß. Und nun ist Eure überwältigende Männlichkeit derart geschwächt, dass ein weiterer Gang zu den Quartieren an der Burgmauer zu beschwerlich wäre.«
»Genau wie Ihr sagt, Mistress Alyss. Darum habe ich Euren Bruder gebeten, diese Aufgabe zu übernehmen. Ich hingegen werde nun die restlichen mir verbliebenen Kräfte darauf richten, Eure Krone wiederzubeschaffen. Und ein, zwei Geschäfte zu tätigen, derentwegen ich eigentlich nach Köln gekommen bin. Wenn es genehm ist, suche ich Euch heute Abend wieder auf.«
Er drehte sich um und schritt, von Schwächlichkeit weit entfernt, aus dem Haus.
Alyss sah ihm nach und ärgerte sich.
Dieser Stachel saß tief.
Dammich!
Am frühen Nachmittag aber hatte sie ihren Ärger längst überwunden und stand mit Hilda, Frieder und Tilo am Rheinufer.
Der Himmel hatte zu weinen
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