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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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drohte. Der Katzenschwanz war gerettet, und als der Junge wieder fest auf den Beinen stand, sprudelte er hervor:
    »Frau Alyss, Frau Alyss, ich hab ihn gesehen! Diesmal hab ich ihn gesehen, und er ist es wirklich!«
    »Wo?«
    »Kilian ist in der Taverne im Hafen und dreht den Bratspieß.«
    »Es erübrigt sich wohl zu fragen, in welcher Taverne. Vermutlich jene, in der das Harfeliesje seine Künste ausübt.«

    »Äh – ja.«
    »Und warum hast du ihn dir nicht gegriffen und hergeschleppt?«
    »Ihr kennt doch den Teufelsbalg. Den müssen mehr als zwei Leute festhalten.«
    »Ja, das stimmt wohl.«
    Alyss rieb sich mit der Hand über die Stirn. Nicht nur hatte sie vor einigen Stunden ein außerordentlich aufwühlendes Erlebnis gehabt, sie hatte auch eine höchst unruhige Nacht hinter sich und fühlte sich inzwischen, als hätte sie einige Stunden in einem Butterfass verbracht, an dessen Kurbel ein trunksüchtiger Dämon gedreht hatte. Entsprechend langsam waren ihre Gedanken, und der erste und einzige, der ihr kommen wollte, wickelte sich wieder einmal um den Namen John of Lynne.
    Je nun, er war ein Mann für Tavernen.
    »Tilo?«
    »Ist im Kelterhaus, Frau Alyss«, antwortete ihr Hedwigis, die die Eier gesammelt hatte.
    »Hol ihn. Er soll zu seinen Eltern laufen und John bitten, zum Hafen zu kommen. Wie heißt die Schenke, Frieder?«
    »Zum Anker. Ist am Fischmarkt unten.«
    »Gut. Wir beide gehen schon einmal vor, Tilo soll mit John folgen, so schnell es geht.«
    Hedwigis stellte den Korb ab und ging zum Kelterhaus, Alyss wandte sich zur Küche, um Hilda von ihrem Vorhaben zu informieren.
    »Besser, Ihr wartet auf Peer, Frau Alyss.«
    »Der fährt Ware aus und kommt erst nach der Terz zurück. Das dauert mir zu lange.«

    Sie löste den Schleier, der ihre Haare bedeckte, und ordnete ihn so, dass er auch Kinn und Wangen bedeckte. Nicht jeder musste sie gleich erkennen, wenn sie sich in die Niederungen des Hafens begab. Am besten auch Kilian nicht.
    Dass sie sehr viel besser daran getan hätte, Nachricht an Aldenhoven zu schicken, fiel ihr, dank des zähen Flusses ihrer Gedanken, erst ein, als sie und Frieder die Taverne schon fast erreicht hatten.
    Bis zu sechs Stockwerke ragten die schmalen Häuser am Fischmarkt auf, weit kragte das erste Geschoss über die Eingänge vor. Hier wurden die Fässer mit Salz- und Stockfisch umgeschlagen, einer der einträglichsten Handelszweige Kölns. Packer, Tonnenschürger, Kranenknechte, Zinsmeister, Schiffer, Fischmengersche und Lastenträger belebten das Ufer und die engen Gassen zwischen Groß Sankt Martin und dem Pickelstörchen, dem Zolltor in der Hafenbefestigung, durch das die Ware gebracht werden musste. Es roch durchdringend nach Fisch.
    Nicht immer dem frischesten.
    Die Schenke war nicht zu übersehen, jetzt um die Mittagszeit zog sie die hart arbeitenden Männer und Frauen an, die seit dem Morgengrauen ihren Aufgaben nachgingen.
    Frieder bahnte Alyss den Weg und stieß die Tür für sie auf. Tageslicht drang nur durch zwei kleine Fenster in den Raum, den hinteren Bereich erhellten ein Kaminfeuer und einige rußende Pechfackeln. Auch hier roch es nach Fisch, nach Schweiß, nach fauligem Stroh und verschüttetem Bier. Die Gäste drängten sich um den Kessel, aus dem der Wirt schöpfkellenweise eine dicke Suppe in die zugereichten Näpfe klatschte. Wer einen Platz auf einer der klebrigen
Bänke ergattern konnte, setzte sich, die meisten aber löffelten im Stehen ihr Essen in sich hinein. Von Kilian war keine Spur zu sehen.
    »Wo ist der Bengel?«, zischte Alyss Frieder an.
    »Hinten, in der Küche, wo sie den großen Bratspieß haben. Wir müssen uns irgendwie hier durchdrängen.«
    Doch das erwies sich als weit schwieriger als gedacht. Und gleich darauf verlor Alyss ihren Begleiter aus den Augen, denn ein riesiger Arbeiter hatte sein Mahl beendet und hielt nach Belustigung Ausschau. Sein Arm, mächtig wie ein Schweineschinken, legte sich um Alyss’ Mitte, und mit der anderen Hand zupfte er ihr an dem Schleier.
    »Was versteckst du dein Lärvchen, Kleine? Nicht so schüchtern! Lass dich anschauen, ob’s einen Silberling wert ist!«
    Seine Haare waren verfilzt, sein Kittel starrte vor Dreck, aber bedauerlicherweise sah er sehr stark und gesund aus. Alyss versuchte es mit Güte.
    »Lass mich los, Freund. Ich bin nicht zu haben.«
    Der Druck um ihre Hüfte verstärkte sich.
    »Für den Tünn ist hier jede zu haben, Liebschen. Ich mach’s dir gut. Versprochen.«
    »Das glaub

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