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Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues

Titel: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Ironside
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alles: Ich selbst stelle für sie ebenfalls keine Bedrohung mehr dar. W enn ich aber keine A ngst vor dir habe und du keine vor mir, dann entsteht ganz automatisch eine A tmosphäre voller Freundlichkeit und Selbstvertrauen– auf beiden Seiten. A ls ich jung war, hatte ich vor jedem A ngst, der älter war als ich. V ierzigjährige fand ich beängstigend. Jetzt sind sie für mich nichts weiter als große Kinder.
    Als ich jünger war, hatte ich auch jedes Mal einen Horror, wenn ich ins Krankenhaus musste– weil ich mich dort so machtlos fühlte. W ährend meines letzten Krankenhausaufenthalts habe ich aber endlich den Bogen rausgekriegt und mich bedeutend wohler gefühlt. A ls Erstes verbat ich mir, mit dem V ornamen angesprochen zu werden und bestand auf » Mrs. Ironside«. Die Schwestern hatten automatisch– wenn auch unfreiwillig– viel mehr Respekt vor mir.
    Und ich konnte gleich zwei Punktsiege landen: Eine Schwester, die so alt aussah wie meine Mutter (obwohl sie wahrscheinlich jünger war als ich), verlangte von mir, im Korridor immer mit Pantoffeln herumzulaufen. Ich lachte ihr ins Gesicht und entgegnete darauf: » Ich trage keine Pantoffeln!«
    Als sie nicht nachgeben wollte, wiederholte ich: » Sie haben mich wohl nicht verstanden, Schätzchen. Deshalb sage ich es noch mal: Ich trage keine Pantoffeln!«
    Und schon war Ruhe.
    Als Nächstes versuchten sie mich mitten im Sommer in ein paar fürchterlich dicke weiße Stützstrümpfe zu zwingen (angeblich um eine Embolie zu vermeiden). » Meine Lieben«, sagte ich würdevoll, » wenn ich wie ein Nebendarsteller im Bajazzo hätte aussehen wollen, dann hätte ich mein Gesicht weiß geschminkt und eine rote Nase mitgebracht. A ber für so einen Unsinn bin ich viel zu alt.« Die A rmen hatten natürlich keine A hnung, wovon ich redete, aber die Strümpfe wurden nicht mehr erwähnt.
    In der Öffentlichkeit sprechen
    Ich musste als Schülerin einmal in einem Schulkonzert das Gedicht Herbst von Shelley rezitieren und war schon W ochen vorher das reinste Nervenbündel. Meine Handflächen schwitzten, meine Knie schlackerten, mein Herz wummerte wie ein V orschlaghammer, und mir war speiübel. Mittlerweile ist jedoch das glatte Gegenteil der Fall– ich wage es kaum, das zuzugeben, aber wenn jemand fragt, wer bei einer Beerdigung die Trauerrede halten will, geht meine Hand als erste hoch. In Edinburgh stand ich sogar ganz allein für einen V ortrag auf der Bühne. W oher ich den Mut dazu nehme? Nun, zum einen macht es mir mittlerweile richtig viel Spaß, vor Publikum zu sprechen. A ber vor allem liegt es daran, dass ich inzwischen genug Erfahrung besitze. Schon in den Siebzigerjahren zwang mich die Redakteurin der Frauenzeitschrift, für die ich damals arbeitete, vor einem Frauenverein einen V ortrag zu halten. Und im Laufe der Zeit habe ich gelernt, dass es kein W eltuntergang ist, vor ein paar alten Damen, die nach zwei Minuten einnicken, einen V ortrag zu halten. Und nach mehreren Lesereisen weiß ich, dass ich selbst vor einem Publikum, das nur aus einer einzigen Person besteht (einer offensichtlich obdachlosen und ein wenig verwirrten Dame), meine Lesung halten kann. Und wenn es schlecht läuft und ich nur eine müde Handvoll A pplaus bekomme– wofür ich mich glücklich schätzen darf, denn ich habe nur allzu oft erleben müssen, dass es auch Leute gibt, die mitten in meinem V ortrag aufstehen und gehen–, dann ist auch das halb so schlimm. Ich fühle mich dann zwar immer noch erniedrigt und gedemütigt, aber ich sage mir: » Auch das geht vorbei.« Und weil ich alt genug bin, weiß ich, dass es auch tatsächlich so ist: A lles geht irgendwann einmal vorbei.
    Einem jungen Menschen von solchen Erfahrungen zu erzählen hat allerdings leider keinen Zweck. W oher soll er auch wissen, dass man recht hat? Und so muss die Jugend schmerzlich selbst lernen, was wir Oldies ihnen ganz schnell unter der Hand erzählen könnten: Erst wenn man älter ist, weiß man, dass nichts von Dauer ist, weder das Glück noch die Misere. Und dieses W issen macht einen ein ganzes Stück mutiger.
    Woher kommt der Mut?
    Warum wir mit dem A lter so mutig werden? Nun ja, wir fürchten den Tod nicht mehr so sehr wie früher. Das ist zumindest einer der möglichen Gründe. Er wird uns so und so irgendwann ereilen, und da ist es ratsam, sich– solange man das noch kann– auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Und das wiederum führt zu dem Schluss, dass uns nicht mehr viel Zeit bleibt. Mit

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