Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - Ironside, V: Nein! Ich geh nicht zum Seniorentreff! - The Virginia Monologues
erst kürzlich, als ich Terminal fünf nach einer Odyssee durch einen schlecht ausgeschilderten Kreisverkehr nach dem anderen endlich gefunden hatte und die Dame am A bfertigungsschalter » Hallo, wie geht es Ihnen?« zu mir sagte, bin ich einfach in Tränen ausgebrochen. Ich habe geheult wie ein Schlosshund. Man musste mich zu einer Bank führen, auf die ich niedersank und mich, den Kopf in den Händen, erst mal so richtig ausweinte. Und als man mich bei einer anderen Gelegenheit, in Gatwick, aufforderte, » mich selbst einzuchecken«, erlitt ich vor lauter Schreck prompt einen Nervenzusammenbruch.
» Ich kann nicht!«, jaulte ich, » ich bin zu alt. Ich verstehe das nicht!«
Glücklicherweise kam mir ein uniformierter Flughafenbeamter zu Hilfe, aber als ich mich herzlich bei ihm bedankte, ermahnte er mich mit ernster Miene: » Sie müssen sich daran gewöhnen. Das ist die Zukunft.«
Na, wenn das die Zukunft ist, dann war das meine letzte Flugreise, dachte ich.
Wie alle alten Menschen, bringe auch ich bei der Sicherheitskontrolle alles durcheinander. Gewöhnlich packe ich meine W asserflasche, mein Necessaire mit Nagelschere und kleinem Taschenmesser ins Handgepäck, und es wird prompt jedes Mal konfisziert. Ich versuche vor der Schleuse meinen Rock auszuziehen anstatt meine Schuhe, und einmal hatte ich doch tatsächlich schon fremde Schuhe und einen fremden Gürtel vom Laufband genommen und A nstalten gemacht, sie anzulegen, bevor man mich glücklicherweise noch davon abhielt.
Hotels
Wir Oldies haben gerne alles unter Kontrolle. Und das macht uns den A ufenthalt in Hotels so schwer. A ls ich jung war, konnte ich einfach einchecken, den Koffer aufs Bett werfen und dann sofort zum Strand abdüsen. Jetzt muss ich nach dem Frühstück erst mal eine Stunde lang das Zimmer aufräumen und etwas leichte Hausarbeit erledigen, bevor ich irgendwas unternehme. A m ersten Tag, nach der A nmeldung, räume ich erst mal den ganzen Hotel-Schnickschnack in eine Schublade: die Plastikmappe, die kleinen Kärtchen, auf denen » Bitte nicht rauchen« steht, und den unerwünschten elektrischen W ecker auf dem Nachtkästchen. Ich stelle die Stühle so um, wie ich es mag, packe aus (lege aber nichts in irgendwelche Schubladen, weil ich es sonst womöglich vergessen könnte), richte mir die Handtücher im Bad so zurecht, wie ich es bevorzuge, überprüfe, ob Heizung und Telefon funktionieren, und wenn es ein zweites Einzelbett im Zimmer gibt, reiße ich das Bettzeug herunter und türme es auf mein Bett, damit ich es nachts wärmer habe. Ich wasche jeden A bend vor dem Schlafengehen meine Tageswäsche und hänge sie zum Trocknen über die Duschvorhangstange. A ls mich letztes Mal eine Freundin in meinem Hotelzimmer besuchen kam, sagte sie, hier sehe es aus wie auf einem türkischen Bazar: Über allen Möbeln hingen und lagen Seidenstrumpfhosen, Badeanzüge, Slips, Sarongs und andere Feinwäsche.
Züge
Natürlich kann man schlau sein und den Zug nehmen. Das habe ich vor etwa einem Jahr tatsächlich einmal gemacht. Ich bin von London bis nach Moskau gereist– ausschließlich mit dem Zug. Ich sage nur eines: nie wieder. Der Zug ist heutzutage ein höchst bejammernswertes Transportmittel. In dem letzten, in dem ich saß, sagte der Schaffner doch tatsächlich mit strenger Stimme über den Lautsprecher durch: » Meine Damen und Herren, in diesem Zug befindet sich eine besondere V orrichtung für Ihre Füße. Sie heißt Fußboden.« W ährend ich normalerweise ziemlich tolerant bin, was das Benehmen anderer Leute betrifft, habe ich festgestellt, dass ich mich im Zug prompt in eine mieslaunige Griesetante verwandele. Muss dieser Kerl dort ausgerechnet im Ruhewagen sein Handy benutzen? Und ist der Sitz neben ihm wirklich besetzt, oder hat er seinen Koffer nur deshalb so hingestellt, damit er mehr Platz für sich hat? Züge haben so etwas an sich. Sie machen aus dem friedlichsten Zeitgenossen einen wutschäumenden Choleriker.
Fahrradtouren
Ich würde ja gerne mal eine Fahrradtour unternehmen, aber da mir mein Fahrradlehrer gesagt hat, mein Nacken sei in meinem A lter zu steif und ich könne mich nicht mehr weit genug umschauen, um ungefährdet Fahrrad fahren zu können, hänge ich Helm und gelbe Signalweste wohl doch besser wieder an den Nagel. Obwohl ich es natürlich, wenn ich mutig genug wäre, mit einem Dreirad (auch Trike genannt, um es von dem Spielgerät für Kinder zu unterscheiden) versuchen könnte. Ich sehe immer wieder alte
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