Nele im Zeltlager
fast vergessen, dass ich jeden Tag was eintragen will. Ich bin gleich damit fertig.« Sie nahm den Kugelschreiber, den sie an das Tagebuch geklemmt hatte, und begann eifrig aufzuschreiben, was heute alles passiert war.
… Ich mag das Zeltlager. Die Hexen und Magier sind sehr lustig und zum Glück überhaupt nicht gruselig. Nur Henry fehlt mir und mein süßer Sammy.
»Fertig!«, rief Nele und verstaute ihr Tagebuch wieder ganz tief unten in ihrem Rucksack. Nicht dass es jemand versehentlich in die Finger bekam. »… und ich probiere morgen mein geniales Schlauchboot aus. Falls du untergehst, Lukas. Gute Nacht!«
»Wuff«, antwortete Lucky leise im Schlaf. Von Tanne und Lukas bekam Nele keine Antwort mehr. Die beiden Freunde waren nämlich schon tief und fest eingeschlafen.
Nele gähnte. Plötzlich war auch sie hundemüde. Klaas und Ina sind echt nett, dachte sie. Mit Klaas würde es sicher noch richtig lustig werden. Der war voll der Quatschkopf. Wie es wohl Sammy und Otto ging? Wahrscheinlich hatten sie es sich in Sammys Hundekörbchen gemütlich gemacht. Tante Adelheid verwöhnte die beiden sicher total. »Morgen mache ich ein Foto von Lucky«, murmelte sie. Dann fielen ihr die Augen zu.
Keine Ahnung, wie lange Nele geschlafen hatte. Jedenfalls wachte sie von einem knatternden Ton auf. Im ersten Augenblick glaubte sie, dass Tanne schnarchte. Aber ihre Freundin schlief friedlich. Und auch Lukas machte keinen Mucks.
Alarmiert setzte sich Nele auf und versuchte herauszufinden, aus welcher Richtung das seltsame Geräusch kam. Sie hatte das Gefühl, dass es ständig näher kam. Ein hohles Pfeifen mischte sich darunter.
Graf Kuckuck!, schoss es Nele durch den Kopf. Aber sogleich wusste sie, dass das Unsinn war. Der Burggeist lebte viele Kilometer entfernt von hier und nervte heute Nacht nur ein paar Fledermäuse. Sehr unwahrscheinlich, dass er hier plötzlich auftauchte.
Neles nächster Gedanke war: Wildschweine! Sogleich begann ihr Herz heftig zu klopfen. Diese Tiere waren nicht ungefährlich, das hatte sie in der Schule gelernt. Besonders wenn sie hungrig waren, kam es vor, dass diese sich auf Futtersuche bis in die Vorgärten wagten und dort herumwühlten.
Nele überprüfte, ob Lukas den Reißverschluss vom Zelt bis oben zugezogen hatte. Dann lauschte sie weiter in die Nacht.
Die unheimlichen Töne ließen nicht nach, im Gegenteil. Sie wurden stetig lauter und vermengten sich mit dem Rauschen in ihrem Kopf. »Aufhören«, jammerte sie und presste ihre Handflächen fest gegen ihre heißen Ohren.
Was würde ein echter Abenteurer jetzt machen, fragte sie sich fieberhaft.
Jedenfalls nicht wie ein ängstliches Kaninchen herumhocken, schimpfte sie mit sich selber. Für einen Moment überlegte sie, Tanne und Lukas wach zu rütteln. Nein! Das war keine gute Idee. Tanne würde in ihrer Panik sicher das ganze Zeltlager wach brüllen und Lukas wurde immer voll stinkig, wenn man ihn mitten in der Nacht weckte.
Ich gehe einfach mal gucken, was da los ist, beschloss Nele. Ich bin doch kein Weichei. Wenn es Wildschweine sind, schreie ich einfach laut. Die haben bestimmt mehr Schiss vor mir als ich vor ihnen. Aber vielleicht sollte ich Lucky mitnehmen.
Sie zupfte den Pinscher vorsichtig an seinem linken Ohr. »Lucky. Aufwachen, Süßer«, flüsterte sie. Der Pinscher klappte verschlafen ein Auge auf.
»Lust auf einen kleinen Ausflug?«, fragte Nele. Der Pinscher knurrte sie verärgert an und verbarg seine Schnauze unter seinen Pfoten.
»Faultier«, sagte Nele verärgert. »Dann gehe ich eben alleine los. Mir doch egal.« Sie schlüpfte in ihren Kapuzenpullover und zog sich die Kapuze tief in die Stirn. Mit der Taschenlampe in der Hand krabbelte sie todesmutig ins Freie. Im letzten Moment steckte sie noch eine Tüte Juckpulver zu ihrer Verteidigung ein. Sicher war sicher.
Vor dem Zelt war es stockduster. Kein einziger Stern zeigte sich am Himmel. Und auch der Mond hatte anscheinend etwas Besseres vor. Nele stolperte über eine herumliegende Wasserflasche und kippte wie ein Sack nach vorne. »Autsch!« Ein spitzer Stein bohrte sich schmerzhaft in ihr Knie. Im Sturz war ihr die Taschenlampe aus der Hand gefallen. Vergeblich tastete sie den Boden nach ihr ab. Na super. So etwas durfte einem Abenteurer echt nicht passieren. Sie krabbelte auf allen vieren voran. Inzwischen nahm das Krächzen und Pfeifen immer weiter zu. Nele war sich plötzlich ganz sicher: Die gruseligen Töne kamen aus dem Eulenwald. Gleich dahinter
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