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Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Titel: Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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erreicht und tastete mit dem Fuß in den Bereich hinter dem Knick.
    »Hier geht es schräg weiter«, sagte er. »Ziemlich steil. Da sind Sprossen, aber der Scheiß hier ist glatt wie Schmierseife.«
    »Dann komm lieber zurück«, sagte Maria.
    »Das wird schon gehen«, murmelte Stefan. Ich konnte mich täuschen, aber ich hatte das Gefühl, dass seine Stimme schon nicht mehr ganz so selbstsicher klang wie zuvor. Dennoch kletterte er entschlossen weiter und war nach zwei oder drei Sekunden vollends verschwunden.
    »Mir gefällt das nicht«, sagte Maria besorgt. »Was, wenn er auch noch abstürzt?«
    Ellen streifte sie mit einem verächtlichen Blick, sagte aber nichts, sondern richtete sich auf und sah sich mit gerunzelter Stirn um. »Mich würde viel mehr interessieren, wo dieses verdammte Loch mit einem Male herkommt.«
    »Vielleicht ein alter Brunnenschacht?«, vermutete Ed.
    »Den jemand sorgsam zugemauert hat?« Ellen schnaubte verächtlich. »Und sieh dir mal den Rand an, Superhirn.«
    Ed schwenkte den Strahl seiner Taschenlampe gehorsam herum, und ich erkannte sofort, was Ellen gemeint hatte: Im Zentrum des grellweißen Lichtkreises war deutlich zu erkennen, warum Judith diese Falle vorhin so vollkommen übersehen hatte. Der Schacht war nicht nur mit drei Zentimeter dicken Brettern abgedeckt gewesen.
    Irgendjemand hatte sich die Mühe gemacht, schmale Scheiben aus dem Kopfsteinpflaster zu schneiden und die Schachtabdeckung damit zu pflastern. Ich verbesserte mich in Gedanken: Der Schacht war keine Fallgrube, sondern ein Geheimgang. Vielleicht irgendein uralter Fluchttunnel, der noch aus der Zeit stammte, als dieses Kloster als Raubritterburg gedient hatte.
    Ich sah mich nach Judith um. Sie hatte sich aufgesetzt und blickte mit schreckensbleichem Gesicht in unsere Richtung, aber sie wagte es aus verständlichen Gründen nicht, näher zu kommen.
    »Da hat sich aber jemand verdammte Mühe gegeben«, murmelte Ed.
    Ein Knirschen drang aus der Tiefe herauf, einen halben Atemzug später gefolgt von einem Schrei und etwas, was wie ein unterdrückter Fluch klang. Etwas Metallisches stürzte in den Schacht hinab, schlug klirrend ein paar Mal gegen die Wände und war schließlich verschwunden.
    »Stefan?«, rief Maria. Dann noch einmal und so laut, dass mir die Ohren klingelten: »Stefan!«
    »Alles in Ordnung! Es ist nichts passiert!« Stefans Stimme klang ganz und gar nicht nach alles in Ordnung, aber immerhin konnte er noch antworten. Wir hörten ein Rumoren und Schleifen aus der Tiefe, und nur einen Augenblick später erschienen Stefans Hände hinter dem Knick, um nach den rostigen Metallsprossen zu tasten.
    Fluchend und vor Anstrengung keuchend arbeitete sich der Hüne weiter in die Höhe und zog sich schließlich mit einem Klimmzug über den Rand des Schachtes.
    »Was ist passiert?«, fragte Maria erschrocken.
    »Eine der Sprossen«, antwortete Stefan kurzatmig. »Sie muss durchgerostet gewesen sein. Sie ist einfach weggebrochen.« Er schüttelte den Kopf. »Das hat keinen Sinn. Da unten ist es pechschwarz und der ganze Scheiß besteht nur aus Rost. Da runterzuklettern wäre Selbstmord.«
    »Sag ich doch«, sagte Ed triumphierend. Blödmann!
    »Aber ich glaube, ich habe etwas gehört«, fügte Stefan hinzu.
    »Von Thun?«
    »Keine Ahnung«, gestand Stefan. »Ich bin auch nicht sicher. Aber es könnte ein Stöhnen gewesen sein.«
    »Wenn er tatsächlich dort unten liegt, ist er garantiert schwer verletzt«, sagte Ellen. »Ein Mann in diesem Alter.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Alte Knochen brechen wie Glas, wisst ihr?«
    Ich ersparte es mir, ihr zu sagen, dass ich gehört hatte, wie etwas in von Thun zerbrach. Wenn er tatsächlich noch lebte, dann war das ein kleines Wunder. Aber ich hatte meine Zweifel, dass dieses Wunder noch allzu lange vorhalten würde.
    »Wenn ich ein Seil hätte — oder die entsprechende Ausrüstung …« Stefan klang eindeutig schuldbewusst.
    »Haben wir aber nicht«, sagte Ellen. »Und selbst wenn: Du würdest ihn wahrscheinlich umbringen, wenn du ihn an ein Seil bindest und nach oben ziehst.«
    »Dann suchen wir doch im Keller nach einem Eingang«, wandte Maria ein. »Irgendwo muss dieser Schacht doch hinführen. Da kommt man bestimmt auch auf einem anderen Weg hin.«
    »Prima Idee«, sagte Ellen, »im Dunkeln durch diese Ruine zu stolpern und nach einem Eingang zu einem verborgenen Keller zu suchen.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Das dauert viel zu lange.«
    »Gut«, sagte Ed. »Immerhin

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