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Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht

Titel: Nemesis 01 - Die Zeit vor Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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wissen wir jetzt, was wir alles nicht können. Hat Miss Brain zufällig auch eine Idee, was wir tun sollen?«
    Statt auf Eds hämischen Tonfall zu reagieren, richtete sich Ellen noch ein wenig weiter auf und sah sich mit gerunzelter Stirn um. Dann deutete sie in Richtung des Tores. »Carls Wagen.«
    »Was soll damit sein?« Ed blickte ebenso wie alle anderen in die Richtung, in die Ellens ausgestreckter Arm wies. Carls Nato-olivfarbener Friedenstaubenjeep stand noch immer dort, wo wir ausgestiegen waren.
    »Wenn sein Wagen hier ist, ist er vermutlich ebenfalls da«, sagte Ellen. »Suchen wir ihn. Vielleicht weiß er ja, wohin dieser Schacht führt.«
    »Eine wunderbare Idee«, spöttelte Ed. »Ich meine, es kann ja höchstens zwei oder drei Stunden dauern, bis wir ihn in dieser Bruchbude finden.« Er grunzte abfällig.
    »Schnappen wir uns den Wagen und fahren runter nach Crailsfelden. Vielleicht hat ja irgendjemand in diesem Kaff wenigstens ein Telefon, das funktioniert.«
    »Dafür brauchen wir Carl aber ebenfalls«, sagte Ellen.
    »Bevor du fragst: Ich habe zufällig gesehen, dass er den Schlüssel abgezogen und eingesteckt hat.«
    »Wer braucht denn einen Schlüssel?«, griente Ed. »Der Wagen, den ich nicht knacken kann, ist noch nicht gebaut.«
    Warum überraschte mich das nicht?
    Ellen anscheinend auch nicht, denn sie blickte Ed zwar verwirrt, aber keineswegs überrascht an. Sie dachte zwei, drei Sekunden lang angestrengt nach, und als sie schließlich nickte, wirkte sie nicht unbedingt überzeugt, sondern eher resigniert.
    »Also gut«, sagte sie. »Machen wir beides. Frank und du, ihr fahrt runter ins Dorf, und wir anderen suchen Carl.«
    Diesmal war ich es, der — wenn auch nur in Gedanken — die Frage stellte, wer zum Teufel Ellen eigentlich zum Anführer gemacht hatte. Irgendwie schien Ellen meine Gedanken auch zu erraten, denn sie warf mir einen kurzen, fast beschwörenden Blick zu, den ich erst nach einem Moment richtig deutete. Vielleicht war die Idee, Ed allein fahren zu lassen, nicht unbedingt die beste. Also gut … aber ausgerechnet Ed und ich?
    »Komm schon, Dicker!« Ed sprang mit einer übertrieben federnden Bewegung in die Höhe, verlor auf dem rutschigen Kopfsteinpflaster prompt die Balance und wäre um ein Haar kopfüber in den Schacht gestürzt, hätte Stefan nicht im letzten Moment zugegriffen und ihn am Schlafittchen gepackt.
    »Wenn ihr fertig seid mit Spielen, Jungs«, sagte Ellen, »können wir vielleicht weitermachen. Ich meine: Dort unten liegt möglicherweise ein Schwerverletzter, für den jede Sekunde zählt.«
    Ed spießte sie mit Blicken regelrecht auf, war aber klug genug, nichts zu sagen — zumal Stefans Pranke noch immer wie zufällig auf seiner Schulter lag —, sondern riss sich nur mit einem trotzigen Ruck los und stiefelte in Richtung des Landrovers davon.
    Ich folgte ihm nicht sofort, sondern ging die wenigen Schritte zu Judith zurück. Sie war noch immer so blass wie vorhin, und die Leere in ihrem Blick machte mir klar, dass sie von den Geschehnissen der letzten Minuten wahrscheinlich gar nichts mitbekommen hatte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich. Natürlich war nichts in Ordnung. Judith zitterte nach wie vor wie Espenlaub und ihr Gesicht war blutüberströmt und bot einen entsetzlichen Anblick. Vermutlich waren die Schrammen, die ihr die Fledermaus zugefügt hatte, nicht besonders schlimm. Aber Kopfverletzungen bluten immer stark, und ich hatte nicht vergessen, was von Thun über die Hinterlassenschaften der Fledermäuse erzählt hatte.
    »Ellen sollte sich das besser einmal ansehen«, sagte ich.
    »Nein!« Judith klang fast entsetzt. »Das … das ist nicht nötig. Wirklich.«
    Ich schluckte die Antwort, die mir auf der Zunge lag, herunter. Ellen würde sich die Verletzungen ansehen, dafür würde ich sorgen, aber nicht jetzt.
    Judith stand eindeutig noch unter Schock. »Ich fahre mit Ed runter ins Dorf«, sagte ich. »Wir müssen irgendwo Hilfe holen, aber ich schätze, dass wir schnell wieder zurück sind. Kann ich dich ein paar Minuten allein lassen?«
    »Kein Problem«, antwortete Judith. Sie versuchte zu lächeln, aber es geriet eher zu einer Grimasse.
    »Wirklich?«
    »Geh ruhig«, erwiderte Judith. »Ich komme schon klar.«
    Sie fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen.
    »Nur —«
    »Ja?«
    Wieder suchte Judith sekundenlang nach den richtigen Worten. Als sie schließlich sprach, wich ihr Blick meinen Augen aus. »Wer … warum hast du mich

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