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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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seziert wurden.
    Um die Versuche an Kindern in den Konzentrationslagern ... Und dann die Sache mit dem Lebensborn, mit den hundert verschleppten Kindern. Seht ihr den roten Faden denn nicht? Schließlich die Geschichte der Burg; sie war ein Müttererholungsheim und eine Schule. Es geht also immer weiter um Kinder.«
    »Vielleicht kann sie ja keine eigenen kriegen und ist deshalb ein wenig auf Kinder fixiert«, höhnte Carl, der für sich wieder die Zeit für einen möglichst unpassenden Spruch gekommen sah, der gleich noch denkbar weit unter die Gürtellinie ging.
    Die rothaarige Ärztin taxierte ihn kühl. »Der Wirt als Laienpsychologe. Man stößt in heruntergekommenen Dorfschenken am Arsch der Welt doch immer wieder auf Genies«, spottete sie und hielt ihm ein aufgeschlagenes Buch hin, in dem ein Textblock mit neongelbem Marker umrandet war. »Man muss nur ein bisschen blättern. Fast alle Textpassagen, die markiert sind, haben etwas mit Kindern zu tun. Vielleicht solltest du erwägen, dass du ein wenig zu sehr auf deinen sagenhaften Schatz fixiert bist. Hat das etwas damit zu tun, dass du nicht in der Lage bist, Geld zu scheißen?«
    »Du glaubst doch nicht ernsthaft, die hätten während des Krieges ganze Lastwagenladungen voller Kinder hierher verfrachtet, oder?« Carl rollte mit den Augen und erinnerte so ein bisschen an Stephen Kings »Es«. »Aber natürlich«, sagte er in ironischem Tonfall. »Sie haben sie wahrscheinlich in den Kellergewölben versteckt, und dort warten jetzt lauter kleine Superarier darauf, dass sich ihr Führer wie Phoenix aus der Asche erhebt und ein neues Zeitalter einläutet. Tolle Idee. Ich bin wirklich beeindruckt.«
    »Ich weiß nicht, was auf den Lastwagen war«, antwortete Ellen unbeirrt und wischte sich nervös eine Haarsträhne aus der Stirn, »aber Maria hat nach etwas im Zusammenhang mit Kindern gesucht, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Und weil Frau Doktor sicher ist, ist es die Wahrheit.
    Das kann ich nachvollziehen«, gab Carl spöttisch zurück.
    »Also mich überzeugt diese These mehr, als dein Gefasel von den Nazi-Schätzen.« Überrascht nahm ich zur Kenntnis, dass Judith sich auf Ellens Seite schlug, korrigierte mich dann aber dahingehend, dass ihre Aussage wohl weniger etwas damit zu tun hatte, dass sie für Ellen Partei ergriff, deren Unverschämtheiten ihr gegenüber eigentlich nur unwesentlich harmloser ausgefallen waren als Carls vulgäres Geschimpfe. Es lag eher daran, dass die Ärztin tatsächlich die überzeugendere Theorie vorgebracht hatte.
    »Wir müssen der Spur der Kinder folgen«, murmelte Ellen vor sich hin, ganz in ihre Gedanken vertieft. So, wie es schien, würde sie es zu meiner Befriedigung schaffen, Carl und sein Gerede völlig auszublenden. Ich beneidete sie um ihre Fähigkeit, Gespräche und Diskussionen gekonnt in die Richtung zu lenken, in der sie wollte, dass sie verliefen. Ich hingegen war großartig darin, mit dem, was ich sagte, nur zu oft das Gegenteil dessen zu erreichen, worauf ich abgezielt hatte.
    »Schauen wir uns doch lieber an, was es sonst noch so im Koffer gibt«, versuchte der Wirt es plötzlich wieder auf die ganz unterwürfige Art. Er war und blieb ein widerlicher Schleimer, der sich, wo auch immer er auf Widerstand stieß, in einen glitschigen Aal verwandelte.
    Ohne eine Antwort abzuwarten, begann er wieder damit, in Marias Kleidern herumzuwühlen, zog einen einzelnen, langen Nylonstrumpf aus dem Chaos und stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Das hätte ich unserer grauen Maus überhaupt nicht zugetraut«, säuselte er und zog den Strumpf mit einer obszönen Geste unter seiner dicken Nase entlang, an der noch immer verkrustetes Blut zwischen den aus den Nasenlöchern ragenden, schwarz-grauen Härchen klebte. »Auch noch parfümiert«, stellte er grinsend fest. »Ich wüsste ja zu gerne, was hier oben zwischen Ed und ihr gelaufen ist.«
    Judith machte einen Satz auf ihn zu, riss ihm mit einer energischen Bewegung den feinen Nylonstoff aus der Hand und warf ihn in den Koffer zurück. »Das reicht!«, fluchte sie. »Lass die Finger von ihren Sachen!«
    »Ach?«, machte der Wirt verächtlich. »Gibt es da vielleicht etwas, das ich nicht finden soll? Steckt ihr beide am Ende vielleicht sogar unter einer Decke?«
    »Es reicht, Carl.« Ich machte einen drohenden Schritt auf den Wirt zu und hoffte, dass er mir den Respekt, den ich allein vor seiner bulligen Statur hatte, nicht ansah, sondern dass ich ihn wenigstens ein kleines

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