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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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es mir passt.« Mit dem Ärmel des Hemdes fuhr er über den Kopf.
    »Ist doch ein guter Anfang, Maître. Sie wissen, dass sich Jan in unserem Gewahrsam befindet?«
    Das Gesicht des Mannes verfärbte sich. »Ich habe es geahnt. Er ist ein Versager durch und durch.«
    »Wir wissen auch vom Tempelraum.«
    Gleißner trat mit dem Fuß gegen ein Tischbein. »Erwischen lassen und dann die Schnauze nicht halten können.« Er beugte sich über den Tisch und blickte Habermehl zornig an. »Wagt es nicht, den Tempel zu entweihen, unwürdige Bastarde.« Seine Augen versprühten feurige Blitze.
    »Warum die Aufregung? Was ist so wichtig im Tempel, dass wir es nicht sehen dürfen?«
    »Der Raum ist heilig. Nur ich, der heri-seschta , und der Zugangsberechtigte dürfen den gesegneten Raum betreten.« Gleißners Stimme überschlug sich.
    »Sie würden nicht so einen Zinnober veranstalten, wenn es dort nicht etwas gäbe, was Sie vor uns geheim halten wollen«, sagte Habermehl.
    »Welche Gefühle stecken hinter Ihrem Zorn? Schmerz, Verzweiflung, Sehnsüchte?«, fragte Weinbrecht.
    »Reden Sie keinen psychologischen Schwachsinn. Damit kommen Sie bei mir nicht weiter. Ich bin der allwissende Meister, der Geheimnisträger, nicht irgendein Weichei.«
    »Das sehe ich ganz anders. Mein Kollege hat völlig recht.« Habermehl übernahm wieder das Wort. »Die anderen erledigen die Drecksarbeit, Sie bleiben im Hintergrund. Jan tötete auf Ihren Befehl, Sie versteckten sich hinter Ihrem Gott. Erbärmlich.«
    »Was wissen Sie von meinem Gottesglauben? Nichts.«
    »Genug, um behaupten zu können, dass Sie ein skrupelloser Schurke sind, der Handlanger ausbeutet und als Bauernopfer fallen lässt.« Das arrogante Getue und herablassende Gerede des Maître ging Habermehl langsam auf die Nerven. Jan Gleißner war ein willfähriges Instrument in seinen Händen. Auf sein Verlangen verübte er widerspruchslos grausame Taten, ohne aufzubegehren.
    »Sie wissen nicht, was Sie reden. Was immer Jan getan hat, war seine freie Entscheidung.«
    »Sie haben den Jungen manipuliert, ihm den ganzen religiösen Mist in sein Gehirn getrichtert, bis er es für wahr hielt.«
    Weinbrecht legte Habermehl eine Hand auf den Unterarm und drückte ihn leicht. Er verstand die Geste und beruhigte sich etwas.
    »Zwischenfrage, Herr Kommissar. Wie lange wollen Sie mich festhalten? Auf Jans Aussagen können Sie nichts geben. Der ist die personifizierte Zeitverschwendung und will nur seine Haut retten.«
    »Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Wir haben ein großes Herz für Verbrecher und gewähren Ihnen gern Unterschlupf. Der Haftbefehl dürfte jeden Moment eintreffen. Warum haben Sie Jans Mutter umgebracht?«
    »Hat er das behauptet?«
    »Wir fragen, Sie antworten. Ich warte.«
    »Bis Sie schwarz werden. Sie müssen mir ein Vergehen nachweisen, nicht ich meine Unschuld.« Erwin Gleißner lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Ich fasse kurz zusammen«, sagte Habermehl. »Sie haben mit den Morden der letzten Wochen nicht das Geringste zu tun. Für wie dämlich halten Sie uns?«
    »Für so dämlich, wie ihr seid.« Gleißner grinste die Kommissare hämisch an. »Noch ’ne Frage?«
    Es fiel Habermehl schwer, die Fassung zu bewahren. Am liebsten hätte er Gleißner über den Tisch gezogen, doch er riss sich zusammen. »Ist es das Blut der Opfer, das wir im Tempel nicht finden sollen? Das ist Ihre Angst, nicht wahr? Zusammen mit Ihren Fingerabdrücken ergäbe es eine erdrückende Beweislast. Anstiftung und Beihilfe zum Mord, Mord an Ihrer Schwiegertochter. Womöglich finden wir auch das Messer, mit dem Sie sie getötet haben. Das reicht für lebenslänglich.«
    Habermehl beobachtete Erwin Gleißner genau. Das Zucken seiner Augenlider verriet ihm, dass er den wunden Punkt getroffen hatte. Seine Selbstsicherheit schmolz wie Schnee in der Sonne. Der Maître hatte versäumt, die verräterischen Beweise zu vernichten.
    »Sie sollten nicht so viel trinken. Da geht einem schon mal etwas durch.«
     
    *
     
    Lukas schaltete die Mithöranlage aus. Der Schock saß tief. Oft hatte er mit Jan und anderen Freunden vor Gleißners Haus gespielt. Er erinnerte sich, dass Opa Erwin am Zaun des Vorgartens stand, ihnen beim Fußballspiel zusah und sie anfeuerte. Von dieser Erinnerung blieb nichts mehr, ausgelöscht durch den bösartigen und heimtückischen alten Mann.
    Er verließ den Nebenraum. Auf dem Gang traf er mit den Polizeibeamten zusammen, die Erwin Gleißner in seine

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