Nemti
seine Waffe abgelegt hatte, nahm ein weißes Putztuch und säuberte die Klinge gründlich, bevor er sie in das große Tuch wickelte und in den Köcher steckte.
Er zog den Einmal-Overall aus. Da er vorsichtig zu Werke gegangen war, hatte dieser kaum Blutspritzer abbekommen. Trotzdem zog er den Anzug beim Abstreifen auf links. Den blutverschmierten Lappen, mit dem er die Waffe abgeputzt hatte, wickelte er darin ein. Er wischte die Handschuhe, so gut es ging, an einem Lappen ab und legte den Overall zu einem Bündel zusammen. Dabei achtete er peinlich darauf, dass kein Blut an seine Kleidung gelangte.
Das Bündel unter dem Arm, Köcher und Kühlbox über die Schulter gehängt, ging er am Ackerrand entlang zurück zum Auto. Ohne eine Last auf dem Rücken bereitete ihm das Gehen wesentlich weniger Mühe.
Nach wenigen Metern drehte er sich ein letztes Mal zu seinem Opfer um und schnippte eine Zigarettenkippe weg, die auf dem Ackerboden landete. Die falsche Spur war gelegt. Anschließend zog er die Einmalhandschuhe aus und steckte sie in das Bündel.
Wenig später saß er entspannt in seinem Wagen. Er war sehr zufrieden und genoss seinen Erfolg. Doch er sollte besser von hier verschwinden. Zwar hatte niemand sein Tun bemerkt, da war er sicher, aber er durfte sein Glück nicht überstrapazieren. Für einen Außenstehenden war hier der Ort eines brutalen Verbrechens, was er natürlich völlig anders sah. Hier war eine Mission erfüllt, ein Ritual zelebriert worden. Er griff in das Ablagefach der Fahrertür und holte ein Paar Autofahrerhandschuhe hervor, die er sich überstreifte. Dann ließ er den Motor des Wagens aufheulen und legte den Sicherheitsgurt um. Er kurbelte das Seitenfenster hinunter und warf eine zweite Zigarettenkippe nach draußen.
Neferkarê drückte den Startknopf an seinem CD-Player. Seine Lieblings-CD war eingelegt, Dressed to Kill von Kiss. Er fühlte sich erleichtert, ja beschwingt, als der erste Titel aus der Lautsprecheranlage dröhnte. Wieder hatte er einen Teil seiner Aufgabe erfüllt. Das Einzige, was ihn störte, war ein leichter Schmerz in seinem rechten Bein.
Ihm kam in den Sinn, dass der Wagen der Joggerin noch auf dem Parkplatz am Laacher See stand. Er wischte den Gedanken weg, denn er brauchte sich um das Fahrzeug nicht zu kümmern. Sollte die Polizei es ruhig finden. Er hatte den Fiesta nicht angerührt und keine Spuren hinterlassen.
Wieder schien ihm die Natur helfen zu wollen. Hatte sich vorhin die Dämmerung wie ein Leichentuch über die Landschaft gelegt und ihn bei seinem Tun vor allen Augen verborgen, begann es nun zu regnen. Und der Regen würde die Spuren unwiederbringlich wegspülen.
Als er kurze Zeit später den Scheibenwischer in den Schnellgang schaltete, weil ein unglaublich heftiger Regenschauer niederprasselte, glaubte er die Elemente auf seiner Seite zu wissen. Zufrieden lächelnd und mit der Gewissheit, gute Arbeit geleistet zu haben, fuhr er auf Glees zu.
Leichenfundort: 7° 15‘ 45,62“ Ost, 50° 26‘ 6,62“ Nord.
Der Meister verabscheute Unpünktlichkeit und wartete bestimmt schon ungeduldig im Vorraum. Neferkarê schaffte es gerade noch, zur verabredeten Zeit anzukommen. Er legte die Waffen auf einem Tisch ab.
»Ist alles gut gelaufen«, sagte er, als er dem Meister die Kühlbox überreichte. Dieser trug bereits sein Zeremonialgewand. »Niemand hat gesehen, wie ich mich ihres Bluts bemächtigt habe.«
»Du hast eine Frau ausgewählt?«
»Ja. Die Gelegenheit war günstig.«
Der Meister nickte ihm wohlwollend zu. Er öffnete die Kühlbox und warf einen Blick in den Behälter. »Es ist mehr als beim ersten Mal. Gute Arbeit.«
»Euer Lob ehrt mich, Maître.« Neferkarê verneigte sich.
»Ich werde die letzten Vorbereitungen treffen. In zwanzig Minuten erwarte ich dich im Tempel. Reinige dich, du siehst schlimm aus. Die Kleidung solltest du später verbrennen.«
»Aber ich war vorsichtig.«
»Habe ich dich nicht gelehrt, meinen Anweisungen widerspruchslos zu folgen?« Die Stimme des Meisters klang drohend.
»Bitte verzeiht mir. Ich reinige mich.« Wieder beugte er den Rücken. »Erlaubt Ihr mir eine Frage, Maître?«
Der Meister, bereits auf dem Weg zur Tür, wandte sich um. »Nur eine. Die Zeit drängt. Die Waffen säubern wir später.«
»Glaubt Ihr, Seth ist zufrieden?«
»Das kann ich nicht beantworten. Das weiß nur er.« Die Tür fiel hinter dem Meister ins Schloss.
Neferkarê zog eilig seine Kleidung aus und stellte sich unter die
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