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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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seinem Wagen. Er fieberte dem Tag entgegen, an dem das letzte Opfer sein Blut für den Glorreichen geben würde.
    Im Auto öffnete er das Handschuhfach und holte das Schild der Landesforsten heraus. Er klemmte es von innen an die Windschutzscheibe.
    Das Problem, ein Opfer aufzutreiben, hielt er für gelöst. Als Nächstes plante er eine Besichtigung des Opferplatzes. Vom Parkplatz hinunter steuerte er seinen Wagen auf einen Waldweg und umfuhr das Werksgelände. Als die letzten Gebäude im Rückspiegel verschwanden, atmete er auf. Er wechselte auf die andere Seite des Pönterbaches auf den Weg, der in das Gieferstal führte. Er achtete auf Markierungen, die den Weg als Wanderweg ausweisen würden, entdeckte aber keine. Umso besser.
    Neferkarê kurbelte das Seitenfenster hinunter. Ein Schwall frischer Luft wehte ins Wageninnere. Er sog sie tief in seine Lungen.
    Der Weg, der am nördlichen Berghang des schmalen Tals verlief, führte ihn immer tiefer in den Wald. Plötzlich vernahm er ein irritierendes Geräusch. Er bremste und schaltete den Motor aus. Motorsägen. Verdammt, im Wald wurde gearbeitet. Ausgerechnet dort, wo er das Opfer töten wollte. Er musste verschwinden, aber er brauchte auch Informationen. Mit Vorsicht wendete Neferkarê das Auto auf dem schmalen Weg. An der Einmündung des Giefersbaches in den Pönterbach versteckte er den Wagen hinter dichten Büschen. Keine Minute zu spät. Er war ausgestiegen und spazierte den Waldweg hinauf, als ihm ein Unimog entgegenkam. Die Männer grüßten kurz, dann waren sie vorbei.
    Der Waldweg führte stetig bergan. Einige Male blieb er stehen und lauschte. Mit jedem Schritt näherte er sich der Quelle der Arbeitsgeräusche. Nach einer Wegbiegung sah er die Waldarbeiter. Sie waren damit beschäftigt, entastete Baumstämme auf Maß zu sägen und am Wegrand aufzustapeln.
    Neferkarê sprach den Erstbesten an. »Hallo, das sind ja prächtige Stämme. Werden daraus Möbel gefertigt?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Werden alle Bäume abgesägt, die einen Farbfleck tragen?«
    »So ist es vorgesehen.«
    »Viel Arbeit. Da haben Sie ja noch wochenlang zu tun.«
    »Ach woher. Nicht mit unseren modernen Maschinen. Noch zwei, drei Tage, dann ist erst einmal Schluss. Warum fragen Sie?«
    »Rein interessehalber. Und das Holz bleibt hier einfach liegen?«
    Der Waldarbeiter nickte.
    »Das muss doch abgefahren werden, sonst verrottet es.«
    »Keine Sorge, es wird rechtzeitig abgeholt. Das dauert aber eine Weile. Solange kann es trocknen.«
    »Und die Baumstämme?« Neferkarê wies auf einige neben und quer über dem Weg liegende Stämme.
    »Die werden übermorgen ausgerückt. Aber jetzt muss ich weiterarbeiten.« Ohne ein weiteres Wort stieg der Arbeiter über Äste am Wegrand und ging in den Wald hinein. Dort startete er seine Motorsäge.
    Neferkarê spazierte fünfzig Meter weiter. An dieser Stelle musste er den Weg mit seinem Opfer verlassen und nach links in den Wald gehen. Von den Waldarbeitern abgesehen war ihm keine Menschenseele begegnet. Ein idealer Platz. Er hatte alle Informationen bekommen, die er benötigte. Die Arbeiten an dieser Stelle standen vor dem Abschluss. Danach war für längere Zeit Ruhe, bevor der Abtransport des Holzes begann. Die Zweifel, ob er seine bevorstehende Mission würde ordnungsgemäß ausführen können, verflüchtigten sich. Wenn der Mann recht hatte, davon ging er aus, musste alles gut gehen.
    Er hatte genug gesehen. Die Erkundigung der Örtlichkeiten war letztendlich zu seiner Zufriedenheit verlaufen. Er konnte dem Meister guten Gewissens melden, dass seiner vierten Mission keine Hindernisse im Weg standen. Er würde den Abzug der Arbeiter allerdings zuvor kontrollieren.

Freitag, 14. September 2001
     
     
     
    » T eufel auch. Warum meldet er sich nicht?« Seit einer geschlagenen Stunde versuchte Lukas, Jan zu erreichen. Ärgerlich trommelte er mit den Fingern auf der Schreibtischunterlage.
    Eine Option blieb ihm noch. Über die Auskunft bekam er die Telefonnummer des Sekretariats des Observatoriums heraus und wählte sie umgehend. Die freundliche Stimme einer jungen Frau blies seinen aufgestauten Ärger fort.
    »Ich hätte gern Herrn Gleißner gesprochen.«
    »Er hält sich in einem Nebengebäude auf. Einen Augenblick bitte, ich stelle Sie durch.«
    Die Verbindung kam schnell zustande.
    »Tut mir leid, Lukas«, sagte Jan entschuldigend, »aber ich hatte vergessen zu erwähnen, dass ich heute zwei außerplanmäßige Führungen leite. Schulklassen

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