Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
und Rhonan und Gideon ließen sich derweil vom Häuptling den besten Weg zum Gipfel beschreiben und erfuhren, dass immer noch ein Schneesturm tobte. Es war der Weiße Tod, wie ihn die Horkas nannten, der sie immer wieder heimsuchte und mindestens drei bis vier Tage andauerte. Das hieß, dass ein Aufbruch frühestens übermorgen in Betracht kam.
Gideon schüttelte fassungslos den Kopf. »Es ist unglaublich, aber ich könnte mich fast zu der Äußerung hinreißen lassen, dass wir tatsächlich Glück hatten, hier zu landen. Draußen hätten wir nie überlebt.«
»So ist es«, stimmte sein Begleiter zu, während er ein frisch gebrachtes Eistuch um sein Handgelenk knüpfte.
Nach Pferdemist stinkende Pfeifen machten jetzt die Runde, und die Horkas schienen immer mehr in Stimmung zu kommen. Kaum konnte man noch sein eigenes Wort verstehen. Irgendwann sprangen einige auf, schlichen in gebeugter Haltung um das Feuer herum und stießen dabei tiefe, kehlige Laute aus. Plötzlich blieben sie stehen, die Pfeife wurde herumgereicht, und Jäger sprangen mit Bocksprüngen über das Feuer. Funken stoben, und schnell stank es nach verbranntem Fell.
Gideon bat den Häuptling um eine Erklärung. Ihm wurde erläutert, dass das Feuer bei den Horkas natürlich eine besondere Bedeutung hatte. Es war für sie lebensnotwendiger als alles andere. Früher hatte man bei diesem Tanz ein Stammesmitglied den Flammen geopfert, um den Gott des Feuers gnädig zu stimmen. Aber diese veraltete und grausame Sitte hatte man längst abgelegt und war dazu übergegangen, stattdessen nur Angehörige anderer Rassen zu opfern. Heute wollte man dies allerdings auch nicht tun, da Beute wegen des anhaltend schlechten Wetters rar war. Der Feuergott würde sich gedulden müssen.
Der Prinz wurde gefragt, ob er nicht teilnehmen wolle, lehnte aber ab, wobei er eine Hand auf seine linke Seite legte und schmerzlich das Gesicht verzog. Der Häuptling wies auf Schulter und Hüfte und nickte ihm verstehend zu, wobei auch er eine schmerzvolle Grimasse zog. Zwischen den ehemaligen Feinden bestand bestes Einvernehmen, die Sprünge der offensichtlich von der Pfeife berauschten Jäger wurden immer gewagter.
Spät in der Nacht und, zu Gideons Verwunderung, ohne dass man Tote zu beklagen hatte, endete das Fest.
Gideon sah noch einmal nach Rhonans Wunden, legte einen kühlenden Verband um das Handgelenk und gähnte herzhaft. »Diese Nacht werde ich so gut wie lange nicht mehr schlafen: warm, satt und ohne Furcht! Weißt du, Rhonan, nicht nur der Kampf, sondern auch dein Verhalten als bescheidener Sieger haben dir heute zur Ehre gereicht. Das hast du großartig gemacht.«
»Schön, dass du zufrieden bist. Himmel, bin ich müde. Gute Nacht!« Er ließ sich schon bäuchlings auf die Felldecke fallen, seufzte noch einmal tief und schloss die Augen.
Die Prinzessin saß auf ihrer Decke, zupfte Haare aus dem Fell und sah ratlos drein. »Hast du mir gar nichts zu sagen, Rhonan?«, begann sie dann.
Seine Augen blieben geschlossen. »Nein, du sprichst ja nicht mehr mit mir.«
»Nicht, bevor du dich entschuldigst!«
»Ich merk es mir.«
Ihre Stimme wurde lauter. »Du musst dich nur entschuldigen!«
»Morgen.«
»Das ist unhöflich und grob! Warum bist du zu allen nett, nur zu mir nicht? Es war heute alles so grässlich, und jetzt quälst du mich auch noch. Womit habe ich das verdient? Erst lobst du mich, dann machst du dich über mich lustig ... vor diesen Wilden, ... und dann ...« Lautes Schniefen begleitete die Beschwerde.
Der Prinz seufzte erneut und öffnete wieder die Augen. »Redest du immer so viel, wenn du nicht reden willst?«
Da sie endlich seine Aufmerksamkeit hatte, wischte sie sich mit zitternder Hand eine Träne aus dem Gesicht und schluchzte: »Ich müsste gar nicht reden, wenn du dich entschuldigen würdest! Aber so kann ich nicht schlafen.«
»Also schön: Es tut mir leid!«
»Das sagst du jetzt nur so.«
Gideon musste sich umdrehen, damit keiner der beiden sein Grinsen sah. Wenn Rhonan darauf gehofft hatte, eine ungestörte Nacht zu haben, weil Caitlin beleidigt war, hatte er sich offensichtlich geirrt.
Die Stimme seines Begleiters klang auch leicht genervt, als er widersprach: »Nein, es ist mein voller Ernst. Ich hätte das nie sagen dürfen. Es tut mir ehrlich leid, und nun schlaf! Wir reden morgen weiter.«
»Ich nehme die Entschuldigung an.«
»Bin ich erleichtert! Gute Nacht, Prinzessin!«
»Rhonan?!«
Gideon biss in seine Faust, um ein
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