Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
geben. Kurz bevor wir ablegten, erreichten uns Boten. Uns blieb doch keine Wahl.«
Marga spürte, wie ihre Glieder sich verkrampften, und nickte. »Was haben sie Euch geboten? Mehr als das Überleben Eurer Kinder?«
Er wand sich, knetete die Hände und schlug die Augen nieder. Schweiß tropfte ihm von der bleichen Stirn. »Unser aller Überleben, Hauptmann! Wir sind nun einmal keine Kämpfer und können es uns nicht erlauben, uns gegen Camora zu stellen. Er ist zu mächtig, zu gewaltig seine Heere. Aber uns wurde versichert, dass Euch und Euren Männern nichts geschieht. Den Horden ist einzig an dem alten Mann gelegen. Ihr könnt unbehelligt weiterziehen. Das haben wir zur Bedingung gemacht!« Stolz hob er den Blick, schrumpfte aber sofort wieder zusammen, als er ihre Verachtung sah.
»Glückwunsch! Das habt Ihr gut gemacht, Herr Veiland! Ihr habt Camora einen Mann ausgeliefert, der von den Göttern dazu auserkoren ist, das Böse zu besiegen. Mit ihm stirbt jede Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Wenn alle Freien Reiche fallen und die Zukunft nur noch Dunkelheit verspricht, dann könnt Ihr sagen: Das ist auch mein Verdienst, denn ich habe dem Schwarzen Fürsten den Weisen der Berge verkauft!«
»Der alte Mann ist so wichtig?«
Margas Blick huschte unwillkürlich immer wieder zum Ufer. Sie musste aber unbedingt den Bootsführer umstimmen. »Er ist einer der drei Siegelerben der Prophezeiung. Was glaubt Ihr wohl, warum Camora Interesse an ihm hat? An Gelehrten liegt ihm nichts.«
Er war bei ihren Worten immer mehr in sich zusammengesunken, sah sie eine Weile an, straffte sich endlich und brüllte: »In die Riemen, Männer! Es wird nicht angelegt! Ihr habt es gehört: Es geht nicht um uns, sondern um die Zukunft aller! Rudert, was das Zeug hält! Schlagmann: Schlagzahl an die Grenze!«
Das rhythmische Hooooooh-haaah-hooooooh-Haaah wurde schneller, und ein Ruck schien durchs Boot zu gehen. Die Ruderer fielen in den Ruf des Schlagmanns ein, um sich anzufeuern.
»Könnten wir notfalls wenden?«, fragte Marga.
Er schien um Jahre gealtert und schüttelte den Kopf. »Die Fahrrinne ist zu schmal. Wir würden auf Grund laufen.«
Marga nickte nur und legte den Bogen an.
Meister Cato schwankte, grün von der Seefahrt, auf sie zu und ergriff ihren Arm. »Ergebt Euch! Ich beschwöre Euch! Diesen Kampf könnt Ihr nicht gewinnen.«
»Ergeben und Euch einfach so Camora ausliefern? Niemals! Geht nach hinten und bleibt in Deckung!«
»Aber ...« Weiter kam er nicht, denn die Hauptmännin schubste ihn beiseite, klemmte lockere Haarsträhnen hinter die Ohren, kniete sich ins Boot und beobachtete das Ufer.
Camoras Krieger begriffen schnell, dass der Plan nicht eingehalten werden würde, und die ersten Pfeile surrten vom linken Ufer herüber.
»Nur schießen, wenn ihr ein gutes Ziel habt!«, brüllte Marga und spannte den Bogen.
Herr Veiland kauerte im Bug und dirigierte seine Männer. Pfeile und Speere flogen auf das Boot zu. Nur vereinzelt wurde vom Boot aus zurückgeschossen. Die dichtstehenden Bäume boten guten Schutz. Brandpfeile bohrten sich in die Planken. Ruderer schrien auf und versuchten, sich möglichst klein zu machen. Das Boot begann zu schlingern.
»Rudert!«, brüllte Herr Veiland. »Für die Freiheit unserer Kinder, rudert!«
»Danid, Korve, helft ihnen! Wir treffen sowieso nicht!«, schrie Marga.
Ramon schöpfte schon Wasser, um ein Feuer am Heck zu löschen. Meister Cato unterstützte ihn nach Leibeskräften. Ein Mann schrie schmerzvoll auf, ein weiterer kippte stumm von der Bank. Der Pfeilschaft, der aus seiner Brust ragte, zerbrach dabei. Korve stieg über den Körper, stieß ihn sogar beiseite und nahm seinen Platz ein. Die Stimme des Schlagmanns wurde heiser, die Ruderer ächzten nur noch. Rauch legte sich über das Boot. Die Sicht wurde schlechter, das Atmen zur Qual.
»Können wir sie irgendwie abhängen?«, würgte Marga hervor. Der Qualm ließ sie husten und ihre Augen tränen.
»Wenn wir die Sandbank hinter uns haben!«, schrie der Bootsführer zurück. »Wir sind gleich da! Rudert, zum Henker! Rudert!«
Pfeile surrten, bohrten sich in Bänke oder Planken. Die Männer legten sich mit all ihrer Kraft in die Riemen. Korve stöhnte grauenerregend dabei, und Marga sah einen Pfeil aus seiner Schulter ragen.
»Schützen nach vorn«, befahl sie.
Korve stieß sich von der Bank hoch, brach den Pfeilschaft ab und schob sich durch die Reihe. Auf Margas besorgten Blick hin schüttelte er nur den
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