Neobooks - Dreck muss weg!
aber ein Plätzchen, nicht wahr?« Sie hielt Kalle das silberne Schälchen unter die Nase, so dass er gar nicht anders konnte, als zuzugreifen.
»Was hat Lisbeth Hayenga über ihre Tochter erzählt? Bitte versuchen Sie, sich ganz genau zu erinnern. Es ist sehr wichtig.« Schaumgebäckpartikel segelten durch die Luft, als Kalle sprach. Schuldbewusst wischte er über die polierte Oberfläche des Tischchens, und aus den Krümeln wurden helle Streifen.
Marga grinste.
»Nur, dass sie Petra hieß. Aber das wird Ihnen nichts nützen, denn sie lebt nicht mehr.« Käthe Brandt legte die Hände in den Schoß.
»Können Sie uns etwas über das Verhältnis von Frau Hayenga zu ihrer Tochter sagen?«
Die alte Dame zog die Mundwinkel nach unten, und Marga wurde nervös. Ob Käthe Brandt als Infoschalter wirklich etwas taugte? Sie schien keine Tratschtante zu sein.
Kalle räusperte sich. »Frau Brandt, ich oder besser gesagt wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen. Sie haben mir ja schon sachdienliche Hinweise gegeben, ohne die wir uns kein so deutliches Bild von Lisbeth Hayenga hätten machen können. Uns interessiert nun aber insbesondere die Tochter. Sie könnten im Besitz weiterer wichtiger Informationen sein.«
Marga senkte die Stimme. »Quasi wie eine verdeckte Ermittlerin, Sie verstehen?«
Käthe Brandts Augen wurden glasklar, ihre Löckchen wirkten wie elektrostatisch aufgeladen. »Selbstverständlich, junge Frau, ich bin ja nicht von gestern.« Sie griff sich an die Nasenwurzel und ließ ihren Gehirnkasten durchrattern.
Kalle zeigte Marga den erhobenen Daumen, während Käthe Brandt sich konzentrierte. »Petra. Petra. Lisbeth Hayenga hatte eine hässliche Kaiserschnittnarbe von Petras Geburt, die ihren Bauch entstellte.« Käthe Brandt schüttelte den Kopf. »Sie gab doch tatsächlich dem Kind die Schuld dafür. So ein Blödsinn. Danach hatte sie bei mir jegliche Sympathie verloren. Und sie sagte noch, ihre Tochter sei ein Flittchen.« Käthe Brandt bekam zwei rote Kreise auf den Wangen. »Entschuldigen Sie, aber das waren ihre Worte.«
Kalle reichte ihr die Hand. »Frau Brandt, Sie haben uns sehr geholfen.«
Marga hob die Brauen. Echt?
Petra steht an der Gardine, die fein säuberlich in Falten gelegt ist – reinweiß, blütenfrisch –, und blickt auf die Straße. Der schmale Rücken zittert, das kann Theda erkennen, aber ihr bleibt keine Wahl. Es ist nur das Beste für Petra. Und was sollen sonst die Leute denken. »Deine Mutter wird gleich hier sein.« Thedas Stimme ist belegt.
»Sie wird mich zwingen.« Petra dreht sich zu ihrer Tante um.
Hilf mir,
steht in ihren Augen.
Hilf mir.
Am liebsten würde Theda fortlaufen, aber ihre Füße in den schicken Schuhen sind wie einbetoniert. »Es ist das Beste so.« Theda spricht und schluckt, will nichts mehr davon hören. Das Motorengeräusch verstummt. Die Tür geht auf. Lisbeth hat zur Begrüßung ein paar saftige Ohrfeigen für ihre Tochter mitgebracht. »Du Lügnerin! Du Hure!«, zischt sie bei jedem Schlag. Theda wird heiß. Sie spürt den Kochlöffel der eigenen Mutter noch auf der Haut und schließt die Augen. Ihr Körper brennt, und überall ist Scham. Sie müssen still sein! Alle müssen still sein, und nichts wird passieren. Nichts ist passiert.
Marga und Kalle gingen hinunter ins Erdgeschoss.
»Na, so richtig weitergebracht hat uns das aber nicht.« Marga sprang die Stufen hinunter, Kalle hielt sich die kaputte Seite bei jedem Schritt. »Wir wissen jetzt, dass Lisbeth Hayenga kein gutes Verhältnis zu ihrer Tochter hatte.«
Marga verzog das Gesicht. »Damit ist sie nicht allein auf der Welt.«
Kalles Blick traf Marga unvorbereitet. Ach herrje! »Trotzdem bringt der Großteil der Bevölkerung seine Mutter nicht gleich um.« Hier war weder Zeit noch Ort für einen Seelenstriptease. Sie musste sich sowieso schon die ganze Zeit beherrschen, um kein Wort über Bodos üble Vorlieben und Jettes interne Ermittlungen zu verlieren. Jette hatte sie gebeten, Kalle nichts zu sagen. Sie wollte es beizeiten selbst tun. Toll. Und Marga hatte jetzt den Salat. Auf der einen Seite war sie natürlich zu loyal, um die Quasselstrippe vom Dienst zu spielen, auf der anderen Seite fand sie es Kalle gegenüber auch nicht besonders fair, den Mund zu halten. Abgesehen davon, dass sie fast daran erstickte, mit niemandem über den Fund aus Bodos Wohnung sprechen zu dürfen. Und Jette war immer noch mit der Sichtung des Filmmaterials in Beschlag genommen. Bodo. Hart, aber
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