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Neobooks - Dreck muss weg!

Neobooks - Dreck muss weg!

Titel: Neobooks - Dreck muss weg! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Richter , Alexandra Richter
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dienstlichen Mails angefangen, die immer privater und anzüglicher wurden. Thao hatte ihm unverblümt Avancen gemacht. Schließlich trafen sie sich ein paar Mal und landeten in einem Stundenhotel am Steindamm sogar im Bett. Das war nicht so schlecht, bis Thao auf einmal verlangte, er solle sie fesseln. Als Kalle sich weigerte, zog sie sich wortlos an und ging. Das wäre völlig in Ordnung gewesen. Die Wege trennten sich eben wieder. Aber nicht für Thao. Sie hatte ihr Gesicht verloren. Schnurstracks marschierte sie zur Weiberbeauftragten der Innenbehörde und behauptete, Kalle habe sie unsittlich berührt. Das musste Kalle Guntbert hoch anrechnen, er legte für ihn die Hand ins Feuer. Trotzdem blieb ein letzter Zweifel an ihm kleben. Vietnamesinnen konnten ihn seither kreuzweise; immer nett lächeln, aber hinten herum wetzten sie die Messer. Na ja, vielleicht tat er der Empfangsmieze unrecht, und sie war Chinesin.
    *
    Im Sektionssaal 1 der forensischen Pathologie roch es sauber und rein nach Meister Proper. Das einzige Klischee, das keins war.
    »Guten Tag, Dr. Anna Lekowski.« Anna Lekowski streckte Kalle die Hand entgegen, von der sie soeben den Latexhandschuh abgestreift hatte. »Den Doktortitel nenne ich nur vorsorglich, damit Sie nicht auf dumme Gedanken kommen.« Das berühmte Honigkuchenpferd könnte nicht schöner wiehern. Ihre Zähne standen ein bisschen zu weit nach vorne. Zwischen den oberen Schneidezähnen war eine kleine Lücke, durch die Luft zischelte. Anna war zierlich. Ein Sommersprossenmeer zierte Wangen und Nase. Irgendwie niedlich. Sie sah nicht wie eine Pathologin aus, eher wie ihre eigene studentische Hilfskraft. Offenbar freute sie sich des Lebens inmitten des Reichs der Toten, das sie sich als Arbeitsplatz ausgesucht hatte. Dr. Lekowski grinste. »Von meinen hundert Probetagen sind erst vierzehn rum. Noch kein Mal gekotzt.«
    Wollte Anna Lekowski damit andeuten, sie sei blutige – wie passend – Anfängerin?
    »Ich war bis vor kurzem in einem histologischen Labor tätig. Ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man es mit schnuckeligen Tumorzellen zu tun hat oder mit ganzen Leichen am Stück.«
    Für Kalle machte das nicht wirklich einen Unterschied.
    Pathologen waren alle crazy.
    »Sie müssen sich die Tote nicht anschauen, wenn Sie nicht möchten. Ich habe eine komplette Fotodokumentation angefertigt.«
    Glaubte sie, er sei aus Zucker? »Selbstverständlich muss ich mir ein persönliches Bild machen.« Kalle konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass Anna Lekowski ihm die Nummer:
Auf Stahl wachsen keine Haare, Baby!
nicht abnahm. Sie führte ihn zum Seziertisch und hob das Tuch hoch. Unvermittelt sprang Kalle der leuchtende lilafarbene Ton der Haare an, der ihm in der schummrigen Gartenlaube nicht aufgefallen war.
    »Festiger.«
    Ah ja. Seine Gedanken waren ihm also auf die Stirn geschrieben. Na wunderbar. Noch unwohler in seiner Haut als eben, betrachtete er das Gesicht, eingebettet in die Haare – als sollten die beim Versenden gegen das Zerbrechen der Ware schützen. Die Visage der Alten war ihm unsympathisch. Fette Daisy-Duck-Lippen hatte sie. Ekelhaft.
    »Aufgespritzt?«
    »Ja, Kollagen.«
    »Sonst irgendwelche Besonderheiten?« Jay hatte auch dicke Lippen. Die waren von Natur aus so. Sie war kreuzunglücklich darüber gewesen. Er hatte sie getröstet – vielleicht könne man Fett aus Lippen absaugen wie Bauchspeck – und sich dabei in Jay verliebt. Mann, war er bescheuert gewesen.
    »… und sehen Sie hier, die Narbe vom Nabel bis zum Schambein. Aus meiner Sicht ist das Körperverletzung. Heutzutage macht man einen Schnitt quer am Schamhaaransatz. Da ist später so gut wie nichts mehr zu sehen.«
    Was war los? Kalle starrte auf den Bauch. Knubbeliger Regenwurm. Puh, war ihm schlecht. Er hätte mal lieber auf Anna Lekowski hören sollen.
    »Kaffee?« Anna Lekowski strahlte, als ob sie von einer zu großen Batterie unter Strom gesetzt worden sei.
    Kalle schüttelte den Kopf. »Gerne einen Schluck Wasser.«
    Er folgte der Pathologin, deren Körper von dem schlabberigen Kittel komplett entstellt wurde. Sie trug zwei verschiedene Socken, einer war rot und der andere blauweiß geringelt. Die linke Sohle ihrer Latsche löste sich am Absatz auf. Kleine Korkpartikel rieselten auf die sonst peinlich sauberen Fliesen. Nachdem sich Anna aus der Teeküche am Ende des Flures einen Becher Kaffee geholt und Kalle ein Glas Wasser gereicht hatte, bat sie Kalle in ihr Büro. Verblüfft

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