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Neobooks - Dreck muss weg!

Neobooks - Dreck muss weg!

Titel: Neobooks - Dreck muss weg! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Richter , Alexandra Richter
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Pleiten, Pech und Pannen angetroffen?«
    Für einen Moment schloss Kalle die Augen und atmete tief ein und aus. Sein Schutzengel war ein dämlicher Idiot. Der war fristlos entlassen. »Okay, dann sieh zu, dass die Kollegen den geordneten Rückzug antreten und nicht noch mehr Geschirr zerschlagen, wenn ich bitten darf.« Kalle drehte sich um und ging zurück in die Eingangshalle. Frau Brandt schwang auf der gegenüberliegenden Fensterseite die Fernbedienung durch die Luft. Beneidenswert. Zwei alte Damen, beide auf Rollatoren gestützt, gesellten sich zu ihm.
    »Ich verstehe nicht, wieso die da draußen alles zerrupfen dürfen?«, wandte sich die Kleinere an Kalle.
    Bevor er antworten konnte, mischte sich die Hagere ein. »Lisbeth hat gesagt, das seien Wunderbäume.«
    »Meinen Sie Lisbeth Hayenga?«
    »Ja, die mein ich. Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«
    »Entschuldigen Sie, mein Name ist Bärwolff, von der Kripo Hamburg. Was hatte Frau Hayenga denn mit dem Gewächshaus zu tun?«
    »Nichts, wieso?«
    »Na, weil Sie doch eben erwähnten, Frau Hayenga habe von Wunderbäumen gesprochen.«
    »Dass das Wunderbäume seien, hat uns der Joris erzählt, nicht wahr, Elli. Die Lisbeth war dabei gewesen, weißt du noch? Die hat immer so getan, als wüsste sie über alles bestens Bescheid, dabei hat die nur ein gutes Gedächtnis gehabt.«
    Elli runzelte die Stirn, dann nickte sie. »Stimmt, Frida, das hat uns der Joris erzählt. So ’n richtig grünen Daumen hat der. Die Wunderbäume seien der letzte Schrei im Garten, hat der Joris gesagt. An alle möglichen Baumärkte von MAX BAHR bis OBI hat er die verkauft. Und IKEA .«
    Joris. Hans Dampf an allen Kassen. Baumärkte, geiles Märchen, wahrscheinlich auch noch wahr. Das musste Kalle anerkennen, auch wenn es ihm schwerfiel.
    »Lisbeth hatte keine Ahnung von Pflanzen.« Frida machte eine wegwerfende Handbewegung. »Bei der hätte doch nicht mal ein Kaktus überlebt. Das muss man erst mal schaffen, dass einem ein Kaktus eingeht.«
    »Gibt es sonst noch etwas, das Ihnen an Lisbeth Hayenga aufgefallen ist?«
    Elli und Frida sahen sich an. Die Frage schien ihnen Unbehagen zu bereiten.
    »Ach, wissen Sie, über Tote soll man ja nicht schlecht reden.« Elli zögerte, dann fuhr sie fort: »Lisbeth waren nur Äußerlichkeiten wichtig. Die meinte ja, sie könne noch mit den jungen Hüpfern konkurrieren. Ihre Röcke wurden jedes Jahr kürzer, und sie selbst wurde immer dürrer. Mit Gewalt in Größe 36 reinpassen wie die magersüchtigen Models von Karl Lagerfeld. Lisbeth konnte es nicht ertragen, 80 zu sein, das ist meine Meinung. Mir waren solche extrovertierten Menschen schon immer unangenehm. Ich habe in die Wiege gelegt bekommen: Bescheidenheit ist eine Zier, und über Geld spricht man nicht. Das ist gute alte hanseatische Tradition, oder, Frida?«
    Fridas Finger spielten an ihrer goldenen Halskette. »Wir haben alles im Krieg verloren.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie zog ein Stofftaschentuch aus dem Ärmel der blauen Kostümjacke und tupfte in ihrem Gesicht herum.
    Alles? Aus Kalles Sicht konnte alles nicht alles sein. Es kam eben immer auf die Perspektive an.
    »Ich kann nicht behaupten, Lisbeths Tod hätte mich besonders mitgenommen. Wenn Sie mich fragen …« Elli holte Luft. »… ich glaube, Lisbeth Hayenga war ein falscher Fuffziger. Eine Neureiche ohne Stil und Manieren war sie. Von solchen Leuten halten wir uns in unseren Kreisen fern.« Elli nickte und Frida nickte.
    Alles klar. Geld stank nicht, und es verdarb nur den Charakter, wenn man sowieso keinen besaß. Fuck! Kalle hatte die Nase gestrichen voll. Von alten toten Weibern sowieso.
    *
    Die Seniorenresidenz im Rücken ging Kalle an den tanzenden Glastürmen vorbei zur U-Bahn-Station St. Pauli. Frau Brandt hatte absolut recht: architektonische Phallussymbole. Kalle überlegte es sich anders, ließ die Türme links liegen und bog rechts auf die Helgoländer Allee ein. Er musste den Gurkensalat, der ihm aufgetischt worden war, erst mal sortieren. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war die Hundewiese, und über allem wachte der olle Bismarck. Die Rodelpisten waren verwaist. Der Schnee war bis auf ein paar unansehnlich graue Flächen geschmolzen. Kalle sah Elizas weinerliches Gesicht vor sich. Den blöden Scherz mit der Schaufensterpuppe würde sie ihm noch an seinem Sterbebett vorhalten. Er spuckte in die kahlen Büsche. Sein Selbstmitleid musste sich bis zum Feierabend gedulden. Also: Mit den

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