Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Gesicht. Nur langsam hob er seinen Blick und sah Leron’das aus seinen traurigen grünen Augen an.
»Wir werden uns wiedersehen«, versicherte der Elbe. »Das weiß ich, so gewiss wie ich weiß, dass morgen ein neuer Tag anbrechen wird. Reitet schnell, nutzt die Dunkelheit. Mögen die Drei mit euch sein.« Mit diesen Worten klopfte Leron’das Philip aufmunternd auf die Schulter und huschte dann über die Straße. Die Schatten der Büsche und Bäume nahmen ihn auf, und schon nach wenigen Augenblicken war er verschwunden. Philip starrte gedankenverloren auf die Stelle, an der er ihn zuletzt gesehen hatte.
»Tun wir, was er gesagt hat«, sagte Walter und drückte Philip die Zügel des Pferdes in die Hand. »Du nimmst das Pferd, denn ich glaube, dass ich auf dem Esel nicht halb so dämlich aussehe wie du.« Er grinste schief. Philip musterte misstrauisch den Gaul, grinste dann aber zurück.
Die Straße war leer zu dieser Tageszeit, denn der nächste Ort lag meilenweit entfernt und war vor Einbruch der Nacht nicht zu erreichen. Philip schwankte bedenklich im Sattel, als Walter den Esel zu einem leichten Trab bewegte und das Pferd ihm nacheilte.
Sie ritten, bis es völlig dunkel war, dann erst verließen sie die Straße und suchten Schutz in einem nahe gelegenen Wäldchen.
»Du kannst schlafen, ich halte Wache«, sagte Philip, als sie ihre Decken ausgerollt hatten.
Er hatte das Bedürfnis nach ein wenig Einsamkeit, um über alles nachdenken zu können.
Auf dem Rücken des Pferdes hatte er dafür wenig Zeit gehabt, aber nun regte sich sein schlechtes Gewissen, weil er sich so wortkarg von Leron’das verabschiedet hatte. Immer noch spürte er den Kloß im Hals, den ihm der Abschied beschert hatte, und das Gefühl, einen Freund verloren zu haben, ließ sich einfach nicht abschütteln. Jeden Abschied, den er in den letzten Wochen genommen hatte, war ein endgültiger gewesen. Was, wenn es auch dieses Mal so war? Er spürte, wie sich der Schmerz, aber auch all die glücklichen Erinnerungen in seiner Brust sammelten und zu etwas verschmolzen, was jede Faser seines Körpers ausfüllte. Dankbar dachte er an jede Stunde, die durch Leron’das bereichert worden war, und diesen Dank sandte er ihm nach. Wo immer er auch war, es hüllte sie die gleiche Nacht und sie standen auf dem gleichen Boden. Es gab wieder eine Verbindung zwischen den Elben und den Menschen. Eine Freundschaft, von der kaum einer wusste. Doch solange es sie gab, würde die Tür zwischen der Welt der Elben und der Welt der Menschen nicht vollständig zufallen können.
Zufrieden lehnte sich Philip an einen Baum und lauschte Walters Atem aus der Finsternis.
***
Leron’das stand mit geschlossenen Augen auf einem Hügel etwa vier Wegstunden südlich der Straße. Sein scharfer Blick nutzte ihm nichts, denn die Welt war in alles verschlingende Dunkelheit versunken, aber er konnte in die Ferne spüren und seinen Weg erkennen. Ganz unerwartet traf ihn ein warmer Schauer guter Wünsche. Er wusste, dass sie von Philip kamen.
Was für Kräfte steckten in diesem Jungen? Was für Fähigkeiten? Er war noch ein Kind! Fünfzehn Jahre alt, groß wie ein erwachsener Mann. Trug das Hemd der Albara’n, hatte das Tor von As’gard gesehen und war zurückgekehrt. Gerne hätte Leron’das Ala’na von ihm berichtet. Sie war alt und weise und hatte viel gesehen, vielleicht könnte sie ihm das alles erklären.
***
Ein Geräusch schreckte Philip auf, und er öffnete die Augen. Vor ihm stolzierte eine Krähe über den Waldboden. Ab und zu wühlte sie mit ihrem Schnabel in der Erde, aber ihr schwarzes Auge glitzerte tückisch. Philip sprang auf, und die Krähe flog davon.
»Ja, sieh zu, dass du weiterkommst«, knurrte er und rieb sich seinen verspannten Nacken. Der Tag zog bereits herauf. Er war bei seiner Wache eingeschlafen, er war wirklich ein wahrhaft wackerer Wachposten.
Von dem abendlichen Ritt spürte er sein Hinterteil schmerzen. Missmutig weckte er Walter.
»Frühstück schon fertig?«, grummelte der und richtete sich auf.
»Wir haben nichts«, brummte Philip zurück.
Walter grinste. »Nun lass nicht gleich den Kopf hängen. Wir erreichen bald eine Ortschaft, dort werden wir uns was kaufen. Ich hab noch ein wenig Geld, und wenn ich mich nicht täusche, dann müsste sich in deinem Gepäck auch eine Geldbörse befinden.«
»Die gehört Theophil«, sagte Philip knapp und rollte seine ungenutzte Decke ein.
»Aber Theophil ist tot, und er wollte, dass du sie
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