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Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)

Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)

Titel: Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hornung
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darüber beraten, wie wir weiter vorgehen können.«
    Die Erleichterung in Daris' Gesicht war so deutlich zu sehen, als hätte man sie ihm mit roter Farbe draufgemalt. Auch die Mienen der anderen entspannten sich und wurden freundlicher.
    »Lasst uns nun planen«, sagte Agnus und setzte sich. »Wer von euch hat die Aufsicht über das Kinderlager vor meiner Tür?«
    »Eure Frau, Herr«, sagte Ramus vom anderen Ende des Tisches leise. Agnus zog überrascht die Augenbrauen hoch. Er hatte fest damit gerechnet, dass einer dieser Männer die Aufgabe übernommen hatte, aber er kannte auch Amilana gut genug, um zu wissen, dass nur wenige der Anwesenden es wagen würden, ihr zu widersprechen. Auch wenn sie sich einig waren, dass dies keine Aufgabe für eine Frau war.
    Agnus sagte nichts weiter dazu, sondern rief einen Bediensteten, der seine Frau holen sollte.
    »Nun gut. Bis sie kommt, sprechen wir von den Viehsammelstellen.« Jetzt kam wieder Leben in die Männer. Sie waren in Agnus’ Abwesenheit nicht untätig gewesen und hatten sich in dieser schweren Lage zu helfen gewusst. Als sie gerade dabei waren, neue Verteidigungsstrategien auszuarbeiten, betrat Amilana den Raum. Ihre Schürze und ihre Haube hatte sie abgelegt. Das rote Kleid brachte ihre dunklen Haare schön zur Geltung.
    »Du hast mich rufen lassen«, sagte sie mit klarer Stimme. Agnus senkte den Blick, denn ihre Schönheit und ihr Stolz verwirrten ihn.
    »Die Männer berichteten mir, dass du die Aufsicht über die Kinder führst.« Er wählte seine Worte sorgfältig. Amilanas Augen blitzten.
    »Das stimmt«, sagte sie.
    »Nun, um die Frauen, die Kinder und das Vieh besser schützen zu können, muss ich wissen …«
    »Mit Verlaub«, unterbrach sie ihn und stellte sich an den Tisch. »Es ist richtig, dass unsere Kinder und das Vieh geschützt werden müssen, aber wir Frauen sind sehr wohl in der Lage, uns selbst zu verteidigen.« Sie sah einige der Männer in der Runde herausfordernd an, und der eine oder andere von ihnen senkte den Blick, wenn ihn ihre klaren Augen trafen. »Jede Frau dort draußen versorgt etwa zwanzig Kinder zwischen drei und dreizehn Jahren. Mütter mit Säuglingen betreuen in der Halle die Kinder unter drei Jahren und helfen abwechselnd bei der Versorgung der Verletzten.
    Alle anderen Frauen sind draußen bei den Männern und dem Vieh.« Agnus hörte jede einzelne Spitze in ihren Worten, doch er überging sie alle und fragte:
    »Wie viele Frauen und Kinder leben im Lager?«
    »Dreihundertsiebenundzwanzig Kinder, sechsundzwanzig Frauen, davon vier Wöchnerinnen und zurzeit dreizehn Verletzte, die nicht aufstehen können«, antwortete sie, ohne zu überlegen. Agnus bemühte sich, seine Kinnlade nicht runterklappen zu lassen. Offensichtlich hatte seine Frau den perfekten Überblick.
    »Wie viele Kinder können aufgenommen werden?«, fragte er.
    »Mehr als fünfhundert werden wir nicht unterbringen können. Vorhin kam wieder eine Gruppe von zehn Kindern an, zwei haben sie unterwegs verloren.« Sie sah Agnus verzweifelt an. »Wir brauchen für die Kinder eine Festung, die mindestens zwei Tagesritte weiter südlich steht. Und wir brauchen mehr Frauen, die mit einer Waffe umgehen können.« Ein aufgebrachtes Raunen ging durch den Saal, aber Amilana sprach unbeirrt weiter. »Hinten am Hang üben die Frauen und die größeren Kinder mit Pfeil und Bogen zu schießen …«
    »Das ist ungeheuerlich!«, fuhr ihr Lucius, der die ganze Zeit über mit grimmiger Miene auf seinem Stuhl saß, ins Wort.
    »Sei still Lucius!«, donnerte Agnus dazwischen. Zwar wollte auch er keinen Bogen in der Hand einer Frau wissen, aber er konnte es nicht ausstehen, wenn jemand seiner Frau das Wort abschnitt. Amilana lächelte ihn liebevoll an und sah dann entschlossen jedem Mann in der Runde in die Augen.
    »Wenn einer von euch glaubt, dass das hier Männersache ist, dann hat er sich geirrt. Wir alle müssen wehrhaft und stark sein. Das ist kein Kampf Mann gegen Mann. Es geht nicht um Ruhm und nicht um Ehre. Es geht um unser Land und um das Leben unserer Kinder. Der Feind kommt heimlich, wenn wir ihn nicht erwarten. Er lauert in den Hecken und im Dickicht der Sümpfe und er wartet nur darauf, ein wehrloses Opfer zu finden. Wer am Tag arbeitet, kann nachts nicht kämpfen, zumindest nicht auf Dauer. Eine Frau, die gelernt hat, ein Schwert oder einen Bogen zu führen, kann bei der Verteidigung ihres Hofes damit besser kämpfen als mit einer Bratpfanne oder einem Nudelholz.«

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