Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Party.«
»Zeit, daß wir uns auf den Weg machen«, sagte der Mann mit dem Regenmantel. Er stand auf und kämmte sich die Haare, während er an mir vorbeiging. »Sie sind wirklich ein Glückspilz heut abend, Lieutenant«, sagte er. »Ich hoffe, daß Sie aus dieser Erfahrung was lernen. Versuchen Sie nicht, auf eigene Faust in der Oberliga mitzumischen. Die Aussichten sind beschissen, glauben Sie mir. Die Risiken sind enorm groß, und Sie haben es mit einem Haufen Verrückter zu tun. Abgesehen davon kriegt man nur wenige solche Leckerbissen, wie Sie sie hier im Schlafzimmer liegen haben. Sie haben wirklich bewiesen, daß Sie cojones haben, aber das nächste Mal werden Bobby Joe und Erik sie Ihnen abschneiden.«
Dann verließen die drei das Haus durch die Vordertür und verschwanden in der Dunkelheit wie drei makabre Harlekine, denen plötzlich eingefallen war, mit ihren Baseballschlägern der Welt der Normalsterblichen einen Besuch abzustatten.
Drei Streifenwagen vom Zweiten Revier, ein Krankenwagen und ein Löschzug der Feuerwehr reagierten auf den Notruf der Nachbarn. Die rotierenden roten und blauen Lampen erleuchteten die Bäume und Häuser. Der Rasen und das Haus waren voll von Polizisten, Sanitätern, Feuerwehrleuten in gelben Schutzanzügen, Bier und Sangria trinkenden Nachbarn und zahllosen Leuten mit Schreibblöcken und piependen, rauschenden Funksprechgerätenin der Hand. Dabei hatte der Aufwand überhaupt keinen Sinn. Jeder einigermaßen ehrliche Polizist wird einem sagen, daß wir nur selten jemanden aufgrund unserer Untersuchungen oder Nachforschungen erwischen. Mit anderen Worten: Wenn wir sie nicht auf frischer Tat ertappen, kann man in der Regel davon ausgehen, daß wir sie überhaupt nie bekommen. Und wenn wir sie doch kriegen, dann oft genug nur durch irgendwelche Informanten oder weil sie über ihre eigenen Füße stolpern und wegen irgendwelcher dämlichen Kleinigkeiten auffallen, zum Beispiel durch Alkohol am Steuer, abgelaufene Nummernschilder oder eine Kneipenschlägerei. Es ist durchaus nicht so, daß wir schlau sind – die anderen sind einfach dumm.
Das ist auch der Grund, warum die Bundespolizei damals, Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre, so schlecht aussah, als es ihnen nicht gelang, eine Handvoll Studenten aus der Mittelschicht festzunehmen, die plötzlich auf der Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher standen. Statt sich mit leicht auszurechnenden Psychopathen wie Alvin Karpis oder Charles Arthur Floyd herumzuschlagen, sah sich das FBI plötzlich mit Literaturstudenten aus Brandeis und Wisconsin konfrontiert, die Forschungslabors in die Luft sprengten und Banken und Geldtransporter überfielen, um dann wieder im ruhigen Leben der Vorstädte unterzutauchen. Eine Zeitlang machten diese Amateure allen, die mit Verbrechen zu tun hatten, das Leben schwer.
Der letzte, der den Schauplatz verließ, war der Spezialist von der Spurensicherung, den ich angefordert hatte. Er bestäubte Türen, Schlaf- und Badezimmer, sah mich achselzuckend an und verließ wortlos das Haus. Damit wollte er mir sagen, was er von der fruchtlosen Arbeit hielt, die ich ihm gemacht hatte.
»Hat er was gefunden?« fragte Annie. Sie saß an dem großen Eßtisch im Speisezimmer und hielt ein großes Glas Whiskey in der Hand. Ihr Gesicht war bleich, und ihre Stimme und die Augen wirkten teilnahmslos.
»Wahrscheinlich waren alle Abdrücke verschmiert. Fingerabdrücke nützen uns normalerweise sowieso nicht viel, es sei denn, wir haben eine Leiche oder einen Verdächtigen. Selbst wenn wir einen ganzen Satz blutiger Abdrücke von allen Fingernhaben, müssen wir sie noch mit Zehntausenden anderen in unserer Kartei vergleichen, und das ist etwa so unterhaltsam, als ob man versucht, mit geschlossenen Augen einen Faden in eine Nähnadel zu fädeln. Darum hat unser Mann auch so glücklich ausgesehen, als er ging. Hören Sie, es tut mir leid, daß ich Ihnen all das eingebrockt habe. Ich war unvorsichtig heut abend. Ich hätte wissen müssen, woran ich mit diesen Burschen war, als ich sie aus dem Wagen steigen sah.«
»Es war nicht Ihr Fehler.« Ihre Stimme klang ausdruckslos, als käme sie von weither.
»Ich glaube, es wäre besser gewesen, wenn Sie im Krankenwagen in die Klinik gefahren wären. Eine Gehirnerschütterung ist manchmal schlimmer, als man meint.«
»Mit einer Gehirnerschütterung hat das überhaupt nichts zu tun.«
Ich betrachtete ihr blasses, erschöpftes Gesicht.
»Hören Sie, ich will nur
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