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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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beim zehnten Klingelton das Gespräch nicht annimmt, dann sollte man langsam kapieren, oder? Schließlich schickt sie mir eine SMS mit folgendem Inhalt: » ruf mich an du arsch ich lösche die fotos«. Verdammte Hysterikerin! Der ganze Tag läuft ziemlich beschissen, es klappt überhaupt nichts, ständig wird irgendwas verschoben und verlegt. Ich sag’s ja, nur Blutsauger um einen herum. Das ist jetzt schon meine zweite Kanne Tee. Weil ich sonst nichts zu tun habe, rufe ich die Telefonnummer an, die mir Wsjeslawskis Sekretärin geschickt hat: Irgendwelche Quatschköpfe, wie sich herausstellt. » Möchten Sie unser absolut exklusiver Berichterstatter werden?«, faselt mir ein Typ ins Ohr. » Wir veranstalten eine schwarze Messe, die größte, die Russland je gesehen hat. Wir suchen noch jemanden, der sich im Moskauer Nachtleben auskennt, haben Sie nicht Lust, mitzumachen?« Aha, und als was? Kompliziert irgendwie. Ich schreibe mir die Adresse auf und verabrede mich für morgen um drei. Aber ich bin jetzt schon sicher, dass das ein Flop wird. Schauen wir mal. Ein paarmal ruft Lena an und nervt ein bisschen, von wegen » Ich habe Sehnsucht nach dir« und » Wir sehen uns in letzter Zeit so selten« und so. Meine Güte, ich fasse es nicht: Der einen ist es zu wenig, der anderen ist es auch zu wenig. Ich kann mich ja schließlich nicht zerreißen. Nerv. Für mein Gefühl sehe ich die beiden viel zu oft. Wenn es ginge, würde ich am liebsten eine Weile unbezahlten Urlaub von den Mädels nehmen. Oder noch besser: meine Kündigung einreichen. Ich fürchte nur, sie würden ablehnen. Irgendwie finde ich den Umgang mit Frauen von diesem Format in letzter Zeit reichlich anstrengend. Vielleicht werde ich langsam alt? Außerdem habe ich es die ganze letzte Woche nicht ein einziges Mal geschafft, eine Partie Solitär zu Ende zu spielen. Was hat das wieder zu bedeuten? Ich denke an den gestrigen Tee mit Katja. Ich hätte Lust, sie jetzt anzurufen, wahnsinnige Lust. Bin ich möglicherweise verliebt? Sich zu verlieben wäre gar nicht schlecht, ich meine, sich richtig zu verlieben. Lange Telefongespräche, Spaziergänge bei Mondschein, Plaudereien beim Tee, sehnsüchtiges Warten an der Metrostation… Äh, Metrostation lieber nicht. Besser im Café. Oder man geht zusammen ins Kino, wenn sonst nichts geht. Wann war ich eigentlich das letzte Mal im Kino?
    Ich sitze ganz still da und lausche in mich hinein. Ich versuche zu verstehen, was sich in mir verändert hat. Irgendwo habe ich doch mal eine hübsche Formulierung dafür gelesen: Tief in meinem Inneren wurde etwas geboren oder so. Ich lausche aufmerksam: In mir wurde nichts geboren. Trotzdem fühle ich mich seltsam und unruhig. Und gleichzeitig ein wenig sentimental. Eigentlich wäre es richtig gut, sich in diese Katja zu verlieben. Wo sie wohl herkommt? Vielleicht ist sie ja bloß ein Kind unserer namenlosen Schlafbezirke? East-End-Boy meets West-End-Girl. O ja, sich richtig verlieben, mit richtiger Eifersucht und so… Apropos, woher hat Rita das neue Telefon? Ich glaube nicht an die Großzügigkeit ihres Arbeitgebers.
    Während diese finsteren Gedanken durch mein überfordertes Hirn rauschen, schreibe ich eine SMS an Katja: » Hallo)) Ich bin grad im Schatjor und denke an unsere Wasserpfeife gestern. Schlage vor, wir setzen das heute fort. Sehnsüchtig. Andrej:-))«.
    Bevor ich mir die nächste Zigarette angezündet habe, kommt schon die Antwort:
    » Wasserpfeife war suuuper! Heute kann ich nicht. Versuchen wirs morgen? :-D«
    » Mittagessen im Coffeemania, gegen zwei?«, schicke ich zurück.
    » Vielleicht :- Kann nicht mehr schreiben mein Pilates fängt an«, schreibt Katja.
    » Und was ist das?«, frage ich, aber ich bekomme keine Antwort mehr.
    Ich ruf zum fünften Mal Schitikow an, und– Wunder über Wunder!– er geht ran.
    » Hallo! Dmitri? Hallo, hier spricht Andrej Mirkin, es ist wegen der Fete. Ich versuche seit zwei Tagen, Sie zu erreichen. Können wir uns treffen?«
    » Mirkin?« Dann lange nichts. » Mirkin… Aaah ja! Guten Tag, jetzt weiß ich wieder! Wegen der Fete, genau. Ich wollte dich gerade anrufen. Komm gegen acht ins Shanti! Passt das?«
    » Ja, natürlich. Die CD hab ich dabei. Also um acht?«
    Ja! Am liebsten würde ich aufspringen und ein kleines Tänzchen aufs Parkett legen! Es klappt! Es klappt! Es klappt! Dreimal über die linke Schulter gespuckt. Und das ohne Solitär!
    » Wieso spuckst du? Bist du etwa abergläubisch?«, sagt Bucharow, der

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