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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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voller Wucht schleuderte er den Stein und traf Matradon an der Schläfe. Schwarzes Blut schoss aus der Wunde, und ein Brüllen erklang, das die Blätter von den umstehenden Bäumen riss. Nando sah noch, wie Bewegung in die anderen Nephilim kam und sie sich in die Nacht erhoben. Dann jagte eine rot flammende Wolke aus Zorn auf ihn zu.
    Nando breitete die Schwingen aus, im Zickzack raste er um die Bäume herum, doch Matradon war nicht weniger gewandt und setzte ihm in kraftvollen Sprüngen nach. Unzählige Pfeile schossen aus der Mähne des Mantikors. Sie verfehlten Nando nur knapp, schlugen krachend in den Stämmen der Bäume ein, verfärbten diese schwarz und entzündeten rote Flammen auf den Blättern. Fieberhaft dachte Nando an die Formeln, die er in den vergangenen Wochen gelernt hatte, dachte an alles, was Drengur, Morpheus und Antonio ihm beigebracht hatten, und wich wie in Trance den Pfeilen Matradons aus, deren Luftstrom er immer wieder auf der Haut spürte. Er wusste, dass die Piazzale Napoleone noch zu weit entfernt lag. Er musste den Mantikor aufhalten, irgendwie. Atemlos ballte er die Faust, warf sich im Flug auf den Rücken und streckte drei Finger seiner metallenen Hand in die Richtung seines Verfolgers.
    »Khor’ Rhastatum!«, rief er, spürte einen heftigen Rückstoß im Handgelenk und wurde durch die Luft geschleudert. Mit dem Rücken krachte er hart gegen einen Baum. Benommen kam er auf die Beine, ein Ziehen ging durch seine Brust, als er Atem holte, und die Kuppen seiner metallenen Finger waren von feinen Rußspuren überzogen. Nur wenige Schritte von ihm entfernt erhob sich zäher, gelber Nebel. Nando spürte sein Herz in der Brust, als er sich in die Luft erhob und über die Bäume hinweg, so schnell er konnte, auf sein Ziel zuflog. Ihm war der Zauber geglückt. Er hatte Matradon in einen Irrnebel geschickt, der ihn in sich gefangen halten würde, bis …
    Ein zorniges Brüllen wallte hinter ihm auf und fegte durch die Baumkronen wie ein Sturmwind. Nando fuhr herum, etwas brach durch die Äste, schon sah er die ledernen Schwingen des Mantikors. Lautlos fluchend ließ er sich fallen und landete im dichten Blätterdach eines Baumes. Matradon hatte seinen Zauber zerfetzt wie einen lächerlichen Scherz, und nun raste er wutschnaubend über den Park. Nando rührte sich nicht. Immer wieder hörte er, wie Matradon einen Nephilim fing, doch der Mantikor entfernte sich nie weit genug, als dass Nando unbemerkt aus seinem Versteck hätte fliehen können. Schließlich wurde der Flug Matradons ruhiger, die Nephilim schienen gefangen zu sein oder hatten ihr Ziel erreicht.
    Grollend flog Matradon dicht über Nando hinweg auf die Piazzale Napoleone zu. Nando spähte durch das Blätterdach seines Verstecks und erkannte die anderen Novizen. Viele trugen Striemen am Körper, einige hockten mit schmerzverzerrten Gesichtern und geschwollenen Adern am Boden. Auch Paolo hielt sich die Glieder, offensichtlich war er ebenfalls gefangen worden, denn seine Haut hatte sich vom Gift des Mantikors grün verfärbt. Ilja, Riccardo und die anderen aus der Gruppe, die sich hinter dem Monument versteckt hatten, waren Matradon entkommen und hielten farbige Fackeln in den Händen. Eine einzige war noch übrig. Sie brannte mitten auf dem Platz, Antonio stand neben ihr und schaute aufmerksam in Richtung des Parks. Doch davor, hochaufgerichtet und mit weiß flackernden Augen, schritt Matradon auf und ab.
    Nando biss sich auf die Lippe. Wenn er die Schwingen ausbreitete, würde der Mantikor es ebenso hören, als wenn er sich auf den Boden niederlassen und auf die Fackel zueilen würde. Angestrengt dachte er an das Eis, das einige Nephilim auf der Oberfläche des Sees gebildet hatten. Er wandte den Blick zum Mond, der wie ein guter Freund über der Piazzale Napoleone stand, und holte tief Atem. Mit klopfendem Herzen bog er die Zweige des Baumes beiseite und murmelte den Zauber. Kaum sichtbar bildete sich ein schmaler Kreis vor Nandos Augen, der wie eine Scholle aus Raureif über dem Baum hing. Schnell schwang er sich hinauf. Er dachte daran, wie hoch er sich über dem Boden befand, sah die schwankenden Bäume unter sich und fühlte den Wind in seinem Haar, als er daran dachte, dass er fallen könnte. Der Harnisch hatte ihm das Fliegen ermöglicht. Doch nun hingen seine Schwingen erneut reglos von seinem Rücken. Sie würden ihm keine Hilfe sein. Dumpf klangen die Schritte Matradons zu ihm herauf. Er hielt den Park fest im Blick, das

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