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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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vorüber?«
    »Ihr kennt Euren Vater. Der Kaiser reduziert jede offizielle Konversation stets auf das Essentielle.«
    »Und wo sind unsere Gäste jetzt?«
    »Ihr meint Baltan und seine Trabanten? Der hat den Fokus seiner Aktivitäten schon längst wieder vom Territorium des Sedin-Palastes auf sein eigenes Areal disloziert.«
    Yonathan bemerkte, dass Felin einen Moment lang fürchtete, der neue Freund könne ihm die Schuld an diesem hinterhältigen Manöver zuschreiben. Der Zweck war klar: Der Kaiser wollte sich Haschevets bemächtigen. Doch Yonathan hatte Zirgis’ Spiel längst durchschaut.
    Er nickte dem Gefährten zu, um dessen Bedenken zu zerstreuen und hoffte, dass Felin dies im fahlen Licht des Mondes erkennen konnte.
    »Ihr habt unserem jungen Gast den Kerker präsentiert?«, fragte Barasadan weiter.
    Felins Stimme klang ruhig und freundlich, aber eine geheimnisvolle Autorität lag in ihr. »Unter anderem, Bara. Unter anderem.«
    Sie mussten sich beeilen. Barasadan hatte mitgeteilt, dass das Essen auf die zweite Stunde nach Sonnenuntergang angesetzt sei und bis dahin war es nicht mehr lang.
    Man zeigte Yonathan das Zimmer, in dem er die Nacht verbringen sollte; es lag auf demselben Flur wie Felins und wirkte sehr gemütlich, aber gewiss nicht so, als wäre es eben erst für einen Gast hergerichtet worden. Yonathan blieb kaum Zeit sich genauer umzusehen, da erschien auch schon Felin und gemeinsam eilten sie in das tiefer gelegene Stockwerk, in dem das kaiserliche Speisezimmer lag.
    Während sie durch die von Ölleuchtern erhellten Gänge hasteten, überlegte Yonathan, ob das bohrende Gefühl in seinem Magen Hunger oder Wut sei. Als er dann aber an der Tafel saß und Zirigs’ siegesgewisses Lächeln sah, wusste er, dass es das Zweite war.
    Die Kaiserin schwebte an der Hand ihres Gemahls herein, die rotblonden Haare zu einer gefährlich hohen Säule aufgesteckt, an der überall Perlenschnüre hingen. Zirgis trug unter seinem langen Rock eine golddurchwirkte, purpurfarbene Weste, an der ein Knopf fehlte.
    Kaum hatte das Herrscherpaar Platz genommen, begann eine unüberschaubare Dienerschar Unmengen von Speisen aufzutragen. Yonathan gab schon bald den Versuch auf, sich in diesem Durcheinander von Platten, Schüsseln und Schalen zurechtzufinden und konzentrierte sich stattdessen lieber auf die Anwesenden. Wie Felin erzählt hatte, fand das Abendessen im kleinen Speisesaal statt und die Tischgäste waren wohl eine Auslese von Vertrauten des Kaisers.
    Neben dem Herrscherpaar und Felin war da natürlich Barasadan, der neben seinem Gedeck einen Stapel von Papieren bearbeitete; des Weiteren ein kleiner, hagerer Mann in einer Luxuslivree; ein hoher Offizier der kaiserlichen Leibgarde, dessen riesiger Prunkdolch über die Tischkante ragte, und schließlich noch zwei weitere Herren, die aussahen, als hätten sie ihre Pensionierung verpasst.
    Die Letzteren, so erfuhr Yonathan, waren Fürsten aus dem nahe gelegenen Baschan, alte Gefährten des Kaisers, schon aus der Zeit vor seiner Krönung: der Herzog von Doldoban und Fürst Melin-Barodesch. Der Herr mit dem Dolch wurde vorgestellt als General Targith. Er stand unter anderem dem kaiserlichen Geheimdienst vor und war neben Zirgis’ Sohn Bomas und Admiral Tukki der ranghöchste Militär im Kaiserreich. Die Rolle des hageren Herrn mit dem lichten Haar sollte sich bald klären.
    Zirgis eröffnete das »Nachtmahl«, indem er einem knusprig braunen Vogel das Bein ausriss. Alsbald entspann sich ein Tischgespräch um allerlei Angelegenheiten des Hofes, deren Wichtigkeit Yonathan kaum einschätzen konnte, weil er ohnehin nur die Hälfte verstand. Ab und zu warf auch die Kaiserin eine Bemerkung ein, etwa über die anstehende Niederkunft einer ihrer Damen. Solche Anmerkungen nahmen die Herren am Tisch mit freundlichem Lächeln zur Kenntnis, um alsbald ihre unterbrochene Konversation fortzusetzen.
    Barasadan hielt sich in seiner eigenen Welt auf. Außer der Dienerschaft, die hin und wieder Pergamente von Servierplatten oder aus Suppenschüsseln fischen musste, nahm niemand Notiz von dem filzhaarigen Gelehrten.
    Yonathan war froh, dass er an dem Gespräch dieser hochgestellten Männer nicht teilnehmen musste. Was hätte er auch sagen sollen zu Dingen wie der optimalen Bevorratung von Dörrobst in der Regenzeit oder über die Umstrukturierung der »Spezialeinheit zur Verhütung von Beschädigungen und Entwendungen kaiserlichen Eigentums«? Er widmete sich lieber seinem Groll. Hier saß

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