Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters
bemerkte Felin, während er sich die klammen Hände rieb. »Aber wenn es so weitergeht wie heute, dann werden wir mindestens drei Tage benötigen.«
»Können uns die Soldaten deines Vaters bis dahin einholen?«, fragte Yonathan besorgt.
Felins Gesicht war unbewegt. »Natürlich können sie das. Sie haben Pferde und vielleicht sogar Lemaks. Aber sie sind keine Jäger! Ihr Revier sind eher die Landstraßen, meines dagegen ist der Wald. Ich denke, wir werden es schaffen ungesehen den Treffpunkt zu erreichen.«
»Wäre es nicht trotzdem gut, ein wenig die Gegend zu erforschen?«, gab Gimbar zu bedenken. »Nur um sicherzugehen. Ich könnte…«
»Du hast Recht, mein Freund. Komm, vier Augen sehen mehr als zwei.«
Es vergingen Stunden, bis Gimbar und Felin wieder auftauchten. Yonathan und Yomi hatten sich schon ernste Sorgen gemacht.
»Was ist? Habt ihr was entdeckt?«
Die beiden Kundschafter wechselten einen Blick. Dann wandte Felin sich an Yonathan. »Erinnerst du dich, wie wir einmal von Baltans Haus wieder zurück in den Palast ritten? Du sagtest damals, du hättest einen kleinen, einäugigen Mann gesehen, nicht wahr?«
Yonathan ahnte Schlimmes. »Du meinst Ason. Was ist mit ihm?«
Felin zögerte einen Moment. »Ich denke, er ist uns auf der Spur.«
»Ason? Dieser Halunke von einem ziemlich elendigen Piraten!«, rief Yomi. »Wo habt ihr ihn gesehen? Auf der Pilgerstraße?«
Felin schüttelte den Kopf. »Auf der Straße war wenig Verkehr. Zur Zeit ist wohl jeder in Cedanor und feiert das Kronjubiläum meines Vaters. Wir sind zum Cedan hinabgestiegen. Auch dort waren nur wenige Schiffe zu sehen. Die Sonne war schon eine Weile untergegangen und wir wollten uns gerade zum Gehen wenden, als ein kleiner Segler sich näherte, von dem laute Stimmen zu uns herüberdrangen.«
»Und auf diesem Schiff habt ihr Ason gesehen«, sagte Yonathan.
Gimbar nickte und knüpfte an den Bericht Felins an. »Sie haben sich gestritten, wie sich nur Piraten streiten können.« Ehe Yomi dazu etwas sagen konnte, fuhr der Expirat fort: »Wir haben mindestens acht oder zehn Männer gesehen. Ihre genaue Zahl war schwer festzustellen, da es ein Zelt auf dem Schiffsdeck gab, wo die Gestalten ein-und ausgingen. Der Streit allerdings spielte sich nur zwischen zweien ab. Der eine
–
ein großer, dicker – hat geschrien: ›Es hat doch keinen Sinn.
Mit diesem fliegenden Schiff können sie überall gelandet sein.Lass uns umkehren. Übermorgen wird der neue Brunnen des Kaisers eingeweiht, da fließt der Wein in Strömen!‹ – ›Kannst du nur ans Saufen denken?‹, hat der kleinere der beiden zurückgefaucht. ›Hast du schon die Belohnung vergessen, die Sethur uns versprochen hat? Wenn wir dieses Bürschchen schnappen, dann kannst du jeden Morgen in Wein baden.‹ – ›Ich trau diesem Sethur nicht von meinem Kinn bis zur Warze auf meiner Nasenspitze‹, blaffte der andere zurück. ›Ich bleibe dabei: Wir finden den Bengel nie. Er kann schon sonstwo sein.‹ – ›Du vergisst Zirah‹, erwiderte der Kleine. In diesem Moment passierte das Schiff die Stelle, wo wir uns in der Uferböschung verbargen. Wir konnten ganz genau die Augenbinde des Zwerges erkennen, auch den großen Dolch mit dem Ebenholzgriff, den er im Gürtel trug; kein Zweifel, dass es Ason war. Der andere jedenfalls schüttelte sich, als hätte ein kalter Windstoß ihn erfasst und sagte mit düsterer Stimme: ›Dieses Vogelvieh ist noch viel schlimmer als Sethur
–
der ist wenigstens ein Mensch. Du siehst ja selbst, was man auf so eine Kreatur geben kann. Wie es scheint, hat sie sich aus dem Staub gemacht.‹ – ›Du irrst‹, beharrte Ason. ›Zirah ist zwar durchtriebener als wir alle zusammen, aber sie weiß genau, wessen Befehl sie sich beugen muss. Ich glaube eher, dass sie dem Luftschiff gehörig zugesetzt hat. Vielleicht ist sie dabei verletzt oder sogar getötet worden. Aber wenn man alles zusammennimmt – Zirahs Eingreifen und auch das Unwetter der letzten Nacht –, dann könnte ich schwören, dass wir noch eine Chance haben. Und wir müssten schon sehr dämlich sein, wenn wir uns diese Gelegenheit entgehen ließen.‹ – ›Was für eine Gelegenheit meinst du?‹, fragte der größere Mann. Das Schiff war inzwischen ein erhebliches Stück weiter gesegelt und man konnte ihn kaum noch verstehen. ›Es gibt da einen Ort…‹, waren die letzten Worte Asons, die wir verstehen
konnten. Dann verschwanden Schiff und Besatzung endgültig in der
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