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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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sich unbeirrt und aufopfernd um Yonathan kümmerte, hatte immer größere Mühe seinen Schützling auf der Tragbahre zu halten. Yonathans Zustand verbesserte sich so schnell, dass die Gefährten vermuteten, der Stab Haschevet müsse eine Art heilende Wirkung auf ihn ausüben.
    Gurgi genoss es, auf Yonathans Brust oder Bauch zu sitzen, die vorbeiziehende Landschaft zu beäugen und hin und wieder einen Abstecher in das Geäst der hohen Bäume zu unternehmen.
    Yonathan hielt oft den Keim in der Hand. Dieses grüne, durchscheinende Gebilde, das er von Din-Mikkith beim Abschied geschenkt bekommen hatte, faszinierte ihn immer wieder aufs Neue. Wenn er sich in die Bilder versenkte, die die Samenkapsel heraufbeschwor, konnte er Dinge sehen, die Din-Mikkith und seinen Vorfahren vor langer Zeit widerfahren waren. Und er konnte mit den Lebenden Dingen sprechen, wie Din-Mikkith es genannt hatte.
    Und so konnte Yonathan, während er Gurgi das Fell kraulte, jene Eindrücke nachvollziehen, die das Pelzknäuel auf seinen Ausflügen in den Baumkronen gesammelt hatte. »Das Lager Baltans liegt direkt vor uns!«, sagte er unvermittelt.
    Gimbar und Yomi, die ihn trugen, blieben stehen, und auch Felin, der vorausging, hielt an und drehte sich um. Sie schauten Yonathan an, als hätte er vorgeschlagen für die restliche Wegstrecke doch einfach einen Tunnel zu graben.
    »Woher weißt du das?«, fragte Felin. Er kannte die Gegend gut und wusste, dass der vereinbarte Treffpunkt tatsächlich weniger als eine Meile vorauslag.
    »Gurgi hat es mir gesagt.«
    »Du meinst, dieser kleine Vielfraß hat es dir verraten?« Felin sah wenig überzeugt aus.
    Yonathan nickte. »Es ist ein bisschen kompliziert, das zu erklären. Auf jeden Fall müssen wir die Pilgerroute überqueren, um das Lager zu erreichen.«
    Felin schüttelte erstaunt den Kopf. »Das stimmt genau!« Er betrachtete Gurgi mit verwundertem Blick. Aber dann ließ er die Sache auf sich beruhen und fügte an Yonathan gewandt hinzu: »Die Straße führt hier dicht an steilen Klippen entlang. Die einzige Möglichkeit ein Lager aufzuschlagen, ist die Gegend nördlich der Pilgerroute. Alles andere wäre zu auffällig – schließlich soll es ja so aussehen, als hätte sich ein reisender Kaufmann nur für eine Nacht dort niedergelassen.«
    Bald darauf spähten sie zwischen Ast- und Buschwerk auf die Straße hinaus, die zu beiden Seiten von einer breiten Schneise mit kärglicher Vegetation gesäumt wurde. Die Pilgerroute war mit großen, flachen Steinen gepflastert – ein Luxus, den Yonathan kaum begreifen konnte, war er doch nur die holprigen, oft schlammbedeckten Wege Kitvars gewohnt. Die Straße der Pilger und die Südliche Handelsroute teilten sich erst bei Beli-Mekesch. Unmittelbar vor der Stadt bogen diejenigen nach Süden ab, denen der Sinn nach Geschäften und Geld stand, weiter nach Osten zogen jene, die in geistigen Dingen Erfüllung suchten; ihr fernes Ziel war Ganor, die Stadt an den Grenzen zum Garten der Weisheit.
    Zwar herrschte nicht eben dichtes Gedränge auf der Pilgerroute, aber immer wieder zogen kleine Gruppen an ihnen vorüber.
    »Es wird nicht leicht sein, da hinüberzukommen«, flüsterte Gimbar, ohne den Blick von der Straße zu lassen.
    »Ich weiß«, gab Felin zurück. »Die breiten Streifen zu beiden Seiten der Straße dienen eigentlich zur Sicherheit der Reisenden. Sie sollen es dem zwielichtigen Gesindel schwerer machen, einen Hinterhalt zu legen. Aus demselben Grund verläuft der Weg auch über lange Strecken hinweg schnurgerade durch die Landschaft. So kann man schon früh erkennen, wenn man verfolgt wird oder wenn einem jemand entgegenkommt. Diese Stelle hier ist zwar weniger gut einzusehen, aber dieser Vorteil kann uns auch schnell zum Verhängnis werden.«
    »Vielleicht sollten wir warten, bis es dunkel wird«, schlug Yonathan vor.
    »Wahrscheinlich wird uns nichts anderes übrig bleiben«, erwiderte Felin. »Mir wäre es allerdings lieber, wenn wir noch bei Tageslicht die Straße überqueren könnten. Abseits der Pilgerroute kann man sich hier leicht den Hals brechen.«
    »Jetzt sieht es gerade unheimlich ruhig aus«, flüsterte Yomi und blickte nach rechts und links.
    »Yo hat Recht«, raunte Gimbar. »Vielleicht sollte ich zuerst allein die Straße überqueren. Von der anderen Seite kann man mehr sehen. Ich gebe euch ein Zeichen, wenn die Luft rein ist.« Felin wollte widersprechen, aber der ehemalige Pirat kam ihm zuvor. »Ich weiß, Felin, das ist dein

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