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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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durchschnitt und sich im Inneren der Stadt zu einem weiten Netz kleinerer Kanäle und größerer Hafenbecken verzweigte. Riesige Tore in der Stadtmauer, die man bei Bedarf öffnen und schließen konnte, sicherten die Zufuhr in die Stadt. Um den gewaltigen Gittern, durch die das grünbraune Wasser des Kanals strömte, zusätzliche Festigkeit zu verleihen, hatte man sie mit Kupferplatten ummantelt. Jedes dieser Wassertore bestand aus drei übereinander liegenden Flügelpaaren. Die untersten beiden Paare wurden mit den übrigen Stadttoren bei Sonnenaufgang geöffnet und bei Sonnenuntergang verschlossen. Die oberen Torflügel dagegen wurden nur bewegt, wenn ein großes Segelschiff die Stadtmauer passierte.
    Der Durchgangshafen von Cedanor befand sich außerhalb der Stadtmauern. Eine halbe Meile hinter der Gabelung, die den Kanal vom Hauptstrom trennte, hatte man den künstlichen Wasserweg zu einem Hafenbecken erweitert, in dem kleinere Handelssegler und Fischerboote festmachen konnten. Für große Segelschiffe wie die Weltwind war dieser Hafen nicht tief genug. Wer die stolzen Liegegebühren sparen wollte, die die kaiserliche Hafenbehörde für jedes Schiff innerhalb der sicheren Stadtmauern Cedanors erhob, der musste seine Ladung auf kleinere Boote umladen, die ihre Fracht im Durchgangshafen löschen konnten, von wo aus sie dann auf Karren und Packtieren in die Stadt befördert wurde.
    Yonathan, Yomi und Gimbar legten mit der Mücke an einem hölzernen Landungssteg im nördlichen Hafenbecken an. Nachdem sie ihre Habseligkeiten zusammengepackt hatten, machten sie sich auf den Weg in die Stadt. Am Ende des Landungsstegs drückte Yomi einem Wachmann zwei Kupfer-Even in die Hand. »Man kann ein Schiff hier keine zwei Stunden allein lassen, ohne dass es zumindest bis zum Kiel ausgeraubt wird. Bestenfalls. Wenn man Pech hat, ist es gleich ganz weg«, erklärte er seinen Gefährten.
    »Ich verstehe«, nickte Gimbar.
    »Das glaub ich dir aufs Wort«, versetzte Yomi.
    Yonathan nickte Gimbar zu. Es schien ihrem Freund wieder besser zu gehen.
    Nach anderthalb Meilen erreichten sie ein kleines Stadttor, das etwas abseits des Hauptpfades lag. Yomi hatte die Führung übernommen. Er deutete auf die steinernen Blumen, mit denen die Toreinfassung verziert war. »Dieses Stadttor nennt man Schoschannim, das Lilientor, wegen der Blumenornamente. Ich habe dieses kleinere Nebentor wegen der Wache ausgewählt.«
    Als sie unter dem Torbogen hindurchschritten, verstand Yonathan, was Yomi meinte. In einem Alkoven neben dem Tor hockte ein Wachtposten in kaiserlicher Uniform, der gelangweilt wirkte. Er winkte die drei träge durch. Sobald sie außer Hörweite waren, fragte Yonathan: »Sind alle Wachen des Kaisers so wenig an ihrem Dienst interessiert?«
    Yomi grinste. »Nicht alle, aber ziemlich viele. Man muss wissen, an welchem Tor sie Dienst tun.«
    Gimbars Nase zuckte unternehmungslustig. »Ein Wissen, das so manchem Kaufmann einen ordentlichen Gewinn einbringen kann. Vor allem, wenn es um Waren geht, für die der Kaiser Zölle erhebt, nicht wahr, Yo?«
    »Manchmal übertreibt der Kaiser eben ein wenig.«
    »Yo, wie kommen wir jetzt am schnellsten und unauffälligsten zu Baltans Haus?«, fragte Yonathan. »Navran erzählte mir, es läge in der Oberstadt, direkt bei den Klippen.«
    Yomi nickte eifrig. »Klar. Da, wo die Reichen wohnen.«
    »Nach allem, was ich gehört habe, ist Kaldek auch nicht gerade ein Bettler«, bemerkte Gimbar schmunzelnd.
    »Das nicht«, gab Yomi zu. »Aber gegen Baltan ist er eher ein Maronenverkäufer auf dem Markt von Gorb. Man erzählt sich, Baltan sei der reichste Mann Neschans, so unheimlich reich – und vor allem einflussreich –, dass selbst Kaiser Zirgis auf Baltans Rat nicht verzichten kann. Obwohl, wie man sagt, Baltan dem alten Zirgis oft gehörig die Meinung sagt. Wie auch immer, ich persönlich kenne Baltan nicht. Dazu ist er ein viel zu hohes Tier. Aber mein Adoptivvater hat mir mal erzählt, dass er gelegentlich für ihn gefahren ist.«
    »Und wie kommen wir zu diesen Klippen?«, fragte Yonathan.
    »Am besten, wir durchqueren das Handwerkerviertel und schlagen uns dann durch den Bezirk der Tagelöhner im Westen, dicht bei der Stadtmauer. Dann werden wir das Beamtenviertel am Fuße des Palastberges streifen und schließlich zu den Klippen ganz im Süden hinaufsteigen. Man sagt, die reichen Bewohner Cedanors hätten ihre Paläste dort hingebaut, damit sie mit dem Kaiser auf gleicher Höhe wohnen

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