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Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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den Knopf in Goels Beutel an seinem neuen Gürtel. »Also gut«, sagte er, »dann zeigt mir mal Euer Zuhause. Mein Freund Yomi würde sagen: ›Ich bin schon unheimlich gespannt!‹«
     
     
Der Hüter der Finsternis
     
    Der Palast war unheimlich groß. Yonathan kam aus dem Staunen kaum heraus. Er sah die Küchen (es gab gleich drei davon), den gewaltigen Weinkeller, die Gärten, die Schmiede sowie die Stallungen und Unterkünfte der kaiserlichen Leibwache, ja selbst die Privatgemächer der kaiserlichen Familie. Sogar für die Aborte an der Nordseite der äußeren Palastmauer zeigte er Interesse. Felin beantwortete geduldig jede Frage, die sein junger Gast ihm stellte.
    Die Führung endete beim Großen Kubus, wie der würfelförmige Hauptbau des Palastberges genannt wurde. Allein diesem Bau hätte man Tage widmen können, so angefüllt war er mit Sehenswertem und allerlei Merkwürdigkeiten. Schon in der Vorhalle geriet Yonathan ins Staunen. Durch eine große, zweiflüglige Tür betrat man das Gebäude von der Ostseite her und befand sich unvermittelt in einem mindestens hundert Fuß hohen Raum. Seine Tiefe maß zwar nur etwa fünfzig Fuß, doch er reichte fast über die gesamte Breite des Großen Kubus. An der Nord-und an der Südseite befand sich jeweils eine Art Stall mit Pferden darin. In den Häusern armer Leute war es durchaus üblich, dass das Vieh zusammen mit der Familie unter einem Dach wohnte – aber hier?
    Yonathan blickte ungläubig zwischen den Pferden und Felin hin und her. »Wozu sind die Pferde dort? Ist Euer Palast so groß, dass Ihr zum Ausreiten nicht mal ins Freie geht?«
    Felin lachte, aber es klang nicht spöttisch. »Da hast du fast den Nagel auf den Kopf getroffen, Yonathan. Schau, die Rampen.«
    Yonathan folgte dem ausgestreckten Arm des Prinzen. Erst jetzt fielen ihm die flachen Rampen auf, die sich wie lang gestreckte Treppen an der Nord-und an der Südwand hoch über die Pferdeställe emporwanden, bis sie dicht unter der Decke in bogenförmigen Öffnungen der Ostwand verschwanden.
    »Kaiser Gedayah hatte wenig Lust jeden Tag Hunderte von Treppen zu steigen«, erklärte Felin die außergewöhnliche Konstruktion. »Also schuf sein Baumeister, Tambar, kurzerhand diese Pferderampen. Auf dem Rücken der Rampenpferde, die extra für diesen Zweck gezüchtet wurden, kann jeder schnell und bequem den Höhenunterschied überwinden.« Die traurigen Augen lächelten. Seine Rolle als Fremdenführer bereitete Felin sichtlich Freude.
    Yonathan fand die Vorstellung ziemlich verrückt auf Pferden durch ein Haus zu reiten, aber das behielt er für sich.
    »Komm, ich zeig dir etwas anderes«, sagte Felin. Er schob seinen Gast in die Richtung der gegenüberliegenden Tür. »Hier befindet sich der Saal der Rechtsprechung. Vater benutzt ihn fast täglich, nicht nur, um Recht zu sprechen, sondern auch, um Bittsteller anzuhören oder um Gesandte aus fernen Ländern zu empfangen. Dahinter folgt dann der große Thronsaal. Er wird nur zu besonderen Anlässen benutzt. Mein Vater wurde hier gekrönt, vor nunmehr fast dreißig Jahren.«
    »In gut zwei Wochen soll es ein großes Fest geben, habe ich gehört.«
    »Richtig. Am achten Tebeth wird es so weit sein, in sechzehn Tagen. Die Feiern werden eine ganze Woche dauern.« Die Miene des Prinzen zeigte wenig Begeisterung. »Doch nun lass uns den Thronsaal besichtigen.«
    Felin machte sich an einer der beiden Türen zu schaffen, die in Größe und Form genau jenen am Eingang zur Vorhalle entsprachen. Wie angekündigt fanden sie dahinter eine weitere Halle vor, in der zur linken Hand ein hölzerner Thron auf einem kleinen Podest stand. Hinter dem Thron befand sich ein großes Fenster aus vielfarbigem Glas.
    »Wie klug, den Thron dort an die Südwand zu stellen«, murmelte Yonathan. »Wenn die Sonne durch das Fenster scheint, muss es aussehen, als würde der Kaiser in einem übernatürlichen Glanz erstrahlen.«
    »Und außerdem werden die Gesichter derjenigen beleuchtet, über die er urteilen muss. Kein noch so geringes Wimpernzucken bleibt dabei verborgen und man muss schon ein sehr geschickter Lügner sein, um den Kaiser zu täuschen. Deine Vermutung mit dem übernatürlichen Glanz‹ war aber nicht falsch – mein Vater hat eine Schwäche für große Auftritte.«
    Zwei geharnischte Soldaten bewachten das letzte der drei Portale. Als Felin Anstalten machte eine der beiden großen Türflügel zu öffnen, wechselten die Männer unschlüssige Blicke. Schließlich

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