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Nesser, Hakan

Nesser, Hakan

Titel: Nesser, Hakan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Perspektive des Gaertners
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hinter dem Tresen steht.
    »Entschuldigung«,
sage ich. »Ich bin auf der Suche nach zwei Frauen. Ich bin Privatdetektiv, es
handelt sich um eine Mutter und ihre Tochter, und es besteht Grund zu der
Annahme, dass sie sich hier irgendwo in der Gegend befinden.«
    Ich
lege meine Fotos vor sie auf den Tresen. Frage mich, ob sie nach meinem Ausweis
fragen wird, vielleicht überlegt sie das ein paar asthmatische Sekunden lang
tatsächlich, doch dann lässt sie es darauf beruhen und hebt die beiden Bilder
hoch, eines nach dem anderen, zwischen Daumen und Zeigefinger, während sie sie
eingehend mustert. Legt sie dann zurück auf den Tisch und schüttelt den Kopf.
    »Sorry.«
    »Sie
haben sie nicht gesehen?« Sie schüttelt den Kopf. »Keine von beiden?«
    »Nein.«
    »Und
sicher kennen Sie die meisten, die hier wohnen, nicht wahr?«
    »Alle.«
    »Und
die Leute aus der Gegend hier, die kommen sicher hierher, nicht wahr? Zumindest
ab und zu, ein, zweimal die Woche?«
    »Alle.«
    Ich
registriere, dass die beiden Bier trinkenden Männer ihre Aufmerksamkeit
zumindest zum Teil auf mich und die Cafebesitzerin richten.
    »Aber
wie gesagt, Sie hatten keinen Besuch von einer der beiden Personen?«
    »Nein.«
    »Sind
Sie sicher?«
    »Ja.«
    Ich
schiebe die Fotos wieder in meine Brieftasche. Kehre an meinen Tisch zurück.
Bleibe noch ein paar Minuten sitzen, während ich meinen verabscheuungswürdigen
Kaffee trinke. Betrachte die eingerahmten Schwarzweißbilder von unbekannten
Machthabern, Soldaten und Sportlern, die überall an den Wänden hängen, und
denke, dass auch diese Menschen, genau wie die Frau hinterm Tresen und die
biertrinkenden Männer, trotz allem ihr Leben auf der Erde gelebt haben oder
leben und dass der gewaltige Abstand, der zwischen ihnen und mir besteht,
nicht ihr Problem ist. Der ist einzig und allein mein Verdienst, ich habe mich
von so vielen und so vielem entfernt, das daraus Entfremdung und Schuld
entstehen, die immer bedrückender werden, sobald man den Dingen direkt ins
Auge sieht. Ja, so ungefähr ist die Lage.
    Ich
stehe schnell auf, murmle ein undeutliches Dankeschön an den Trauerkloß und
verlasse Buffalo Zacks.
Als ich in den Sonnenschein trete, überfällt mich ein plötzlicher Impuls, und
ich gehe zurück und kaufe mir eine Packung Zigaretten. Ich habe seit mehr als
zehn Jahren nicht mehr geraucht und begreife nicht, woher diese Idee kommt,
aber egal. Ich setze mich auf eine Bank, zünde mir eine an und nehme ein paar
tiefe Züge, die die gesamte Umgebung einen Moment lang in Schwingungen
versetzen.
    Nachdem
sich alles wieder stabilisiert hat, registriere ich, dass einer der Biertrinker
herausgekommen ist und sich neben mich auf die Bank gesetzt hat. Er scheint in
den Sechzigern zu sein, klein, dünn und eingehüllt in einen Geruch aus Schweiß
und Mist; zumindest nehme ich an, dass es sich um Mist handelt, bei dem
Schweiß bin ich mir sicher.
    »Entschuldigen
Sie, Monsieur«, sagt er, ich weiß nicht, wieso er ausgerechnet diese Anrede
benutzt, vielleicht will er eine Art elitärer Verbrüderung heraufbeschwören.
Oder Distanz markieren.
    »Ja?«,
frage ich.
    »Ich
habe gehört, was Sie da drinnen gesagt haben.«
    »Ja?«
    »Würden
Sie mir erlauben, die Fotos auch mal anzuschauen?«
    »Was?«,
frage ich.
    »Die
Fotos. Ich habe gesehen, dass Sie Rosie ein paar Fotos gezeigt haben.«
    Während
er das sagt, schiebt er seinen schwarzen Hut zurecht und wirft einen unruhigen
Blick über die Schulter, als hätte er sich einem Risiko ausgesetzt, allein
dadurch, dass er sich mir genähert hat. Irgendeine Art von Risiko, ob nun eingebildet
oder nicht, das kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber ich hole meine
Brieftasche hervor, klaube die Fotos von Winnie und Sarah heraus. Er nimmt sie
vorsichtig in die Hand und betrachtet sie eingehend, um dann geradezu
bestätigend vor sich hin zu nicken.
    »Sie
da«, sagt er und hält mir Winnies Bild hin. »Die scheint mir nicht unbekannt zu
sein. Das Mädchen habe ich nie gesehen.«
    »Ja?«
    »Wenn
ich Sie wäre, würde ich eine Runde über Haughtaling Hollow machen.«
    »Wie
bitte?«, frage ich.
    »Haughtaling
Hollow«, wiederholt er. »Aber ziehen Sie mich da nicht mit rein, ich habe
nichts gesagt.«
    »Was
meinen Sie mit...«
    »Ich
habe nichts gesagt. Das ist nur ein Tipp in aller Güte. Jetzt muss ich sehen, dass ich loskomme.«
    Er
steht schnell auf, und mit ein paar überraschend behänden Schritten ist er in
den einen der Pick-ups geklettert.
Ich rappele

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