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Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste

Titel: Nesthäkchen 08 - Nesthäkchens Jüngste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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und nun mag sie sich in der Tat vereinsamt in der jetzt leergewordenen Wohnung vorkommen.«
    »Tante Margot hat ja zwei ihrer Zimmer an ein junges Ehepaar vermietet, da ist sie doch nicht allein«, stellte Hans sachlich fest.
    »Nun, das sind doch Fremde, zu denen sie keinen inneren Kontakt hat. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß sie auf unsern Vorschlag eingeht. Ich hoffe, sie kommt heute zu uns heraus, dann wollen wir ihr gleich mal auf den Zahn fühlen.«
    Ursel fand, daß die Mutter ein ganz merkwürdiges Gesicht zu ihren Worten machte. Halb versonnen lächelnd, halb verschmitzt - aber Fräulein Neunmalklug kam bei all ihrer Schlauheit doch nicht dahinter, was es damit wohl für eine Bewandtnis habe.

Freundinnen
     
    »Ach, habt ihr's schön hier draußen - beneidenswert bist du wirklich, Ursel.« Ruths Auge hing begeistert an den blühenden Bäumen und Frühlingssträuchern. »Ja, die Ursel hat's wirklich gut«, pflichtete auch Edith bei.
    »Was nützet mir der schöne Garten,
    Wenn andere drin spazierengehn«,
    gab Ursel singend zur Antwort.
    »Na, erlaube mal, mein Herzchen. Das stimmt doch nicht. Du gehst doch täglich hier spazieren«, ereiferte sich Ruth.
    »Wochentags sitze ich hinter vergitterten Fenstern. Nur sonntags bin ich frei von der Fronarbeit«, protestierte Ursel.
    »Wir nicht minder, liebes Kind. Meinst du, es sitzt sich besser im Patentanwaltsbüro meines Onkels an der Schreibmaschine? Und wenn ich mit meiner Arbeit fertig bin, erwartet mich nicht mal ein so schönes Heim wie dich.«
    »Hast recht, Ruthchen. Darin habe ich's besser als du.« Zärtlich umfaßte Ursel die Freundin. Diese war Waise und lebte irgendwo in einer Pension. »Aber auch dein Leben hat seine Lichtseiten. Du kannst tun und lassen, was du willst, hast keinem Rechenschaft abzulegen.«
    »Wie gern würde ich mich nach den Wünschen meiner Mutter oder meines Vaters richten, wenn sie lebten«, meinte Ruth leise. »Und besonders nach denen einer so entzückenden Mutter wie die deine.« Ruth war eine begeisterte Verehrerin von Frau Annemarie. »Wenn ich Anlage zu einem Neidhammel hätte, um dein schönes Heim, und vor allem um deine liebevollen Eltern könnte ich dich beneiden, Ursel.«
    »Um den Bruder etwa nicht?« erklang es da hinter der Rotdornhecke.
    Die Mädel quietschten erschreckt auf. Hans hatte sie, wie früher bei den Indianerspielen, beschlichen. Es war ihnen peinlich, daß er Zeuge ihres vertraulichen Gesprächs geworden war.
    »Nee, um den Bruder ganz gewiß nicht«, rief Edith. »Ich habe allein ein Vierteldutzend von solchen Prachtexemplaren aufzuweisen.«
    »Ruth wird mich besser zu würdigen wissen, nicht wahr?« wandte Hans sich an die kleine, zierliche Brünette.
    »Ja, ich wäre selbst mit solch einem Bruder, wie du es bist, schon zufrieden«, war die nicht gerade schmeichelhafte Antwort. Unter der blühenden Rotdornhecke machten sich's die Freundinnen in den weißen Gartensesseln bequem und unterhielten sich angeregt. - Hans hatte sich leise zurückgezogen - bis von der Terrasse her Frau Annemaries helle Stimme zum Kaffee rief.
    Wirklich, das Dutzend an der gemütlichen Kaffeetafel wurde noch voll. Der Amtsgerichtsrat Hans Braun erschien mit seinen langaufgeschossenen Söhnen, beide Gymnasiasten, die sich ziemlich linkisch den jungen Damen gegenüber benahmen und sich möglichst rasch zu ihrem Vetter Hans Hartenstein und zu dem vollgetürmten Kuchenkorb retteten. Dann kam Tante Margot. Sie brachte noch eine Überraschung für ihre Freundin Annemarie mit, ihren lieben Besuch, Vera Töpfer, die seit acht Jahren in Hannover verheiratet war.
    »Verachen, bist du es oder ist es dein Geist?« Leichtfüßig wie als junges Mädel sprang Annemarie den Freundinnen freudestrahlend entgegen.
    »In höchsteigener Person - ist der Überfall gelungen, Annemarie?«
    »Glänzend - und glänzend schaust du aus, Vera.« Herzlich begrüßte Annemarie die lange nicht Gesehene.
    »Bis auf die grauen Haare, aber das macht nix, wenn das Herz nur jung bleibt.«
    »Das ist doch bei dir sicher der Fall, dein Eheglück ist noch nicht so verrostet wie das
    unsrige. Hast deinen Tyrannen nicht mitgebracht?«
    »Nein, ich wollte mal wieder Junggeselle spielen. Er muß inzwischen die Kleinen hüten und das Reisegeld verdienen«, lachte Vera.
    »Ja, kommt's, Kinderle, oder kommt's nicht? Wir andern möchten halt auch etwas von der Überraschung abkriegen«, rief der Professor den immer noch auf der Terrasse schwatzenden Damen zu.

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